Angepasste Impfstoffe Ist ein Corona-Booster im Herbst sinnvoll? Und was ist mit der Grippe?

tgab

22.9.2022

Das Heilmittelinstitut Swissmedic hat einen ersten an die Omikron-Virusvariante angepassten. Corona-Impfstoff zugelassen. 
Das Heilmittelinstitut Swissmedic hat einen ersten an die Omikron-Virusvariante angepassten. Corona-Impfstoff zugelassen. 
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Experten befürchten eine weitere Corona-Welle im Herbst. Auch die Grippe könnte ein Comeback feiern. Viele Menschen fragen sich nun, ob und wie sie ihren Impfschutz auffrischen sollen.

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Der Herbst steht vor der Tür und mit ihm könnten sich Corona- und Grippe-Inzidenzen dieses Jahr zu einer Doppelwelle türmen. Daher rückt auch die Impffrage wieder in den Fokus, zumal das Heilmittelinstitut Swissmedic Ende August den ersten bivalenten Covid-19-Booster-Impfstoff zugelassen hat. Das Vakzin von Moderna wirkt sowohl gegen den ursprünglichen Wildtyp als auch gegen die Omikron-Varianten des Coronavirus. Ein weiteres an Omikron angepasstes und in der EU bereits zugelassenes Vakzin von Biontech befindet sich im Prüfverfahren von Swissmedic.

Dazu kommt: Die Corona-Massnahmen haben in den letzten beiden Wintern auch die Grippeviren in Schach gehalten. Insbesondere durch das Maskentragen konnten sie sich nicht so frei ausbreiten wie in früheren Jahren. Nachdem in diesem Herbst aber die meisten Schutzmassnahmen entfallen, entsteht ein gewisser Nachholeffekt, weil Grippeviren auf das «untrainierte» Immunsystem vieler Menschen treffen. Eine Grippe-Impfung könnte also besonders in dieser Saison ratsam sein.

Das musst du über die Booster-Impfung und auch die Grippe-Impfung im Herbst wissen:

Brauche ich im Herbst einen zweiten Corona-Booster?

Laut Linda Nartey vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) dürften die Covid-Fallzahlen im Herbst und Winter wieder ansteigen. Die Ausgangslage sei aber eine andere als vor einem Jahr: «Die meisten Personen haben Antikörper, zudem gibt es mit Omikron weniger schwere Verläufe.» Trotzdem gelte es, Risikopersonen vor schweren Erkrankungen zu schützen. Auch das schon stark belastete Spitalpersonal müsse geschont werden. Deshalb seien Spitaleintritte durch Covid-Patienten möglichst zu verhindern.

Der Bund empfiehlt eine zweite Covid-Booster-Impfung indes nur über 65-Jährigen, Vorerkrankten und Schwangeren explizit. Diese Empfehlung gilt auch dann, wenn die Betroffenen bereits im Sommer eine Auffrischimpfung erhalten haben. Wer mit Risikopersonen in Kontakt tritt, soll sich einen Booster hingegen überlegen.

Darf ich mich trotzdem impfen lassen, auch wenn ich nicht zu den Risikopersonen gehöre?

«Bei Personen ohne Risikofaktoren besteht im Herbst 2022, verglichen mit Beginn der Pandemie, ein sehr geringes Risiko für eine schwere Erkrankung», sagt Christoph Berger von der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF). Deshalb verzichte der Bund im Unterschied zu den Jahren 2020 und 2021 auf eine generelle Impfempfehlung. Die Impfung schütze nur wenig vor milden Infektionen sowie vor der Übertragung des Virus auf andere Personen.

Trotzdem dürfen sich auch diese Personen impfen lassen, wenn sie ihr Risiko für eine Infektion aus privaten und/oder beruflichen Gründen dadurch vermindern möchten. Gemäss neuer Impfempfehlung sollen diese Personen «nach individueller Abwägung» entscheiden. Für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren ohne chronische Erkrankungen wird im Herbst 2022 keine Auffrischimpfung empfohlen. Für kleinere Kinder ist noch kein Impfstoff zugelassen.

Bekomme ich auch wieder ein Impfzertifikat?

Wer sich impfen lässt, erhält weiterhin ein Zertifikat. Insbesondere bei Reisen ins Ausland könnte das nützlich, respektive notwendig sein. Innerhalb der Schweiz hat das Covid-Zertifikat jedoch keinen Nutzen mehr.

Welche Impfstoffe stehen mir zur Verfügung?

Ende August liess das Heilmittelinstitut Swissmedic für die Auffrischimpfung gegen Covid-19 einen neuen Impfstoff des Herstellers Moderna zu. Dieser enthält Boten-Ribonukleinsäure sowohl gegen das Spike-Protein des Wildtyps als auch der Omikron-Varianten. Die Schweiz erhält von Moderna bis Ende September dreieinhalb Millionen Dosen des bivalenten Impfstoffs. In allen Kantonen kann danach dieser neuste Impfstoff verabreicht werden.

Generell herrscht in der Schweiz freie Impfstoff-Wahl. Auch der proteinbasierte Impfstoff von Novavax steht zur Verfügung. Zwar werde es wohl nicht an jeder Impfstelle eine Wahlmöglichkeit geben, sicher aber in jedem Kanton, sagt Rudolf Hauri, Präsident der Schweizer Kantonsärzt*innen.

