Interview zu Mäders Tod Cancellara: «Gino war ein Herzensmensch»

Von Martin Abgottspon

25.6.2023

Der Tod von Gino Mäder hat Fabian Cancellara hart mitgenommen.
Der Tod von Gino Mäder hat Fabian Cancellara hart mitgenommen.
Imago

Nach einigen Tagen Distanz hat sich Fabian Cancellara jetzt erstmals zum Tod von Gino Mäder geäussert. Der Schicksalsschlag geht ihm sehr nah, weil er in Mäder weit mehr als einen  talentierten Radfahrer sah.

Von Martin Abgottspon

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Fabian Cancellara beschreibt seine tiefgreifende Traurigkeit und seine Notwendigkeit, Zeit für sich alleine zu nehmen, um den Verlust von Gino Mäder zu verarbeiten.
  • Nach Mäders Tod zog sich Cancellaras Team von der Tour zurück und die Fahrer fanden jeweils individuelle Wege, mit der Tragödie umzugehen.
  • Cancellara beschreibt den Prozess der Trauerbewältigung als eine laufende Reise und betonte seine Bereitschaft, Ginos Familie in jeder möglichen Weise zu unterstützen.

Fabian Cancellara war an einem Waldrand, als er den schrecklichen Anruf über Gino Mäders Tod erhielt. Der frühere Spitzenfahrer war überwältigt von tiefer Traurigkeit, wie er in einem Interview mit «Blick» jetzt verrät: «Es war eine ganze Woche so», erinnert sich Cancellara. Er lehnte deshalb auch alle Interviewanfragen ab und verbrachte Zeit alleine, um mit der Nachricht fertig zu werden. Ausserdem fuhr er lange Touren mit dem Fahrrad, um seinen Geist zu beruhigen.

Mäder, der wenige Wochen vor seinem Tod das Service Course von Tudor Pro Cycling in Magglingen besuchte, wird von Cancellara als ein «Herzensmensch» beschrieben. Cancellara erinnert sich beispielsweise an Mäders Überraschung, als ihm nach der regnerischen Anfahrt eine Dusche angeboten wurde, und an sein Glück, als er bei einer anderen Gelegenheit seinen Hund Pello mitbringen durfte. «Gino war offen, neugierig und einfach nett», sagt er.

Ein Schock für das Team

Cancellara musste aber nicht nur allein mit dem Tod fertig werden. Als Leiter des Schweizer Teams Tudor Pro Cycling hat er neu ein ganzes Team unter sich, das nach der traurigen Nachricht unter Schock stand. Als Konsequenz zog sich die ganze Mannschaft von der Tour zurück und jeder Fahrer fand seine eigene Art, mit der Tragödie umzugehen. Einige wollten sprechen, andere spielten Golf, und einige fuhren mit dem Fahrrad um den Sempachersee oder gingen einfach zu ihren Lieben nach Hause.

Für Cancellara war es eine Art Déjà-Vu. 2011 kam sein damaliger Teamkollege Wouter Weylandt bei einer Abfahrt am Passo del Bocco während des Giro d'Italia ums Leben. Bei Cancellara kamen alle Erinnerungen nochmal hoch. «Ich kannte meine ganz persönliche Art, mit solchen Tragödien umzugehen. Ich brauche dafür Zeit, muss meine Gedanken ordnen, mit mir alleine sein.»

Cancellara beschreibt den Prozess der Trauerbewältigung als eine laufende Reise. «Die Traurigkeit kommt immer wieder, manchmal völlig unerwartet. Aber ich habe auch schon geschmunzelt, als ich an die Gespräche mit Gino zurückgedacht habe», sagt er.

Die grosse Anteilnahme an der Trauerfeier auf der offenen Rennbahn Oerlikon berührte Cancellara tief und half ihm auch bei seiner eigenen Trauer. Er versprach, dass er immer für Ginos Familie da sein wird, wenn sie ihn braucht.

«Warum um Gottes Willen muss man solche Pässe einbauen?»

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