Die spanische Fussballnationalmannschaft der Frauen will keine Spiele mehr bestreiten, solange Luis Rubiales Chef des Verbands ist. Der Präsident hatte sein Verhalten zuvor verteidigt – und dafür viel Kritik erhalten.
Spaniens Fussball-Weltmeisterinnen gehen gegen den nationalen Verband RFEF und seinen umstrittenen Präsidenten Luis Rubiales auf die Barrikaden: Die 23 Spielerinnen, die am vergangenen Sonntag das WM-Finale von Sydney gewannen, wollen unter der aktuellen Verbandsspitze nicht mehr für ihr Land antreten.
«Nach allem, was bei der Medaillenvergabe der Frauen-WM passiert ist, werden alle Spielerinnen, die diesen Text unterzeichnet haben, eine nächste Einberufung nicht ehren, wenn die derzeitige Führung beibehalten wird», schrieben die Weltmeisterinnen am Freitag in einer Erklärung, die von der Spielerinnengewerkschaft Futpro verbreitet wurde. Sie stellten sich damit geschlossen hinter Jennifer Hermoso. Insgesamt unterzeichneten 81 aktuelle und ehemalige spanische Spielerinnen das Schreiben.
Die Offensivspielerin Hermoso widersprach am Freitag zudem energisch der Darstellung des Verbandes, wonach der Kuss mit Rubiales bei der Siegerehrung einvernehmlich gewesen sei. Dies hatte die RFEF wenige Stunden nach dem Finale verbreitet – und die 33-Jährige dabei wortreich zitiert.
«Zu keinem Zeitpunkt zugestimmt»
Am Freitag lasen sich ihre Zitate nun vollkommen anders. «Ich möchte ganz klar sagen, dass ich zu keinem Zeitpunkt dem Kuss zugestimmt habe, den er (Rubiales; d.Red.) mir gegeben hat, und ich habe auch nicht versucht, mich dem Präsidenten zu nähern", erklärte Hermoso via Futpro: „Ich dulde es nicht, dass mein Wort infrage gestellt wird, und noch weniger, dass etwas erfunden wird, was ich nicht gesagt habe.»
Rubiales bat zwar am Tag nach dem Finale um Entschuldigung, weitere Konsequenzen lehnt er aber ab. Bei einer ausserordentlichen Generalversammlung der RFEF am Freitag weigerte sich der 46-Jährige trotz der weltweiten Empörung, vom Präsidentenamt zurückzutreten. Bei der Krisensitzung in Madrid hatte er sich als Opfer einer «Hetzjagd» dargestellt und einen Rücktritt vehement abgelehnt.
Anschliessend hatte es scharfe Kritik und Empörung gegeben, der Weltverband FIFA hat ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Spanische Politiker und Vertreter des Fussballs reagierten darauf mit scharfer Kritik. «Herr Rubiales weiss immer noch nicht, wo er ist und was er getan hat. Er ist nicht auf der Höhe der Zeit. Er muss sofort zurücktreten und uns weitere Peinlichkeiten ersparen», schrieb die geschäftsführende Vize-Regierungschefin Yolanda Díaz auf der vormals Twitter genannten Plattform X.
Sportbehörde will Suspendierung beantragen
Die oberste spanische Sportbehörde CSD kündigte an, beim Sportgerichtshof Tad die Suspendierung des Fussball-Verbandschefs zu beantragen. Dies werde die Behörde noch am Freitag in die Wege leiten, sagte CSD-Chef Víctor Francos bei einer Pressekonferenz in Tarragona im Nordosten Spaniens. «Heute werden wir eine Beschwerde beim Tad einreichen, damit dieser beurteilen kann, ob ein schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegt», sagte Francos. Er bat den Sportgerichtshof, bereits am Montag zusammenzukommen.
Der amtierende Regierungschef Pedro Sánchez hatte das Verhalten von Rubiales schon vor Tagen zwar als «inakzeptabel» bezeichnet, zugleich aber eingeräumt, dass die Regierung keinen direkten Einfluss auf den RFEF habe. Ob Rubiales noch Präsident des spanischen Fussball-Verbandes bleiben dürfe, sei nicht seine Sache, betonte Sánchez. Der Verband werde nicht von der Regierung kontrolliert.
Besonders hart ging der Chef der Liga, Javier Tebas, mit Rubiales ins Gericht. «Beleidigungen, Angeberei, Erpressung, Drohungen, Spionage und Verfolgung, betrügerische Nutzung von Verbandsorganen, wir leiden unter vielem und haben vieles angeprangert. Die Liste der Frauen und Männer, die in diesen Jahren von Luis Rubiales geschädigt wurden, ist zu lang und das muss aufhören», schrieb Tebas auf X. «Es ist unmöglich, sein frauenfeindliches und verabscheuungswürdiges Verhalten einer absurden Verschwörung zuzuschreiben, wenn der Rufschaden für den gesamten spanischen Fußball bereits unvermeidlich ist», fügte Tebas hinzu.
Die Spielergewerkschaft Fifpro forderte ebenfalls «unverzügliche Disziplinarmassnahmen» gegen Rubiales und begrüsste das Disziplinarverfahren der FIFA. Darüber hinaus schrieb die Spielergewerkschaft die europäische Fussball-Union an, auch gegen den UEFA-Vizepräsidenten zu ermitteln.
Mehr zu Rubiales Kuss-Attacke
dpa / mar