Genesen und trotzdem erkranktDarum häufen sich Reinfektionen mit Corona
uri
7.4.2022
Wer eine Corona-Infektion durchgemacht hat, ist deshalb längst nicht vor einer erneuten Ansteckung gefeit. Gerade mit der vorherrschenden Omikron-Variante wächst das Risiko auf eine Reinfektion.
uri
07.04.2022, 06:50
07.04.2022, 11:54
uri
Nicht nur Ungeimpfte stecken sich mit dem Coronavirus an. Seit Omikron infizieren sich auch immer mehr Genesene und Geimpfte. Darum kann man sich auch nach einer durchgemachten Covid-Infektion nicht in Sicherheit wiegen:
Kann man sich mehrmals mit Corona infizieren?
Eine mehrfache Ansteckung mit dem Coronavirus ist ebenso wie eine Erkrankung nach einer Impfung möglich. Für die Schweiz waren diesbezüglich keine aktuellen Zahlen in Erfahrung zu bringen. Dafür hält die UK Health Security Agency (UKHSA) in einem Bericht von Ende März fest, dass allein im grössten Landesteil England mit seinen knapp 56 Millionen Einwohnern seit Pandemiebeginn mehr als 804'000 erneute Corona-Ansteckungen registriert wurden. Die Behörde definiert in diesem Fall als Reinfektion, wenn bei einer Person zwei positive Corona-Tests im Abstand von mehr als 90 Tagen auftreten.
Allein rund 51'000 Reinfektionen erfasste die Behörde in Kalenderwoche 12, also zwischen dem 21. und 27. März 2022 unter der da bereits dominanten Omikron-Variante. Die HSA rechnet zudem mit einer grösseren Dunkelziffer. Bereits Mitte März hatte die Behörde mitgeteilt, dass im Land 7'640 Dreifachinfektionen festgestellt wurden – 62 Personen hatten sich sogar schon viermal infiziert.
Warum kommt es zu Reinfektionen?
Um einen guten Immunschutz gegen Corona aufzubauen, benötigt es laut Expertenmeinung drei Kontakte mit dem Spike-Protein des Virus. Sprich: Man kann in dem Fall genesen sein und zwei Impfungen erhalten haben, zweifach geimpft sein und eine Durchbruchsinfektion erlitten oder auch eine Dreifachimpfung bekommen haben. In diesen Fällen waren die Antikörperwerte bei den Studienteilnehmern ähnlich hoch, wie ein Wissenschaftlerteam um Ulrike Protzer von der Technischen Universität München (TUM) in einer Studie darlegt.
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Wie gut der Immunschutz zuletzt tatsächlich ist, hängt jedoch nicht allein von der Zahl der Antikörper ab, sondern auch von deren Qualität – also, wie gut sie sich an das Virus heften können, um es unschädlich zu machen. Allerdings ist selbst bei einer guten Immunantwort noch eine Infektion möglich – und ebenso lässt der Immunschutz nach einer Infektion wieder nach, wie er das auch nach einer Impfung tut.
Ob man sich erneut mit dem Coronavirus ansteckt, hängt nicht zuletzt von individuellen Faktoren wie Alter, Vorerkrankungen, dem Immunstatus oder auch dem Stand bei den Impfungen ab. Nach bisherigen Erkenntnissen ist die Qualität der Immunantwort zudem stark davon anhängig, wie heftig man bei der ersten Infektion erkrankt ist. Wer eine Covid-Erkrankung mit nur schwachen oder fast keinen Symptomen durchgemacht hat, verfügt entsprechend über weniger Antikörper, die sich zudem auch wieder schneller abbauen.
Wie gross ist das Risiko für eine Neuinfektion?
Nach einer überstandenen Covid-19-Erkrankung sind die meisten Betroffenen gemäss einer dänischen Studie, die Mitte März im Fachblatt «The Lancet» erschien, mindestens ein halbes Jahr lang vor einer erneuten Corona-Infektion geschützt. Für Menschen ab dem Alter von 65 Jahren gilt das allerdings in geringerem Masse. Die Studienautoren errechneten, dass bei Personen bis zu einem Alter von 64 Jahren nach überstandener Corona-Infektion ein 80-prozentiger Schutz vor einer erneuten Ansteckung bestand. Bei den Betroffenen ab 65 Jahren lag die Schutzrate hingegen nur noch bei 47 Prozent.
«Unsere Studie bestätigt, was einige bereits nahezulegen schienen: Eine Reinfektion mit Corona ist selten bei jungen, gesunden Menschen», erklärte Studien-Co-Autor Steen Ethelberg zu den Ergebnissen. «Aber die Älteren haben ein grösseres Risiko, es wieder zu bekommen.» Die Politik müsse also weiterhin besonders auf den Schutz älterer Menschen achten, so die Forderung des Wissenschaftlers.
