Fragen und Antworten Ist Omikron wirklich ähnlich gefährlich wie eine Grippe?

uri/toko

10.2.2022

Von der Pandemie zur Endemie: Ist Corona bald vorbei?

Von der Pandemie zur Endemie: Ist Corona bald vorbei?

Seit zwei Jahren leben wir mit Corona. Auch wenn der Virus wohl nicht mehr verschwinden wird, mit der Pandemie könnte es schon bald vorbei sein.

25.01.2022

Mit Omikron erhält die Debatte um einen Übergang in die endemische Phase neue Nahrung. Könnte die Pandemie schon bald vorbei sein? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen. 

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Die ganze Welt träumt von einer Zeit nach der Pandemie. Eine solche wird es sicherlich auch geben — wenn auch nicht ohne das Coronavirus. Sars-Cov-2 wird die Menschheit auch weiterhin begleiten, da ist sich die Wissenschaft weitgehend einig. Dennoch keimt derzeit die Hoffnung auf einen baldigen Übergang in die endemische Phase.

Mit Verweis auf die Omikron-Variante sowie die steigende Immunität durch Impfungen verglich Bundesrat Alain Berset vor drei Wochen Corona sogar mit der Grippe. Dem SRF sagte der Gesundheitsminister: «Ich bin selber geimpft und werde mich vielleicht morgen oder übermorgen anstecken.» Allerdings sei die Erkrankung nun viel besser kontrollierbar, wie «eine Erkältung oder eine Grippe, die man im Winter haben kann.»

Vergleiche zwischen Covid-19 und der Grippe wurden schon zu Beginn der Pandemie gezogen. Jedoch zumeist von der ersten Generation an Corona-Skeptikern und mit dem Ziel, die Erkrankung zu verharmlosen. Von Wissenschaftler*innen und auch den meisten Politiker*innen war nichts dergleichen zu hören.

Mit dem Auftreten der nunmehr dominanten Omikron-Variante ändert sich das, gleichwohl aus anderen Gründen. Mittlerweile wird unter Forscher*innen debattiert, ob Omikron den Übergang zum endemischen Zustand markieren könnte. Und selbst im Hinblick auf die Schwere der Erkrankung werden Vergleiche mit der saisonalen Grippe gezogen. 

Was also bedeutet die mittlerweile vorherrschende Omikron-Variante für den Verlauf der Pandemie? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.



Warum vergleichen Virolog*innen Omikron mit der Grippe?

Dafür gibt es hauptsächlich zwei Gründe. Zum einen soll damit illustriert werden, wie die Zukunft mit dem Coronavirus aussehen könnte. Die Grippe wird also als Beispiel herangezogen, um zu verdeutlichen, wie sich künftige Varianten des Coronavirus auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnten. Im Gegensatz zu «epidemisch» spricht die Medizin von «endemisch», wenn eine Krankheit wiederkehrend und gehäuft in einer bestimmten Region oder auch einer umschriebenen Population auftritt. Dies ist bei der Grippe der Fall.

Aber auch im Hinblick auf die Erkrankung selbst werden entsprechende Vergleiche angestellt. Denn Daten aus der Schweiz und vielen weiteren Ländern deuten darauf hin, dass eine Erkrankung in den meisten Fällen milder verläuft als bei früheren Varianten, vor allem Delta.

Entsprechend äusserte sich etwa der Virologe Ulf Dittmer aus Essen. «Delta war ein absolut tödliches Virus und sicherlich die schlimmste Variante, die wir in dieser Pandemie gehabt haben», sagte er im Januar im Podcast «19 – die Chefvisite».

Dies sei bei der Omikron-Variante anders. «Ich bin mir ziemlich sicher, es gibt evolutionär keinen Weg zurück zu einem tödlicheren Virus», erklärte Dittmer.

Auch der Präsident der deutschen Gesellschaft für Virologie, Ralf Bartenschlager, gab sich optimistisch. Zwar lasse sich über Eigenschaften neuer Varianten nur spekulieren. «Die Erfahrung zeigt aber, dass mit der Anpassung eines Virus an seinen Wirt die Pathogenität in der Regel abnimmt».

Pathogenität meint die Fähigkeit, Krankheiten auszulösen. «Das bedeutet nicht, dass dieses angepasste Virus gar keine Erkrankung mehr macht, aber es ist in der Regel weniger krankmachend».

Was geben die Zahlen in der Schweiz her?

