Chronologie des Schreckens Was beim FC Basel in den letzten Monaten alles schiefgelaufen ist

Von Syl Battistuzzi und Jan Arnet

3.10.2023

Frust und Ratlosigkeit zugleich bei Heiko Vogel, Fabian Frei und Taulant Xhaka nach der Niederlage des FC Basel gegen Lausanne-Ouchy.
Frust und Ratlosigkeit zugleich bei Heiko Vogel, Fabian Frei und Taulant Xhaka nach der Niederlage des FC Basel gegen Lausanne-Ouchy.
Keystone

Mit einer 0:3-Pleite gegen Stade Lausanne-Ouchy erreicht die Misere des FC Basel einen neuen Tiefpunkt. Was passierte beim FCB alles in den vergangenen Wochen und Monaten? 

Von Syl Battistuzzi und Jan Arnet

3.10.2023

Es ist der 11. Mai 2023. Der FC Basel gewinnt das Halbfinal-Hinspiel der Conference League auswärts gegen die AC Fiorentina 2:1. Die schwierigen Monate und Jahre, die der stolze Klub hinter sich hat, scheinen an diesem Tag vergessen. Der FCB lässt seine Fans nicht nur von einem europäischen Titel, sondern auch von einer rosigen Zukunft träumen.

Keine fünf Monate sind seit dieser magischen Nacht im Stadio Artemio Franchi vergangen. Und der FC Basel am absoluten Tiefpunkt angekommen. Das Halbfinal-Rückspiel ging verloren. Es folgte ein riesiger Umbruch im Kader. Es kam ein neuer Trainer, der mittlerweile schon wieder entlassen wurde. Das internationale Geschäft wurde verpasst.

Am Sonntag gab es eine 0:3-Heimpleite gegen Stade Lausanne-Ouchy, das vermeintlich schwächste Team der Super League. Nur weil GC und Lausanne-Sport das etwas schlechtere Torverhältnis haben, steht Basel nicht am Tabellenende. Wie konnte es so weit kommen? Die Chronologie des Schreckens:

18. Mai: Der begrabene Traum und Degens Versprechen

Der FCB verliert das Halbfinal-Rückspiel zuhause gegen Fiorentina mit 1:3 nach Verlängerung. Der Titel-Traum muss begraben werden. Die Enttäuschung ist gross, der Stolz aber ebenso. «90 Prozent dieser Mannschaft ... die sind auch nächste Saison hier», sagt Klubboss David Degen nach dem Spiel im Interview mit blue Sport.

Es sind Worte, die Degen längst um die Ohren geflogen sind. Von den 14 Spielern, die an jenem Abend zum Einsatz gekommen sind, sind nur noch fünf da. Mehr dazu weiter unten.

20. Juni: Timo Schultz wird als neuer Trainer vorgestellt

«Ich bin hier, weil ich auch hier bleiben möchte», sagt der neue FCB-Coach Timo Schultz bei seiner Vorstellung. Schon davor schwärmte Sportchef Heiko Vogel von seinem deutschen Landsmann und sprach von einer «absoluten Wunschlösung». Schultz passe mit seinem Profil und seiner Erfahrung «perfekt zur Mannschaft und der Philosophie des Vereins», sagte Vogel.

14. Juli: Pelmard erklärt, warum er aus Basel wegwollte

Einige Schlüsselspieler wie Andy Diouf und Andy Pelmard haben den Verein bereits verlassen. Letzterer erklärt in einem «bz»-Interview, dass ihn die ständigen Kader-Umbrüche dazu bewogen haben, den Verein zu wechseln: «Noch einmal so viele neue Mitspieler wollte ich nicht.» Pelmard scheint zu ahnen, was noch alles kommen wird.

20. Juli: Der gescheiterte Jashari-Transfer

Die Transfersaga um Ardon Jashari dominiert in diesen Tagen die Schweizer Fussball-Medien. Der Luzern-Captain äussert öffentlich, dass er nach Basel wechseln möchte, doch der FCL stemmt sich dagegen. Der FCB kriegt seinen Wunschspieler nicht.

22. Juli: Pleite zum Auftakt

Der Start in die neue Saison missglückt. Der FCB verliert zum Auftakt in St.Gallen mit 1:2. Übrigens: Ein Tag vor diesem Spiel wird Heiko Vogel im «Blick» wie folgt zitiert: «Ich freue mich auf die neue Saison in meiner Funktion als Sportdirektor. Und egal, was passiert, mein Platz in dieser Rolle ist die Tribüne und nicht die Trainerbank.»

3. August: Aus in der Conference-League-Quali

Tobol Kostanay aus Kasachstan erweist sich tatsächlich als zu grosse Hürde in der Conference-League-Quali. Der letztjährige Halbfinalist scheitert schon in der 2. Quali-Runde. Mittlerweile haben zahlreiche Stammspieler der Vorsaison den Klub verlassen. Die Neuen konnten noch nicht zünden. Thierno Barry etwa bringt das Kunststück fertig, in seinen ersten beiden Pflichtspielen für den FCB vom Platz zu fliegen. «Wir brauchen dringend Verstärkungen», sagt Heiko Vogel nach dem Europacup-Aus.

