Jahrestag Ikone ohne Ablaufdatum: Mit Muhammad Ali ging «The Greatest of All Time»

SDA

3.6.2020 - 04:34

Am 1. Juni 2016 verstarb Muhammad Ali im Alter von 74 Jahren. Mit der Box-Ikone verlor der Sport einen seiner bemerkenswertesten Athleten und eine der grössten Persönlichkeiten aller Epochen.

39 Jahre sind seit dem letzten Gong der unvergleichlichen Karriere von Muhammad Ali vergangen. Dieser hat sich seinen Ruhm als Ikone ohne Ablaufdatum aber nicht nur mit überragenden sportlichen Fähigkeiten und als dreifacher Schwergewichts-Weltmeister erworben.

Rassenprobleme, Klassenkampf, die Dritte Welt, seinen dritten Kampf gegen Joe Frazier oder über seine insgesamt vier Ehefrauen – über alles konnte Ali referieren. Mit scharfem Verstand, Witz und Eloquenz sorgte der charismatische Boxer auf jedem Parkett für beste Unterhaltung. Sein Engagement gegen Rassismus und Krieg machten Ali aber zu einer der schillerndsten Figuren weit über das Seilviereck hinaus.

Lizenz-Entzug für Standhaftigkeit

Als er 1996 schon gezeichnet von seiner Parkinson-Krankheit in Atlanta das olympische Feuer entzündete, sorgten die Bilder weltweit für Ergriffenheit. Ali zeigte indes auch sonst Haltung. Er bewies, dass ihm nicht allein Ruhm im Ring wichtig war. Ali machte weltweit Schlagzeilen durch seine Verweigerung des Militärdienstes während des Vietnam-Kriegs.

Ali war bereit, den Preis dafür in Form eines dreieinhalbjährigen Entzugs der Boxlizenz und des Verlusts seines WM-Titels zu zahlen. Es war dies wohl auf dem Höhepunkt seines Könnens zwischen dem 26. und 29. Altersjahr. Mit dem Ende seiner Sperre verlor er seine Leichtfüssigkeit, aber nie seine Aura als Ausnahmekönner und Zuschauer-Magnet. Alis Kämpfe fesselten Generationen auf allen Kontinenten.



Es folgten nach der Vietnam-Sperre die unvergesslichen drei Klassiker gegen Joe Frazier (1971 Punktniederlage, 1974 Punktsieg, 1975 K.-o.-Sieg in der 15. Runde). Das dritte Duell ging als die wohl grösste Ringschlacht in die Boxgeschichte ein: Im «Thrilla in Manila» lieferten Ali und Frazier einander am 1. Oktober 1975 bei tropischer Hitze einen gnadenlosen Schlagabtausch über 14 Runden, ehe Frazier auf Geheiss seines Trainers aufgab.

Alis erfolgreiche Comebacks gegen Ken Norton, gegen den er den ersten von insgesamt drei Kämpfen mit 1:2 Richterstimmen verloren hatte (nach Kieferbruch in der zweiten Runde), sowie der zweite und dritte Gewinn des Schwergewichts-WM-Titels gegen George Foreman (1974) beziehungsweise Leon Spinks (1978) schrieben Sportgeschichte.

«Rumble in the Jungle»

Unvergessen bleibt dabei der «Rumble in the Jungle» 1974 gegen Foreman. Dieser Kampf gilt bis heute als der bedeutendste Boxkampf der Geschichte. Es war das Aufeinandertreffen zwischen dem ungeschlagenen K.-o.-König und Schwergewichts-Weltmeister George Foreman (damals 26) und dem 32-jährigen Ali vor 100'000 Zuschauern in Kinshasa in der heutigen Demokratischen Republik Kongo.