Ob die Corona-Pandemie mit der Omikron-Variante und der steigenden Immunisierung der Bevölkerung tatsächlich ähnlich gefährlich ist wie eine Grippe, lässt sich nicht genau bemessen, wie das SRF ermittelt hat. Die Erhebung der Sterbezahlen bei Grippe und Corona seien dafür zu unterschiedlich. Auch seien Experten zu Recht vorsichtig, was die aktuelle Entwicklung der Omikron-Variante angehe, so der Sender. 

Dennoch lässt sich laut SRF eine Tendenz ausmachen. So liege die Sterblichkeit bei einer typischen saisonalen Grippe in der Schweiz bei deutlich unter 0,1 Prozent. Bei der Omikron-Variante liege sie derzeit bei 0,04 Prozent. Damit könne Corona mit Omikron wormöglich sogar weniger tödlich sein als die Grippe.

Ein entscheidender Grund für diese positive Entwickung liegt aber nicht nur in der weniger gefährlichen Variante, sondern zu einem grossen Teil auch in den vielen Impfungen, die inzwischen gegen das Coronavirus verabreicht werden – und hier bestehen deutliche Unterschiede zur Grippe: Wie die Taskforce des Bundes im September 2020 berichtete, war die Grippe-Impfquote bei den über 65-Jährigen in den letzten Jahren rückläufig. Im Jahr 2017 hatten demnach nur 36 Prozent in dieser Altersgruppe eine Influenza-Impfung erhalten. Im Fall des Coronavirus gelten laut den Zahlen des BAG inzwischen immerhin 75 Prozent der über 65-Jährigen als vollständig geimpft.

Wird Corona jetzt endemisch?

Schon zu Beginn der Pandemie prognostizierten viele Forscher*innen, dass auch Covid-19 zu einer endemischen Erkrankung werden wird. Manche sehen diesen Zeitpunkt schon jetzt gekommen. 

Vorstellbar für die Zukunft sind allerdings auch andere Szenarien. Selbst eine Rückkehr der Delta-Variante schliessen Virolog*innen nicht aus. «Es ist absolut möglich, dass nach dem Abflachen der aktuellen Welle Delta zurückkommt», erklärte etwa Ulrike Protzer, Leiterin des Instituts für Virologie an der Technischen Universität München, der Funke-Mediengruppe. Man könne nicht sicher sein, dass Omikron Delta ablöst.

Auch der Epidemiologe Gérard Krause gibt demnach zu bedenken: «Ich teile die Euphorie nicht, dass Omikron uns jetzt in die Endemie führt».

Wegen Omikron stecken sich derzeit so viele Menschen mit Corona an wie noch nie. (Symbolbild)
Wegen Omikron stecken sich derzeit so viele Menschen mit Corona an wie noch nie. (Symbolbild)
Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Könnte die Pandemie also bald vorbei sein?

Die dänische Epidemiologin Tyra Grove Krause ging schon Anfang Januar davon aus, dass ein Ende der Pandemie naht. Sie bezog ich dabei auf eine frühe Studie zu Hospitalisierungsraten nach Infektionen mit der Omikron-Variante.

Auch wenn die aktuellen Entwicklung zumindest Anlass zur Hoffnung gibt, ein baldiges Ende der Pandemie ist fraglich. 

Rudolf Hauri, Präsident der Kantonsärzte, sieht keinen zeitlich definierbaren «Ausstieg» aus der Pandemie, wie er dem «Sonntagsblick» sagte. Vielmehr jedoch einen «allmählichen Übergang von der epidemischen in die endemische Form». 

Mitte Januar sagte der Virologe Christian Drosten an einer Medienkonferenz mit dem deutschen Gesundeitsminister Karl Lauterbach: «Den endemischen Zustand werden wir bis Ende des Jahres erreicht haben, wir sind praktisch da.»

Welche Rolle spielen die Impfungen?

Kurz gesagt: Derzeit eine sehr wichtige. Denn der Übergang in den endemischen Zustand kann nur durch eine ausreichende Immunität in der Bevölkerung erreicht werden, wie das bei der saisonalen Grippe schon seit Langem der Fall ist.

Und so schränkt auch Drosten ein, dass die Impfquote in Deutschland derzeit noch zu niedrig sei. Durch die vielen Impfgegner und -verweigerer im Land könne sich der Übergang zur Endemie weiter verzögern.

In der Schweiz sieht es hinsichtlich der Impfrate derzeit sogar noch schlechter aus als in Deutschland. 

Mit Material von dpa und sda.