Drohungen und Grenz-Geplänkel Russland macht die Ostsee unsicher

Philipp Dahm

27.5.2024

Einfach erklärt: Darum ist Finnlands Nato-Beitritt für Putin eine Katastrophe

Einfach erklärt: Darum ist Finnlands Nato-Beitritt für Putin eine Katastrophe

Finnlands Beitritt zur Nato wird teuer: Russland muss die 1340 Kilometer lange Grenze zum Neumitglied sichern, die zudem den Murmansk-Korridor zur Halbinsel Kola bedroht – inklusive des Atom-Arsenals.

12.04.2023

Moskau geht in der Ostsee in die Offensive: Russland warnt Dänemark vor  Einschränkungen im Skagerrak, will Seegrenzen verschieben und entfernt estnische Grenz-Bojen. Schweden fürchtet derweil um Gotland.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ungewöhnlich scharf hat Moskau Dänemark Anfang Mai davor gewarnt, russischen Schiffen die Skagerrak-Durchfahrt zu verweigern.
  • Die russische Schattenflotte macht den Ostsee-Anrainern zu schaffen: Es herrscht Angst vor Öl-Unfällen und Sorge um mögliche Spionage.
  • Gotland steht im Fokus des russischen Interesses: Schweden kündigte eine Aufrüstung der Insel an.
  • Für Aufruhr sorgte ein russischer Vorstoss, einseitig die Maritimen Grenzen zu verschieben.
  • Russland hat heimlich estnische Grenz-Bojen aus dem Fluss Narva entfernt.

Mit dem Beitritt Finnlands und Schweden ist die Ostsee endgültig zu einem Nato-Gewässer geworden: Für Moskau ist das ein Problem, denn das Nebenmeer verbindet den zweitgrössten russischen Hafen St. Petersburg mit dem Atlantik. Das frühere Leningrad zählt neben Kaliningrad zu den wenigen Häfen des Landes, die das ganze Jahr über eisfrei sind.

Den Atlantik können russische Schiffe nur noch über einen schmalen Ostsee-Korridor erreichen, durch den der internationale Seeweg führt. Eingeschränkt wird die Seefahrt in einem Bereich von 12 Seemeilen um die Landmassen herum, was 22 Kilometern entspricht: Im Küstenmeer hat die angrenzende Nation das Sagen.

Dahinter folgt die ausschliessliche Wirtschaftszone (AWZ), die bis zu 370 Kilometer oder 200 Seemeilen ins Meer hinausragt. In diesem Bereich können sich Schiffe zwar frei bewegen, doch Fischerei oder die Nutzung der Bodenschätze dürfen nur von dem Staat betrieben werden, dem die AWZ gehört.

Russlands ausschliessliche Wirtschaftszonen in der Ostsee sind verschwindend klein.
Russlands ausschliessliche Wirtschaftszonen in der Ostsee sind verschwindend klein.
Commons/B1mbo

Dass Moskau sich mit dieser Situation nicht wohlfühlt, zeigt sich Anfang Mai: Da warnt der Kreml Dänemark ungewohnt scharf davor, den russischen Schiffsverkehr durch das Skagerrak einzuschränken, der Nord- und Ostsee miteinander verbindet.

Russland droht Dänemark mit Vergeltung

Laut dänischen Medienberichten hat der russische Aussenminister Kopenhagen wissen lassen, dass solche Versuche als feindlicher Akt betrachtet würden – Vergeltung inklusive. Warum Moskau so schneidig agiere, sei aber nicht ganz klar.

Commons/Maximilian Dörrbecker

Zuletzt soll es jedoch Probleme mit russischen Handelsschiffen gegeben haben, die nicht versichert gewesen sein sollen oder Umwelt-Auflagen nicht erfüllten. Alleine im März hätten ausserdem 15 russische Schiffe dänische Lotsendienste abgelehnt.

Wichtige Wasserstrassen: Verkehrsströme in der Ostsee 2019. Insgesamt sind 327'000 Schiffsbewegungen dargestellt.
Wichtige Wasserstrassen: Verkehrsströme in der Ostsee 2019. Insgesamt sind 327'000 Schiffsbewegungen dargestellt.
Generaldirektion Wasserstrassen und Schifffahrt

Diese Schiffe gehören grossteils zu Russlands Schattenflotte, die unter Umgehung westlicher Sanktionen mit Öl handeln: Diese Schattenflotte in der Ostsee ist für das Gros dieser Exporte verantwortlich. Gleichzeitig dient sie aber auch der Spionage, schreibt das Center for European Policy Analysis (CEPA). 