8. August: Platz 3 als Saisonziel

«Wir werden eine Mannschaft zusammenstellen, die unter die ersten Drei der Tabelle kommen kann», kündigt der für die Finanzen verantwortliche Verwaltungsrat Andy Rey in einem Statement an. Ausserdem sagt er: «Wir sind überzeugt, dass wir bis Ende 2024 den Club so aufgestellt haben werden, dass alle Altlasten und Fehler aus der Vergangenheit aufgeräumt sind. Dann kommt der Club stabil und unabhängig sportlich wieder dahin, wo er hingehört und wir ihn sehen wollen.»

13. August: Die nächste Pleite – Frust macht sich breit

Der eine oder andere Neuzugang wurde präsentiert, doch der FCB kommt weiter nicht in die Gänge. Auf einen 5:2-Sieg gegen Winterthur folgen empfindliche Niederlagen gegen GC und Lausanne-Sport. Frust macht sich breit. «Schlechter können wir nicht spielen», ärgert sich der verletzte Fabian Frei bei blue Sport. Marwin Hitz sagt: «Es ist jedem klar, dass das Kader so nicht reicht.»

1. September: Ende eines verrückten Transfersommers

Das Transferfenster ist zu Ende. Nicht weniger als 13 (!) neue Spieler hat der FCB verpflichtet. Dazu wurden drei Spieler aus der U21 hochgenommen. 15 Spieler wurden verkauft oder verliehen. Die Basler haben ein Transferplus von knapp 18 Millionen Euro erwirtschaftet.

8. September: Calafiori tritt gegen Degen nach

Einer, der den FCB verlassen hat, ist Riccardo Calafiori. Der Linksverteidiger äussert sich ähnlich wie Pelmard. «Im Gegensatz zu dem, was mir gesagt wurde, sind nur wenige Spieler aus dem letzten Jahr übrig geblieben», sagt der Italiener. Eine klare Anspielung auf Degens getätigte 90-Prozent-Aussage.



15. September: Degens Kritik an FCL-Sportchef Meyer

Es ist Nati-Pause, der nationale Fussball ruht. Doch neben dem Platz geht in Basel weiter die Post ab. In einem Interview mit der «Basler Zeitung» äussert sich Degen zum geplatzten Jashari-Transfer und kritisiert FCL-Sportchef Remo Meyer für sein Vorgehen: «Da kannst du doch nicht nach kürzester Zeit alles abwürgen! Da musst du doch zum Verwaltungsrat, teilst ihm das mit – und gibst ihm deine Meinung dazu. So etwas gehört auf der obersten Ebene entschieden.»

Den Luzernern missfiel, dass der FCB zuerst den Spieler kontaktierte, ohne dem FCL Bescheid zu geben. Degen verteidigt sich: «Das tun doch alle so! Wer behauptet, dass das normalerweise anders läuft, lebt entweder in einer Traumwelt oder kennt das Geschäft nicht.»



Ein paar Tage später spricht der FCB-Boss in der «NZZ» über seine Aussage im Mai, 90 Prozent aller Spieler würden in Basel bleiben. Diese Worte waren «ungeschickt», gesteht Degen. Trotzdem sagt er: «Ich kann mich heute hinstellen und sagen, unsere Strategie in Bezug auf die Spieler ist aufgegangen. Und zwar voll aufgegangen.»

24. September: «Erschreckender» Auftritt gegen Yverdon

Nach einem 8:0 im Cup gegen den FC Bosporus aus der 2. Liga interregional will der FCB auch in der Super League endlich wieder einen Sieg einfahren. Doch bei Aufsteiger Yverdon gibt es den nächsten Dämpfer: Eine 2:3-Niederlage. «Man kann verlieren, aber die Art und Weise war, ganz ehrlich, erschreckend», sagt Heiko Vogel nach dem Spiel.

29. September: Schultz als Trainer entlassen

«Steht FCB-Trainer Schultz schon vor seinem Schicksalsspiel?», fragt blue News am Tag vor der Partie des FCB gegen Luzern. Ein Tag nach dem 1:1 gibt der FC Basel die Entlassung von Timo Schultz bekannt. Man habe dem Deutschen nicht mehr zugetraut, nach dem schwachen Saisonstart den Turnaround zu schaffen, erklären Degen und Vogel an einer Pressekonferenz: «Wir haben eine Verantwortung gegenüber dem Verein.»



1. Oktober: 0:3-Pleite gegen Lausanne-Ouchy

Nun soll es Heiko Vogel wieder richten. Als Bis-auf-Weiteres-Trainer, wie die Basler Vereinsführung selbst sagt. Letzte Saison hat das nach der Entlassung von Alex Frei – zumindest in der Conference League – auch ganz gut funktioniert. Das erste Spiel nach dem Schultz-Aus geht aber so richtig in die Hose – 0:3 zuhause gegen Stade Lausanne-Ouchy. Es folgen Pfiffe vom eigenen Anhang, Hohn und Spott im Netz und eine «traurige» Reaktion von Granit Xhaka. Der FC Basel ist am absoluten Tiefpunkt angekommen.

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