War nie um einen Spruch verlegen: Muhammad Ali.
War nie um einen Spruch verlegen: Muhammad Ali.
Bild: Getty

Im Kampf zog sich Ali in die Ringseile zurück und machte den Champion mit seinen als Konter geschlagenen, unkonventionellen rechten Jabs, aber auch mit abschätzigen Zurufen rasend. Der jüngere, grössere, stärkere und härter schlagende Foreman powerte sich richtiggehend aus. Ali nutzte dies in der 8. Runde kaltblütig aus: Er löste sich blitzschnell von den Seilen, schlug und traf innerhalb einer Sekunde mehrfach.

Die letzte rechte Gerade traf den bereits taumelnden Titelverteidiger präzis am Kinnwinkel – Foreman ging zu Boden und wurde ausgezählt. Ali war zum zweiten Mal Schwergewichts-Weltmeister.

Aus Wut über Velo-Diebstahl zum Boxen

Ali war mehr durch Zufall als durch Bestimmung zum Boxen gekommen. Der zwölfjährige Cassius Clay (später Muhammad Ali) hatte sich fürchterlich über den Diebstahl seines Velos aufgeregt, als ihm der Polizist Joe Martin begegnete. «Wenn ich den Dieb erwische, werde ich ihn fürchterlich verprügeln», fauchte der aus einer Mittelschicht-Familie stammende Clay. Martin beruhigte den Knaben und fragte ihn: «Findest Du nicht, dass Du erst einmal kämpfen lernen solltest. Komm doch einmal in mein Gym.» Martin betreute Ali bis zu dessen Olympiasieg 1960.

Nachdem Ali bei der Rückkehr von Olympia in Rom zu Hause als «Nigger» beschimpft wurde, warf er seine Goldmedaille in den Ohio River. Im Oktober gleichen Jahres startete er seine Profi-Karriere.

Der Kampf von Zürich

Für Schweizer Box-Fans bleibt der 26. Dezember 1971 unvergessen, als Ali im Zürcher Hallenstadion in einem Nicht-Titelkampf den Deutschen Jürgen Blin durch K. o. in der 7. Runde besiegte.

Der vor 20 Jahren verstorbene Schweizer Tausendsassa Hansruedi Jaggi hatte Ali seinerzeit in die Schweiz geholt. 1997 gab Jaggi das heute vergriffene Kult-Video «Muhammad Ali – The Baddest Daddy in the Whole World» heraus, das in 50 Minuten ohne Kommentar den Zürcher Aufenthalt des dreifachen Schwergewichts-Weltmeisters mit Mono- und Dialogen dokumentiert.

Im Video sieht man einen wissensdurstigen, philosophierenden, ebenso neugierigen wie weisen, aber auch humorvollen Ali. So schaut man Ali beim «Zaubern» mit Tochter Hanna zu, beim Schuhkauf an der Langstrasse (Grösse 47) oder beim Jogging auf den Üetliberg.

Verspäteter Rücktritt

Spätestens nach dem zweiten Kampf gegen Leon Spinks, mit dem Ali als erster Boxer zum dritten Mal Schwergewichts-Weltmeister wurde, hätte Ali im Alter von 36 Jahren endgültig zurücktreten sollen. Er tat es nicht, nahm im Oktober 1980 gegen seinen ehemaligen Sparringspartner Larry Holmes einen neuerlichen, demütigenden WM-Anlauf, den sein Trainer und langjähriger Wegbegleiter Angelo Dundee nach zehn Runden abbrach.

Seinen endgültigen Abschied vom Boxsport gab Ali aber erst im Dezember 1981, als er auch noch Trevor Berbick unterlag. Der Kampf war in Nassau auf den Bahamas ausgetragen worden, weil in den USA niemand das Risiko übernehmen wollte.

Ob die Kopftreffer beim Boxen die Parkinson-Krankheit ausgelöst oder gefördert haben, ist nicht bewiesen. Ali hat in seiner Karriere rund 29'000 Schläge an den Kopf bekommen, wie Statistiker ermittelten. Er selbst betrachtete die Krankheit als «Test Gottes».

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