Wie gross ist das Risiko für Kinder?
Der Befund dieser Studie lässt sich durch eine weitere Untersuchung der UKHSA ergänzen, die im Fachmagazin «The Lancet Child & Adolescent Health» veröffentlicht wurde. Demnach hatten Kinder und Jugendliche ein insgesamt geringes Risiko für Reinfektionen. Während es bei Erwachsenen bei 0,73 Prozent lag, waren es bei den 12- bis 16-Jährigen 0,49 Prozent, bei Kindern zwischen 5 und 11 0,24 Prozent und bei Kindern unter 5 Jahren nur noch 0,18 Prozent.
Ebenfalls waren die erneuten Ansteckungen bei Kindern und Jugendlichen nur äusserst selten mit schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen verbunden. Allerdings konnten zum Zeitpunkt dieser Studie noch keine Omikron-Varianten berücksichtigt werden: Nach derzeitiger Lage deutet sich an, dass Omikron bei Kindern und Jugendlichen zu einem Anstieg der Fälle führt.
#SARSCoV2 reinfections were not associated with severe disease in terms of hospital or #pedsICU admissions, and there were no fatalities within 28 days of reinfection in childrenhttps://t.co/gElqmb3rVT#COVID19
— The Lancet Child & Adolescent Health (@LancetChildAdol) March 29, 2022
Was hat sich mit Omikron geändert?
Mit dem Aufkommen der verschiedenen Omikron-Varianten hat sich das Risiko auf eine Reinfektion erhöht, da es sich bei den Mutanten um sogenannte Immunflucht-Varianten handelt, die von der körpereigenen Abwehr nicht mehr so gut erkannt werden können. «Genauso wie die Impfstoffe, die ja auf dem ursprünglichen Virus basieren, nicht so gut vor Omikron schützen, schützt jetzt auch eine Infektion mit einer früheren Variante nicht so gut vor Omikron», erklärte Carsten Watzl, Generalsekretär der deutschen Gesellschaft für Immunologie, der ARD.
Laut Daten aus Katar, die im «New England Journal of Medicine» veröffentlicht wurden, fiel die Schutzwirkung durch eine Covid-19-Erkrankung bezüglich einer Reinfektion durch die Omikron-Variante auf durchschnittlich 55,9 Prozent. Noch bei der Delta-Variante hatte der Wert bei 91,9 und bei der Alpha-Variante bei 90,3 Prozent gelegen.
WHO: Omikron infiziert auch die Geimpften
Die Omikron-Mutation des Coronavirus breitet sich schneller aus als die Delta-Variante. In vielen Ländern ist Omikron auf dem Vormarsch. Und: Omikron infiziere auch Menschen, die bereits geimpft oder genesen seien, sagt WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus.
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Wie sieht es mit den Krankheitsverläufen aus?
Bei der derzeit vorherrschenden Omikron-Variante gelten die Krankheitsverläufe generell als weniger heftig als bei vorhergehenden Varianten, da sich die Mutante eher in den Bronchien und nicht in den Lungen verbreitet. Ebenfalls ist der Krankheitsverlauf nach einer erneuten Infektion in der Regel schwächer, weil das Immunsystem besser gerüstet ist. Ausnahmen können jedoch bestehen, wenn die letzte Infektion bereits länger zurückliegt oder die Erkrankung mit nur schwachen oder keinen Symptomen begleitet wurde, wie es gerade bei Omikron häufiger vorkommt.
Was bringen Impfungen noch?
Experten rechnen mit dem Auslaufen der Corona-Massnahmen mit einer starken Infektionswelle, zumal nun unter Omikron-Bedingungen Mehrfachinfektionen möglich seien. Neben den Ansteckungen können aber Impfungen weiterhin für einen breiten Immunschutz sorgen. Gerade für ungeimpfte Personen sei das Risiko deutlich grösser, sich nach einer Omikron-Infektion erneut anzustecken, sagte Immunologe Watzl der ARD. Tanja Stadler von der inzwischen aufgelösten Taskforce erinnerte im März zudem daran, dass es zentral sei, die zweite Boosterimpfung frühzeitig und gut zu planen – nicht zuletzt für besonders gefährdete Personen.
Den wohl stärksten Schutz vor Ansteckung und schweren Verläufen dürften laut verschiedenen Untersuchungen indes jene Personen haben, die über eine sogenannte hybride Immunität verfügen, also sowohl geimpft wurden als auch eine Infektion durchgemacht haben.