Das Geschäft blüht, die Umwelt zittert Putin baut seine «Schattenflotte» aus und liefert Öl, wohin er will

tbz

14.10.2024

Die russische Ust Luga wird in der Nähe von Oslo von Greenpeace-Aktivisten blockiert.
Die russische Ust Luga wird in der Nähe von Oslo von Greenpeace-Aktivisten blockiert.
Bild: KEYSTONE

Trotz internationaler Sanktionen floriert der Handel mit russischem Öl. Dabei setzt Putin immer stärker auf sogenannte «Schattentanker». Experten warnen vor einer  unmittelbar bevorstehenden Öl-Katastrophe.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Russland verkauft trotz internationaler Sanktionen weiterhin Öl.
  • Dafür setzt der Kreml auf eine sogenannte «Schattenflotte» aus alten Tankern.
  • Diese Tanker werden ständig umbenannt und fahren unter wechselnden Flaggen. Das Ziel ist es, die Herkunft des Öls zu verschleiern.
  • Experten warnen, dass die schlecht gewarteten Schiffe eine Gefahr für die Umwelt darstellen und eine Ölkatastrophe droht.

Wie die «New York Times» berichtet, investiert Russland massiv in den Ausbau seiner sogenannten «Schattenflotte». Dabei handelt es sich um ein Sammelsurium alter, oft schlecht gewarteter Tanker, die ständig umbenannt werden und unter wechselnden Flaggen fahren. 

Wie das dänische Investigativ-Medienhaus «Danwatch» und das deutsche «ZDF» bereits im Frühjahr berichteten, manipulieren diese Tanker auch Schiffsdaten, und lassen auf offener See bei sogenannten «Schiff-zu-Schiff-Transfers» russisches Öl von einem Schiff auf ein anderes pumpen. All das, um die Herkunft des Öls zu verschleiern, das nach dem Weiterverkauf in Länder wie China, Indien oder der Türkei oft in westlichen Ländern landet.

Seit Jahren umgeht Russland so die internationalen Sanktionen im Ölgeschäft. Wie die «New York Times» nun berichtet, wächst diese Flotte rasant an. So soll Putin in den letzten Jahren rund 10 Milliarden Dollar in den Ausbau seiner «Schattenflotte» investiert haben. Fast 70 Prozent des russischen Öls, das per Schiff transportiert wird, soll mittlerweile mit diesen Tankern befördert werden.

Grosse Ölkatastrophe steht «kurz bevor»

Gemäss dem Institut der Kiewer Wirtschaftshochschule steige dadurch die Chance auf eine grosse Ölkatastrophe stark an. «Es gab in den letzten Monaten mehrere Fälle, in denen Schattentanker an Kollisionen beteiligt waren oder beinahe auf Grund gelaufen wären», zitiert die «New York Times» aus einem Bericht des Instituts. Grosse Ölverschmutzungen seien bisher zwar vermieden worden, aber die eine grosse Katastrophe stehe «kurz bevor», heisst es.

Auch Martin Lidegaard, Chef der dänischen sozialliberalen Partei, bezeichnete die Tanker bereits als «tickende Zeitbomben». Gemäss «Danwatch» sind viele der Schiffe veraltet, schlecht gewartet und von Rost durchsetzt.

Das Kiewer Institut drängt darauf, dass die westlichen Länder gegen die Umgehung der russischen Sanktionen vorgehen, indem sie sogenannte «schattenfreie» Zonen einrichten. Dort sollen von den Schiffen umfassendere und überprüfbare Vorschriften verlangt werden und Sanktionen bei Verstössen ausgeweitet werden können. Darüber hinaus sollen Schiffe, die gegen Regeln verstossen, in internationalen Gewässern gestoppt werden können.

Sanktionen trotzdem ein Erfolg?

Die US-Regierung steckt derweil in einem Dilemma. Eigentlich sollte sie darauf drängen, dass die Sanktion härter durchgesetzt werden. Aufgrund der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen halten sich die Politiker aber aktuell bedeckt.

Zwar wollen sie die russische Wirtschaft schwächen, aber gleichzeitig die Ölversorgung sicherstellen und damit verhindern, dass die Benzinpreise vor den Wahlen in die Höhe schnellen. Daher zögern sie, härtere Massnahmen gegen die «Schattenflotte» zu ergreifen, schreibt die «New York Times».

Ein US-Beamter, der anonym bleiben möchte, sagte gegenüber der Zeitung, es sei nicht überraschend, dass Putin Wege gefunden habe, die Sanktionen zu umgehen. Die Tatsache, dass die russischen Ölpreise im Vergleich zu anderen Ländern niedrig bleiben und Putin Milliarden ausgeben musste, um die Obergrenze zu umgehen, mache die Sanktionen aber trotzdem zu einem Erfolg.