Wie gut ist der neue Omikron-Impfstoff von Moderna?

Im neu zugelassenen Impfstoff «Spikevax Bivalent Original/Omicron» von Moderna sind 25 Mikrogramm des ursprünglichen «Spikevax» von Moderna enthalten. 25 Mikrogramm bestehen aus der mRNA gegen Omikron. Nach Swissmedic-Angaben ergaben Studien höhere Immunantworten gegen die Omikron-Varianten BA.1 und BA.4/5 als beim herkömmlichen Moderna-Impfstoff.

Die in der Antikörperkonzentration gemessene Schutzwirkung des bivalenten Impfstoffs entspricht gemäss Swissmedic wieder jener des ursprünglichen Präparats gegen das Sars-Cov-2-Virus des Wuhan-Typs. Beim herkömmlichen «Spikevax» lag die Schutzwirkung bei über 90 Prozent.

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Die Nebenwirkungen des bivalenten Wirkstoffs sind ähnlich wie nach der Verabreichung der zweiten Dosis des bisherigen Moderna-Impfstoffs: Schmerzen, Rötungen oder Schwellungen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schüttelfrost oder Übelkeit. Neue Sicherheitsprobleme stellte Swissmedic nicht fest.

Wirkt der neue Moderna-Impfstoff auch gegen die neuste Virus-Variante?

Der aktuelle Impfstoff ist an die Omikron Sublinie BA.1 angepasst. Inzwischen ist mit der Omikron-Untervariante BJ.1, die inzwischen auch im Nachbarland Österreich nachgewiesen wurde, aber auch schon die nächste Mutante im Anmarsch. Diese könnte sich aufgrund ihrer zusätzlichen Mutationen im Spike-Protein dem Immunsystem womöglich noch besser entziehen. Auf der anderen Seite gehen Experten davon aus, dass Infektion oder Impfung dafür sorgen, dass das Immunsystem auch bei neuen Varianten einen gewissen Schutz bietet. Wie der Mediensprecher des Bundesamts für Gesundheit BAG, Simon Ming, blue News auf Nachfrage sagte, müsse die Wirksamkeit der bestehenden Impfstoffe in Bezug auf neue Varianten aber erst noch untersucht werden. «Es liegen dazu bisher noch keine Forschungsdaten vor», so Ming. Man verfolge die «Forschungslage zur Wirkung der Impfungen und auch zu BJ.1 als Untervariante weiterhin aufmerksam».

Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Auffrisch-Impfung?

«Die Impfung bietet Risikopersonen einen verbesserten, individuellen Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf für rund drei Monate», sagt Christoph Berger von der EKIF. Die Impfung sollte deshalb zeitlich gezielt bei hoher Viruszirkulation verabreicht werden. EKIF und BAG erachten den 10. Oktober 2022 als sinnvollen Zeitpunkt für den Start der neuen Impfkampagne.

Die Impfungen haben bei mir nicht angeschlagen. Was kann ich tun?

Risikopatient*innen, die trotz mehrmaliger Impfungen keine genügende Immunabwehr gegen Covid-19 aufbauen konnten, haben neuerdings die Möglichkeit einer Covid-19-Prophylaxe des britisch-schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca. Die Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic hat das Präparat, eine Antikörperkombination aus Tixagevimab und Cilgavimab, am 15. September befristet zugelassen. Es wird unter Auflagen vom Bund respektive der Krankenversicherung vergütet.

Die Therapie ist indiziert für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren. Neue Zulassungsanträge, darunter für die Behandlung nach einer Covid-Exposition, befinden sich derzeit in Prüfung. Die Therapie wird als intramuskuläre Injektion verabreicht.

Ich bin genesen, bin ich nun immun?

Der Körper bildet nach einer Ansteckung Antikörper zur Abwehr der Infektion. Zwar gehen Antikörper im Blut mit einer gewissen Immunität einher, das hängt aber sehr stark von der Anzahl und Art der Antikörper ab. Ab einer gewissen Konzentration der Antikörper ist man vor einem schweren Verlauf aber relativ zuverlässig geschützt – zumindest eine Weile lang. Denn die Immunität nimmt mit der Zeit ab. Wie schnell ist von der Virusvariante und jedem einzelnen Menschen abhängig, denn jeder Körper reagiert anders auf das Corona-Virus.

Wie lange sollte ich nach einer Genesung mit der Impfung warten?

Wenn nach der Grundimmunisierung mit einem mRNA-Impfstoff eine Infektion mit dem Coronavirus bestätigt wurde, empfiehlt das BAG eine Auffrischimpfung ab 4 Wochen nach dieser Infektion. Seit der letzten Impfung müssen zudem mindestens 4 Monate vergangen sein. Das BAG empfiehlt Omikron-Genesenen ebenfalls eine weitere Auffrischimpfung im gleichen zeitlichen Abstand, da sich die Immunantwort durch eine Infektion mit Omikron nicht wesentlich erhöht haben dürfte.

Kann ich mich gleichzeitig gegen Corona und die Grippe impfen lassen?

Ja. Es muss kein Abstand zwischen den Impfungen liegen, ist beim BAG zu lesen. Ein Abstand von 14 Tagen, wie früher empfohlen, muss nicht mehr eingehalten werden. Es kann allerdings passieren, dass die Impfreaktionen, also leichte Nebenwirkungen, etwas stärker ausfallen.