Suche nach den Schuldigen Xhaka geht Mitspieler an – haben Shaqiri und Seferovic Yakin kritisiert?

Von Luca Betschart

7.12.2022

Streller über das Nati-Debakel: «Ein kollektives Versagen»

Streller über das Nati-Debakel: «Ein kollektives Versagen»

Die Schweiz verliert seinen WM-Achtelfinal gegen Portugal sang- und klanglos mit 1:6. blue Sport Experte Marco Streller analysiert die herbe Nati-Pleite.

07.12.2022

Bei der Schweiz passt im WM-Achtelfinal gegen Portugal über die gesamte Spielzeit gar nichts zusammen. Aber auch neben dem Platz legen die Nati-Stars anschliessend einen irritierenden Auftritt hin.

Von Luca Betschart

Statt des erhofften Exploits setzt es für die Schweiz gegen Portugal am Dienstag ein Debakel ab. Heimreise statt WM-Viertelfinal, Frust statt Euphorie und Verlierer- statt Siegerinterviews.

Doch wie schon auf dem Platz lässt die Nati an diesem Tag den Beweis vermissen, eine eingeschworene Einheit zu sein. Nur wenig erinnert an den begeisternden Auftritt zum Abschluss der Gruppenphase und wie Breel Embolo das im Kreis versammelte Team unmittelbar nach der geschafften Achtelfinal-Quali einschwört. Vielmehr scheint nach dem schonungslosen 1:6 die Frage im Zentrum: Wer trägt die Schuld?

Adressieren Shaqiri und Seferovic den Coach?

Xherdan Shaqiri entschuldigt sich im Namen der Mannschaft bei allen Schweizer Fans. Doch sieht Shaqiri das Team auch in der Verantwortung für das krachende Scheitern? «Es war für alle eine Überraschung», sagt der 31-Jährige auf den Systemwechsel auf eine 3er-Abwehrkette angesprochen. «Wir hören auf den Trainer, was er für einen Plan gibt. Und versuchen dann das Beste daraus zu machen. Leider haben wir es heute nicht geschafft.»

Shaqiri hinterfragt weniger die erbrachte Leistung, sondern den ausgedachten Matchplan. «Im Fussball sagt man immer, man solle so spielen, wie es bis dahin gut gelaufen ist», deutet der 112-fache Nationalspieler an und wiederholt: «Der Trainer gibt uns einen Plan mit, wir versuchen auf dem Platz das Beste daraus zu machen.»

Noch offensichtlicher geht Haris Seferovic, der in Katar nicht über die Rolle des Ergänzungsspielers hinauskommt, seinen Chef an. «Der Trainer ist der Trainer», wird der 30-Jährige im «Tages-Anzeiger» zitiert. «Der Trainer macht die Taktik. Wir haben 1:6 verloren. Ich denke, das sagt alles.» Dass Seferovic eine solche Aussage überhaupt tätigt, sagt womöglich noch mehr.

Xhaka will keine dummen Fragen beantworten

Insbesondere, wenn der niedergeschlagene Yann Sommer wenige Minuten später schon fast die Gegenposition zu Shaqiri und Seferovic einnimmt. «Nicht das System war das Problem, sondern unsere Leistung», glaubt Sommer. Yakin habe den Matchplan mit den Führungsspielern besprochen, als Silvan Widmers Ausfall feststand. «Der Coach redet viel mit den Spielern und hört ihnen zu», sagt der 33-Jährige. Hat ihn Shaqiri einfach nicht gehört? Oder zählt der Kraftwürfel nicht zu den Führungsspielern?

Granit Xhaka gehört als Captain unbestritten zu den Führungsspielern. Den Beweis dafür hat der Arsenal-Spieler schon zahlreich erbracht. Gegen Portugal glückt ihm das nicht – weder auf noch neben dem Platz. Bevor er in der Interview-Zone Auskunft gibt, legt er einem anwesenden Journalisten offenbar ans Herz, keine dummen Fragen zu stellen.

Medienchef Adrian Arnold stellt am Mittwoch an der Pressekonferenz allerdings klar, dass Xhaka niemandem gedroht habe, wie es von einem Journalisten von CH-Media vor Ort interpretiert wurde. «Ich möchte klar festhalten, dass es sich um ein Missverständnis vom Dialekt her gehandelt hat. Granit Xhaka hat nicht gesagt: ‹Denn bekunnsch e Hahne vo mir›, sondern er hat in Basler Dialekt gesagt: ‹Dann kriegst du gar nichts›.»

Yakin widerspricht Elvedi – oder umgekehrt

Klarheit zum Debakel kann aber auch der 30-jährige Arsenal-Spieler nicht schaffen. Hat Yakin die Taktik mit den Führungsspielern diskutiert? «Wenn Yann (Sommer) das so gesagt hat, dann ist das so», lautet Xhakas Antwort.

In einer Sache ist sich Xhaka mit Sommer aber einig: «Wir haben das Spiel nicht wegen des Systems verloren», schützt der Captain seinen Coach, um die Mitspieler anzuzählen: «Man kann auch mit zehn Mann hinten stehen und verlieren, wenn man nicht verteidigt, wenn man nicht läuft, wenn man keine zweiten Bälle hat.» Und weiter: «Auf diesem Niveau zwei Standardtore zu kriegen, das darf nicht passieren. Ist passiert – dann fährst du halt nach Hause.»

Später erklärt Trainer Murat Yakin an der Pressekonferenz zu später Stunde schliesslich, wieso er für den angeschlagenen Fabian Schär nicht Nico Elvedi einwechselte. Gemäss dem Nati-Trainer leidet der Gladbacher noch zu sehr an den Folgen seiner Erkältung. Nur: Elvedi steht fast zur selben Zeit in der Interviewzone und macht klar, dass er «voll parat» gewesen wäre. Symbolisch für einen von A bis Z verkorksten Schweizer Fussball-Abend.

WM-Round-up: Die Nati erlebt ein beispielloses Debakel

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