Fussball bedeutet ihr alles So tickt das mit Lob überschüttete Nati-Juwel Naomi Luyet

Patrick Lämmle

29.10.2024

Nationalspielerin Naomi Luyet (18) ist eines der grössten Talente im Schweizer Fussball.
Nationalspielerin Naomi Luyet (18) ist eines der grössten Talente im Schweizer Fussball.
Keystone

Nach ihrem starken Auftritt gegen Australien nimmt sich Naomi Luyet Zeit für ein Gespräch mit blue Sport. Die 18-jährige YB-Topskorerin ist eines der grössten Talente im Schweizer Fussball und auf bestem Weg, die ganz grosse Fussball-Bühne zu erobern.

Patrick Lämmle

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Naomi Luyet erblickt am 19. Dezember 2005 in der Gemeinde Savièse im Wallis das Licht der Welt.
  • Seit der vergangenen Saison spielt sie bei YB gross auf. In dieser Saison hat sie in den ersten neun Liga-Spielen bereits acht Tore erzielt und vier weitere vorbereitet.
  • Am 4. Juni 2024 debütierte Luyet im Rahmen der EM-Quali in der Nationalmannschaft. Drei weitere Einsätze (1 Assist) kamen seither hinzu. Nationaltrainerin Pia Sundhage und Kapitänin Lia Wälti haben nur lobende Worte übrig für das Supertalent.
  • Luyets Ziel ist es, sich mit starken Leistungen bei YB und in der Nati für weitere Einsätze zu empfehlen und so auch an der Heim-EM im Kader zu stehen.
  • Die aktuelle Saison wird sie sicher bei YB beenden, mit denen sie nach einem Titel strebt. In ein, zwei Jahren möchte sie dann aber den Sprung ins Ausland wagen. Die 18-Jährige träumt davon, dereinst die Champions League zu gewinnen.

«Nur Fussball, glaube ich», antwortet Naomi Luyet, die im vergangenen Jahr das Gymnasium mit Schwerpunkt Wirtschaft und Recht abgeschlossen hat, auf ihre Hobbys angesprochen. Dabei ist Fussball für die 18-Jährige längst viel mehr als ein Hobby. Schon am 7. Mai 2022 debütiert Luyet in der 1. Mannschaft von YB. Im Viertelfinale der Play-offs gegen den FCZ wird die damals 16-jährige Nachwuchsspielerin in der 68. Minute eingewechselt.

Im Folgejahr kommen zwei weitere Teileinsätze im Fanionteam der YB-Frauen hinzu, ehe sie in der vergangenen Saison bei den Profis endgültig durchstartet. Für YB schiesst sie in wettbewerbsübergreifend 22 Spielen 18 Tore und bereitet fünf weitere vor. Der verdiente Lohn: Ende Mai wird Luyet erstmals für die A-Nati aufgeboten und gibt am 4. Juni in der EM-Quali gegen Ungarn (0:1-Niederlage) ihr Debüt. Am 12. Juli steht sie bereits ein erstes Mal in der Startelf und steuert beim 2:0-Auswärtssieg gegen die Türkei einen Assist bei. Vier Tage später wird sie gegen Aserbaidschan (3:0) zur Pause eingewechselt.

Auf die laufende Saison hin stattet YB das zuvor vertragslose Supertalent mit einem Profivertrag aus. Und Luyet zahlt das Vertrauen mit sackstarken Leistungen zurück. In den ersten neun Spielen hat sie schon zwölf Skorerpunkte (acht Tore, vier Assists) gesammelt und ist damit die beste Torschützin der Liga. Auch dank ihr grüsst YB aktuell von der Tabellenspitze. Klar eigentlich, dass sie von Trainerin Pia Sundhage erneut mit einem Nati-Aufgebot belohnt wurde.

Am Freitagabend steht Luyet gegen den WM-Vierten Australien (1:1) in der Startelf und ist bis zu ihrer Auswechslung in der Pause die auffälligste Akteurin auf dem Platz. Das ist umso bemerkenswerter, da sie im 3-5-2-System auf der für sie ungewohnten Position am rechten Flügel zum Einsatz kommt. Bei YB spielt sie normalerweise in einem 4-3-3 als linke Stürmerin.

Sundhage erklärt nach der Partie, dass sie Luyet ausgewechselt habe, um einer weiteren Spielerin die Möglichkeit zu geben, sich zu präsentieren. Hat Sundhage Luyet also nur deshalb ausgewechselt, weil es die 18-Jährige so gut gemacht hat? «Ja, so kann man das sagen», antwortet Sundhage an der Pressekonferenz nach dem 1:1 gegen Australien, begleitet von dem für sie typischen Lächeln. Ein grösseres Lob hätte die 64-jährige Trainerin Luyet gar nicht aussprechen können.

Mit blue Sport spricht Naomi Luyet im Vorfeld der Partie gegen Frankreich (Dienstag, 21 Uhr in Genf) über ihre Ambitionen in der Nati, einen möglichen Wechsel ins Ausland und ihre Ziele mit YB.

