Viele Fragezeichen Olympia-Verschiebung: Kann das überhaupt funktionieren?

Von Luca Betschart

25.3.2020

Für IOC-Präsident Thomas Bach beginnt die Arbeit jetzt erst richtig.
Für IOC-Präsident Thomas Bach beginnt die Arbeit jetzt erst richtig.
Bild: Keystone

Auf Druck der nationalen Verbände entschloss sich das IOC am Dienstag für eine vorzeitige Verschiebung der Olympischen Sommersiele in Tokio. Die Probleme sind somit aufgeschoben – aber nicht aufgehoben.

Zunächst kündigte das Internationale Olympische Komitee (IOC) am vergangenen Sonntag an, sich mit dem Entscheid über eine allfällige Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio noch vier Wochen Zeit zu geben. Wenig später und nach vehementen Protesten einiger Nationen musste die Hoffnung auf die planmässige Durchführung dann doch schnell begraben werden. Weil auch eine Verlegung in den Herbst aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie ein zu grosses Risiko darstellt, sollen die Spiele nun erst im nächsten Jahr über die Bühne gehen. Die Konsequenzen des historischen Entscheids sind gravierend.

Ein erstes grosses Problem ist der bereits jetzt prall gefüllte internationale Sportkalender. Einen Termin zu finden, der an allen anderen Grossereignissen der verschiedenen Sportarten vorbeikommt, stellt das IOC vor eine grosse Herausforderung. «Das geht nicht in einem Telefongespräch», sagt IOC-Chef Thomas Bach. Denn Olympia sei der komplexeste Anlass auf diesem Planeten.



Für den Moment gelten vor allem zwei Szenarien als wahrscheinlich: Entweder Olympia wird 2021 wie ursprünglich vorgesehen im Sommer ausgetragen und damit kurz nach der ebenfalls um ein Jahr verschobenen Fussball-EM (11. Juni bis 11. Juli). Die Rede ist aber auch von einer möglichen Durchführung im Mai, wenn die Temperaturen in Tokio angenehmer sind.

Dicht gedrängter Sportkalender

Ob im Mai oder Ende Juli – Terminkollisionen sind unvermeidlich. Für die Tennisprofis steht Ende Mai das Grand-Slam-Turnier in Roland Garros an, bevor es im Juni in Wimbledon zur Sache geht. Für die Schwimmer gilt es an der Weltmeisterschaft ab dem 26. Juli ernst. Und mit der Leichtathletik-WM in den USA folgt das nächste Grossereignis ab dem 6. August. 



Aber nicht nur andere Grossevents schränken das IOC in der Terminwahl ein. Es besteht auch die Gefahr, dass die teilweise nur für eine temporäre Nutzung gebauten Sportstätten in Tokio in einem Jahr gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Ob man die gleichen Einrichtungen wieder buchen kann – wie beispielsweise das Pressezentrum im «Big Sight Exhibition Centre» – steht in den Sternen. Insgesamt werden für die Spiele stolze 43 Sportstätte benötigt.

Werden die Karten neu gemischt?

Das Olympische Dorf, das Platz für über 10'000 Sportlerinnen und Sportler bietet, sollte ursprünglich unmittelbar nach den Spielen wieder dem Erdboden gleichgemacht oder vermietet werden. Die entsprechenden Verträge seien bereits unterzeichnet – was nun mit den temporären Unterkünften passiert, ist unklar.

Sonnenklar ist dagegen, dass auch im Tourismus hohe Verluste drohen. Für die geplante Austragung in diesem Sommer sind bereits Millionen Hotelbuchungen eingegangen, inklusive einhergehender Anzahlungen. Wie damit umgesprungen wird, bringt das nächste Fragezeichen.

Und was passiert in den einzelnen Sportarten? Werden die Karten im Rennen um Olympiatickets nun komplett neu gemischt oder bleibe bereits qualifizierte Athleten auch für 2021 startberechtigt? Wird die Weltrangliste vorerst eingefroren? Die Antworten, die gefunden werden müssen, dürften die Ausgangslage in einzelnen Sportarten entscheidend verändern. Klar ist: Für die IOC-Koordinierungskommission und das Organisationskomitee beginnt die Arbeit nun erst recht.


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