Mehr als 11'000 Reaktionen Xhaka-Kritikerin braucht im Kosovo Polizeischutz

Martin Abgottspon

11.12.2022

Zana Avdiu löste mit ihrer Kritik an Granit Xhaka im Kosovo heftige Reaktionen aus.
Zana Avdiu löste mit ihrer Kritik an Granit Xhaka im Kosovo heftige Reaktionen aus.
Facebook

Nach dem Serbien-Spiel bezeichnete Zana Avdiu Granit Xhaka wegen seines Griffs in den Schritt als «Strassenjunge». Die Reaktionen darauf waren heftig. Selbst Xhakas Vater hat sie bedroht.

M. Abgottspon

Das Gruppenspiel zwischen der Schweiz und Serbien blieb auch an dieser WM nicht ohne Nebengeräusche. Zwar war das Spiel bei Weitem nicht so emotionsgeladen wie noch vor vier Jahren, dennoch liess sich insbesondere Granit Xhaka das eine oder andere Mal von den serbischen Gegenspielern provozieren.

Als Gegenreaktion fasste sich der Schweizer Mittelfeldspieler bei der einen Szene in den Schritt. Ein Moment, der hierzulande fast weniger Beachtung fand als im Kosovo. Dort bezeichnete die Feministin Zana Avdiu Granit Xhaka in einem Facebook-Post als «Strassenjunge». Die Geste gäbe aus ihrer Sicht eine schlechte Visitenkarte für sein Herkunftsland ab.

Zana Avdiu setzt sich vehement für mehr Gleichberechtigung der Frauen ein.
Zana Avdiu setzt sich vehement für mehr Gleichberechtigung der Frauen ein.
Instagram

Mehr als 11'000 Reaktionen

Mit dem Post hat Avdiu den Stein erst ins Rollen gebracht. In einer TV-Show zementierte sie später ihre Meinung und erntete dafür von vielen Zuschauern heftige Kritik. Mehr als 11'000 Reaktionen löste sie mit ihrem Auftritt aus. Die meisten davon beinhalten Drohungen. «Es heisst, man sollte mich töten, ich solle nach Serbien auswandern, man sollte mich vergewaltigen. In 200 Fällen habe ich Anzeige erstattet, es gab bereits mehrere Verhaftungen», sagt sie in einem Interview mit der «SonntagsZeitung».

Inzwischen steht die Feministin unter Polizeischutz. Angst habe sie keine. Sie will zu ihrer Meinung stehen, nur so könne ein Umdenken stattfinden. «Vor allem junge Männer stören sich an meinen Aussagen. Sie halten nach wie vor wenig von Gleichberechtigung und sind geprägt von der traditionell patriarchalischen Kultur.»

Avdiu glaubt, dass sich viele Männer nur deshalb so aggressiv verhalten, weil sie das Gefühl haben, Macht zu verlieren. «Das sieht man daran, dass die Zahl der Vergewaltigungen und Morde an Frauen gestiegen ist.»

Vater und Bruder von Xhaka melden sich

Zu den namhaftesten Kritikern von Avdiu zählt auch Granit Xhakas Vater Ragip Xhaka. Er meldete sich in der TV-Sendung live am Telefon und warf der Juristin vor, seine ganze Familie beleidigt zu haben. Er warnt sie, aufzupassen, was sie schreibe. «Du kennst die Familie Xhaka nicht», zitiert die «SonntagsZeitung» den Fernsehausschnitt.

Auch der Bruder Taulant Xhaka meldete sich zu Wort. Auf Instagram schreibt er: «Schande, du hast überhaupt kein albanisches Blut.»

Avdiu lässt das alles kalt. Sie will sich treu bleiben und auch weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus für mehr Gleichstellung kämpfen. In diesem Zug nimmt sie im Interview auch noch Bezug auf die grosse albanische Diaspora in der Schweiz: «(...) Wir glauben, dass es dort mancherorts paradoxerweise sogar noch schlechter um die Gleichstellung steht als zum Beispiel in Pristina.» Auf die Aussage des Journalisten der «SonntagsZeitung», dass man in der Schweiz solche Vorwürfe gerne vermeide, weil sie rassistisch ausgelegt werden können, wird Avdiu deutlich: «Die Kritik an einer Kultur, in der Jungen alles und Mädchen nichts sind, ist nicht rassistisch. Diese Kritik ist vielmehr nötig, um Frauen ihre Rechte und ihre Freiheit garantieren zu können.»

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