Naomi Luyet steht blue Sport am Samstagnachmittag in der Lobby des Hotels Mövenpick in Regensdorf Rede und Antwort.
Naomi Luyet steht blue Sport am Samstagnachmittag in der Lobby des Hotels Mövenpick in Regensdorf Rede und Antwort.
blue Sport

Das Interview mit Naomi Luyet

Ende Mai haben Sie in der Nati debütiert. Gegen Australien durften Sie nun zum zweiten Mal von Beginn an ran. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Leistung im vierten Länderspiel?

Ich bin ziemlich zufrieden mit meiner Leistung und ich denke, dass der Staff mir auch sein Vertrauen zeigt, indem er mir die Möglichkeit gibt, Minuten zu bekommen. Das macht mich glücklich und zeigt, dass meine Leistungen so sind, wie sie sein sollten.

Ihre Trainerin meinte nach dem Australien-Spiel, dass Sie schon in der Pause ausgewechselt wurden, weil Sie so gut gespielt und damit genügend Antworten geliefert hätten. Ein grösseres Lob kann man nicht bekommen?!

Also ich denke einfach, dass sie mit meiner Leistung zufrieden war. Und das freut mich natürlich.

Was ist eigentlich Pia Sundhage für ein Typ? Sie wirkt vor den Medien immer so fröhlich, ist sie das auch bei euch?

Pia ist eine Person, die es dir sehr einfach macht, die dich nicht unter Druck setzt und dir Freiheiten gibt, so zu spielen, wie du es am besten kannst. Sie macht auch abseits des Platzes viel für das Team und ich denke, dass das den Spielerinnen auch hilft, ruhig zu bleiben und sich auf das zu konzentrieren, was sie tun müssen.

Pia Sundhage tritt meist gutgelaunt vor die Medien.
Pia Sundhage tritt meist gutgelaunt vor die Medien.
Keystone

Auch Lia Wälti war nach der Partie voll des Lobes und sagte uns auf die Leistungen von Ihnen und Iman Beney (18) angesprochen: «Ich bin ein super Fan von beiden. Sie sind unglaublich gute Spielerinnen und es ist schön, sie auf diesem Level zu sehen.» Hören Sie das gerne oder setzen Sie solche Aussagen eher unter Druck?

Ich denke nicht, dass es ein zusätzlicher Druck ist. Es ist einfach schön zu hören, dass die Teamkapitänin auch den jungen Leuten vertraut und etwas in uns sieht. Nur weil wir jung sind, werden wir nicht an den Rand gedrängt. Und wenn Lia denkt, dass wir das Potenzial haben, dem Team etwas zu geben, ist das wirklich schön zu hören.

Haben Sie ein Vorbild? Spielerinnen oder Spieler, zu denen Sie hochschauen?

Ich habe nicht wirklich ein Idol, aber ich mag den Spielstil von Ramona Bachmann sehr.

Weshalb?

Sie ist technisch so stark. Es ist sehr schwierig, ihr den Ball abzuluchsen. Und es ist beeindruckend, wie schnell sie auf dem Platz Entscheidungen treffen kann.

Iman Beney, mit der Sie gut befreundet sind und mit der Sie in der Nati und bei YB spielen, hat uns vor der WM im letzten Jahr erzählt, dass sie auch einzelne Trainingseinheiten bei den Nachwuchsteams der Männer absolviert. Machen Sie das auch?

In dieser Saison machen wir das nicht. Aber wenn wir es wirklich wollten, könnten wir das wohl einfordern. Aber unsere Trainings passen mir sehr gut. Ich denke, dass ich kein zusätzliches Training mit den Jungs brauche. Klar kann man profitieren, wenn man mit den Jungs trainiert, denn der Rhythmus und die Aggressivität sind schon anders. Aber ob ich ein Torschusstraining für Stürmerinnen bei den Jungs oder bei den Frauen mache, das spielt keine Rolle. Da geht es einfach um die Schusstechnik.

Wie sehen Sie aktuell Ihre Rolle in der Nati und was sind Ihre Ziele? Kurzfristig, mit Blick auf die EM im kommenden Sommer und auch langfristig?

Ich habe nicht das Gefühl, dass ich im Moment eine so grosse Rolle spiele. Aber nur weil ich jung bin, muss ich nicht so denken. Vielleicht kann ich den Älteren zeigen, dass wir Jungen nicht nur dabei sind, sondern auch wir unseren Platz in der Mannschaft haben wollen. Das kann hoffentlich auch dazu beitragen, dass sich das Team insgesamt weiterentwickelt. Mein Ziel ist es, dass ich bei den kommenden Zusammenzügen immer dabei bin und auch an der EM im Kader stehe.

Im Verein läuft es Ihnen wie geschmiert. Sie haben in den ersten neun Spielen acht Tore erzielt und vier vorbereitet. Das sind unglaubliche Werte, die sicher auch im Ausland registriert werden. Haben Sie schon Angebote erhalten?

