Bergsteiger lassen Träger am K2 sterben Witwe: «Dieses Mal musste er mehr Geld verdienen»

tgab

9.8.2023

Drama auf dem K2: 50 Leute steigen über sterbenden Mann

Drama auf dem K2: 50 Leute steigen über sterbenden Mann

Erschreckende Szenen müssen sich auf dem K2, dem zweithöchsten Berg der Erde, abgespielt haben. Ein Österreichischer Bergsteiger erzählt.

09.08.2023

Am 27. Juli stürzt der pakistanische Träger Mohammad Hassan kurz unter dem Gipfel des K2 ab. Niemand hilft ihm, er stirbt. Nun wird klar: Er arbeitete das erste Mal auf den oberen Hängen, weil er in Geldnot war.

tgab

9.8.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Drohnenaufnahmen zeigen, wie Dutzende Bergsteiger*innen am K2 über einen verunfallten Mann klettern, um auf den Gipfel zu gelangen, satt ihm zu helfen. Er stirbt.
  • Es handelt sich um den pakistanische Träger Mohammad Hassan.
  • Seine Kollegen beobachteten, dass sich seine Ausrüstung nicht für einen Gipfelvorstoss am K2 eignete.
  • Hassan arbeitete das erste Mal auf den oberen Hängen, er wollte Geld für die Behandlung seiner kranken Mutter verdienen.

Der 8611 Meter hohe K2 – der zweithöchste Berg der Welt – ist ein beliebtes Ziel für Extrem-Bergsteiger. Manche sind auf Rekordjagd, andere wollen ihr Ego pushen. Der K2 gilt unter Bergsteigern als deutlich anspruchsvoller als der Mount Everest.

Zahlreiche Helfer vor Ort bereiten den Aufstieg für die gut zahlende Klientel vor. Manche transportieren Ausrüstung und Lebensmittel zum Basiscamp auf 5120 Metern Höhe, andere fixieren in den höheren Lagen Seile für die Touristen-Gruppen.

Einer davon war der pakistanische Träger Mohammad Hassan. Am 27. Juli stürzte er am sogenannten Bottleneck ab, einer schmalen Rinne, die von Spitzen aus dem Eisfeld östlich des Gipfels überragt wird. Eine Dreiviertelstunde hing er an den Seilen kopfüber mit blossen Beinen in der Kälte, bis ihn jemand hochzog, wie später aus Augenzeugenberichten rekonstruiert wird.

Drohnenaufnahmen des Kameramanns Philipp Flaemig zeigen, wie Dutzende Bergsteiger*innen über ihn hinwegklettern, um auf den Gipfel zu gelangen, statt ihm zu helfen. Hassan stirbt.

Leiche liegt am nächsten Tag noch an der Unglücksstelle

Der Träger arbeitete für die Lela Peak Expedition, einem Unternehmen, das auf Trekking- und Bergtouren in der Region Baltistan spezialisiert ist. Alex Abramovs Seven Summit Club beauftragte ihn, den Seilmonteuren beim Gipfelvorstoss zu helfen.

«Wir wissen nicht, was wirklich passiert ist, weil er unseren Mitgliedern und der Sherpa-Gruppe voraus war», sagt Abramov  dem «ExplorersWeb». «Die Mitglieder haben erst gesehen, dass in der Traverse etwas an den Seilen passiert ist.»

«Ich weiss nicht, warum niemand versuchte, ihn zu retten. Die Leute mussten auf dem Weg zum Gipfel buchstäblich über ihn hinwegspringen», berichtet Luis Soriano dem Fachportal. Der Bergsteiger gehörte zum zweiten Seven-Summit-Club-Team, das einen Tag später den Gipfel erreichte. «Am nächsten Tag kam ich an diesem Ort vorbei und die Leiche lag noch dort. Eine Tragödie.»

Eine Witwe, eine kranke Mutter und drei kleine Kinder

Auch der Tiroler Hotelier und Bergsteiger Wilhelm Steindl war am 27. Juli am K2 unterwegs. Allerdings kehrte er schon vor dem Flaschenhals wegen der gefährlichen Verhältnisse am Berg um. Zwei Lawinen waren bereits abgegangen. Zusammen mit Philipp Flaemig sichtet er später im Basiscamp dessen Drohnenaufnahmen. Sie sind schockiert.

Flaemig und Steindl sammeln von ihren Expeditionskameraden Geld für Hassans Familie. Nach dem Abstieg vom Berg besuchen sie seine Witwe. «Sie sagte, es sei sein erstes Mal auf den oberen Hängen des K2 gewesen», berichtet Flaemig auf «ExplorersWeb».

Zuvor habe er nur als Träger zum Basislager gearbeitet, aber dieses Mal habe er mehr Geld verdienen müssen, um die Behandlung seiner kranken Mutter zu finanzieren. Die Mutter sei bei seinem Besuch ebenfalls zu Hause gewesen. Hassan hinterlässt ausserdem drei kleine Kinder.

Einige seiner Kollegen hatten laut Berichten beobachtet, dass Hassan nicht sehr erfahren und dass seine Ausrüstung für einen Gipfelvorstoss am K2 nicht ausreichend war. Sein Arbeitgeber Lela Peak Expeditions hat sich dazu noch nicht geäussert.


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