«Schattenflotte stellt ein Problem dar»

Die vermeintlich zivilen Schiffe seien erstaunlich gut ausgerüstet: «Wir finden beispielsweise Antennen und Masten, die normalerweise nicht zu einem Fischereifahrzeug gehören», sagt dazu Konteradmiral Ewa Skooh Haslum dem schwedischen Fernsehen. «Es ist also klar, dass wir das Gefühl haben, dass die Aktivitäten auf See manchmal auch andere Ziele verfolgen.»

Noch deutlicher wird Aussenminister Tobias Billström: «Es besteht ein sehr breiter Konsens darüber, dass die Schattenflotte ein Problem darstellt.» Zuletzt hat sich sogar Schwedens Armeechef Micael Bydén geäussert – und davor gewarnt, dass Moskau die Insel Gotland im Visier hat. Sie liegt nur 245 Kilometer von Kaliningrad entfernt, die wie ein Flugzeugträger in der Ostsee – und ist deshalb für die Nato extrem wichtig.

Markiert: Kage von Gotland in der Ostsee.
Markiert: Kage von Gotland in der Ostsee.
Google Earth

«Es gab Zeiten, in denen wir unsere militärische Präsenz auf Gotland so weit reduziert haben, dass wir nur noch eine Truppe der freiwilligen Heimwehr dort hatten», erklärt Bydén dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland». «Diese friedlichen Zeiten sind vorbei. Der Krieg in der Ukraine hat die politische Lage in Europa verändert und wir mussten Gotland massiv aufrüsten.»

«Wer Gotland kontrolliert, der kontrolliert die Ostsee»

Bydén ist sich sicher, «dass Putin sogar beide Augen auf Gotland geworfen hat». Der Grund: «Wer Gotland kontrolliert, der kontrolliert die Ostsee.» Der Kreml beobachte genau, was an den Ein- und Ausgängen der Ostsee geschehe. «Für Putin ist die Ostsee genauso wichtig, wie es für uns wichtig ist, dass sie offen und sicher bleibt.»

Russlands Baltische Flotte vor Anker in Kronstadt.
Russlands Baltische Flotte vor Anker in Kronstadt.
Archivbild: IMAGO/Pond5 Images

Nicht nur Schweden und Dänemark bereitet die Schatten-Flotte Kopfzerbrechen. Auch Finnland macht sich Sorgen, dass beim Umladen von Öl in der Ostsee eine Umweltkatastrophe geschehen könnte – und kooperiert nun mit Grossbritannien, um maritimes Recht durchzusetzen, berichtet der «Guardian».

Die Nervosität der Ostsee-Anrainer wird von den russischen Behörden weiter angestachelt: Ein Vorschlag des Verteidigungsministeriums in Moskau, einseitig die maritimen Grenzen in dem Nebenmeer zu verschieben, hat für Aufruhr gesorgt. Am 22. Mai wurde der entsprechende Text wieder von der Website gelöscht, berichtet «Reuters».

Russland entfernt nachts estnische Grenz-Bojen

Es scheint, als wenn Wladimir Putin den Westen ganz bewusst anstachelt. In der Nacht auf den 23. Mai hat russische Grenzwacht offenbar 20 estnische Bojen im Grenzfluss Narva entfernt, die die Schiffslinie markiert haben – siehe unten stehendes Video.

Der Hintergrund: 2023 hat Moskau die Position von etwa 125 der 250 Genz-Bojen als falsch kritisiert. Nun macht der Kreml offenbar Nägel mit Köpfen. «Diese russische Tat, die im Dunkel der Nacht durchgeführt worden ist, passt in das grössere Muster von Russlands provokantem Verhalten», äussert sich dazu das Aussenministerium in Tallin.

Krieg in der Ukraine

Seit Ende Februar 2022 tobt in der Ukraine nach der Invasion russischer Truppen ein erbitterter Krieg. blue News informiert dich im Ukraine-Ticker zu den aktuellen Entwicklungen rund um den Konflikt.

Der Kreml nutze die Grenzen, um Ärger zu machen, was zuletzt auch Litauen und Finnland zu spüren bekommen hätten. Estland werde den «provokanten Grenz-Zwischenfall» in Moskau thematisieren sowie eine Erklärung und die Rückgabe der Bojen einfordern. Mit den Verbündeten stehe man im Kontakt, um «weiter Russlands bösartige Aktivitäten in Europa zu kontern».

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