Im Moment überlasse ich das alles meinem Agenten und konzentriere mich voll und ganz auf meine Saison bei YB. Und dann schaue ich entweder im Sommer oder wenn mein Vertrag bei YB ausläuft (Sommer 2026; A. d. Red.) nach Möglichkeiten im Ausland. Aber im Moment konzentriere ich mich wirklich auf YB und ich bin sehr zufrieden in der Schweiz.

Vor der EM werden Sie also sicher nicht den Sprung ins Ausland wagen?

Nein, das werde ich nicht.

Aber zu einem späteren Zeitpunkt ins Ausland zu wechseln, ist schon ein Ziel von Ihnen?

Der ideale Klub in der Schweiz für mich ist YB und ich will noch eine oder zwei Saisons hier spielen. Aber klar, es ist ein Ziel von mir, den Sprung ins Ausland zu schaffen.

Vergangene Saison verliert YB den Cupfinal gegen Servette trotz Naomi Luyets Doppelpack mit 2:3.
Vergangene Saison verliert YB den Cupfinal gegen Servette trotz Naomi Luyets Doppelpack mit 2:3.
Keystone

Was ist denn Ihr Ziel mit YB? Den Meistertitel zu gewinnen? Ihr steht ja aktuell an der Tabellenspitze …

Wenn man mir diese Frage letztes Jahr gestellt hätte, hätte ich gesagt, dass es dieses Jahr vielleicht noch ein bisschen zu früh ist und wir noch mehr Zeit brauchen. Aber wenn ich mir das Team und unsere Leistungen anschaue, dann kann man auch in dieser Saison an die Meisterschaft glauben.

In den letzten Jahren waren der FCZ und Servette das Mass aller Dinge und der Konkurrenz immer weit enteilt. In dieser Saison ist es aber richtig spannend. Sind die anderen Teams einfach besser geworden oder sind die Zürcherinnen und Genferinnen nicht mehr ganz so stark aufgestellt?

Ich denke, dass sich die ganze Liga verbessert hat und es jetzt mehr Konkurrenz gibt. Wenn man sich beispielsweise YB anschaut: Das war vor zwei Jahren noch ein komplett anderes Team. Der Verein hat versucht, Spielerinnen aus dem Ausland zu rekrutieren und die jungen Spielerinnen im Verein zu entwickeln.

Sydney Schertenleib (17) wechselte im Sommer von GC zu Barcelona und ist für den Golden-Girl-Award – eine Auszeichnung für die beste U21-Fussballspielerin des Jahres in Europa – nominiert. Sie hat in einem Interview gesagt, dass es ihr Ziel ist, eines Tages Weltfussballerin zu werden. Haben Sie auch so hochgesteckte Ziele?

Über individuelle Titel mache ich mir kaum Gedanken. Ich will einfach meine bestmögliche Leistung abrufen und Erfolge mit der Mannschaft feiern. Ein Traum von mir ist es, die Champions League zu gewinnen.

Was machen Sie eigentlich neben dem Fussball?

Im vergangenen Jahr habe ich das Gymnasium mit Schwerpunkt Wirtschaft und Recht abgeschlossen. Und jetzt arbeite ich für YB in einem 25-Prozent-Pensum als Büroangestellte.

Wie sieht es finanziell aus? Verdienen Sie bei YB genug, um davon zu leben?

YB bezahlt uns die Unterkunft und so reicht es aus, um davon zu leben. Für den Moment passt das so für mich. Aber wenn ich an die Zukunft denke, dann ist es nicht genug.

Und was haben Sie für Hobbys?

Nur Fussball, glaube ich. Wenn ich Zeit habe, schaue ich mir auch gerne Spiele an. Aber immer habe ich auch nicht Zeit dafür.

Viele Freunde von Ihnen gehen bestimmt gerne mal Party machen oder verreisen für längere Zeit in die Ferien. Vermissen Sie manchmal, dass Sie das als professionelle Fussballerin nicht oft tun können?

Ich habe mit sieben Jahren mit dem Fussballspielen begonnen und hatte eigentlich seither nie viel Zeit für andere Aktivitäten. Aber das fehlt mir auch wirklich überhaupt nicht. Ich mag es so, wie es ist.

Ob Naomi Luyet gegen Frankreich erneut Spielminuten erhält, weiss sie noch nicht. «Das ist schwer vorherzusehen, man weiss auch nie, was noch passiert. Und ich denke auch, dass es viele andere Spielerinnen gibt, die es ebenfalls verdient haben, Spielminuten zu bekommen. Testspiele sind ja auch dazu da, möglichst vielen Spielerinnen die Möglichkeit zu geben, sich zu zeigen. Deshalb kann ich es wirklich nicht sagen.»

Und so lassen auch wir uns überraschen, ob das Supertalent am Dienstag gegen Frankreich, das sich in einer Hammergruppe vor England, Schweden und Irland für die EM 2025 in der Schweiz qualifizieren konnte, erneut zum Einsatz kommt. Die Partie im Stade de Genève wird um 21.00 Uhr angepfiffen. Auf blue News kannst du das Spiel live im Ticker verfolgen.

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