Der traditionelle Riesenslalom von Adelboden lockt im vergangenen Januar mehr als 25'000 frenetische Ski-Fans ins Berner Oberland. Marco Odermatt verwandelt den Zielbereich am Chuenisbärgli mit seinem wilden Ritt in einen Hexenkessel.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Bei frühlingshaften Verhältnissen gewinnt Marco Odermatt im vergangenen Januar überlegen den Riesenslalom von Adelboden. Vor allem der wilde Ritt im zweiten Lauf lässt Zuschauer, Experten und Kommentatoren fassungslos zurück.
- Im Zielraum herrscht während und nach dem Rennen pure Euphorie. Bis tief in die Nacht wird gefeiert – und überall wo der grosse Sieger auftaucht, herrscht Chaos.
- Bereits in gut einem Monat gastieren die Riesenslalom-Cracks erneut im Berner Oberland. Sorgt Odermatt dann für die nächste Schweizer Ski-Party?
Strahlend blauer Himmel, frühlingshafte Temperaturen und kein Schnee – die Ski-Fans, die sich am 7. Januar 2023 aufmachen ins Berner Oberland, fühlen sich im falschen Film. Einzig ein schmaler, weisser Streifen in der grünen Landschaft lässt darauf schliessen, dass man sich keinesfalls im Datum geirrt hat und am Chuenisbärgli an diesem Tag tatsächlich ein Skirennen stattfindet. Und was für eines.
Mehr als 25'000 frenetische Fans strömen am frühen Samstagmorgen nach Adelboden, um die Ski-Cracks bei ihrer Arbeit zu beobachten. Bereits im Bus nach Adelboden ist nicht zu überhören, welcher Ausnahmeathlet die Massen besonders begeistert. Kaum ist das Chuenisbärgli aus der Ferne zu erkennen, wird der «Odi-Song» ein erstes Mal angestimmt – bei weitem nicht zum letzten Mal.
Ein wilder Ritt mit Schrecksekunde
Denn der Nidwaldner liefert einmal mehr, distanziert die Konkurrenz bereits im 1. Lauf und lanciert das Schweizer Ski-Fest damit schon am Vormittag. Dank Loïc Meillard auf Zwischenrang 3 kommen zudem Hoffnungen auf einen Doppelsieg auf. Allerdings hat der Zweitplatzierte Henrik Kristoffersen dagegen etwas einzuwenden und versucht sich im 2. Lauf als Spielverderber.
Tatsächlich zaubert der Norweger eine Traumfahrt in den Schnee, verdrängt Meillard von der Spitze und lässt die Zuschauer im Zielraum für einen kurzen Moment verstummen. Kann Odermatt das überhaupt noch toppen?
Was folgt, ist mit Worten schwierig zu beschreiben. Odermatt fliegt förmlich über das Chuenisbärgli, ist noch einmal viel schneller als der entfesselte Kristoffersen und lässt die Fans am Pistenrand toben. Und mitleiden. Denn kurz vor der Einfahrt in den Steilhang bezahlt Odermatt um ein Haar den Preis für das hohe Risiko und rettet sich in extremis vor dem Ausfall. Verblüffend: Trotz der Schrecksekunde lässt Odermatt die Konkurrenten auch in diesem Streckenabschnitt stehen.
Das Maracana der Schweiz
Als bei der letzten Zwischenzeit ein Vorsprung von 1,2 Sekunden grün aufleuchtet und Odermatt in den Steilhang einbiegt, gibt es im Zielraum, vor dem TV oder am Mikrofon kein Halten mehr. «Jetzt dürfen Sie gleich das Maracana der Schweiz erleben, wo die 25'000 Fans sich die Kehle aus dem Leib brüllen», lässt sich selbst der ZDF-Kommentator vom Glanzauftritt mitreissen und findet auch bei Odermatts Zieleinfahrt unter tosendem Lärm die passenden Worte: «Ein Triumph. Das Grösste, was man zeigen kann, im Heimspiel so aufzudrehen. Marco, the Greatest, Odermatt – wir verneigen uns.»
Anschliessend steigt am Chuenisbärgli die grosse Party. Odi-, Odi-Rufe hallen bis tief in die Nacht durch das Weltcupdorf und überall, wo der grosse Sieger auftaucht, bricht Chaos aus. Sicherheitsleute müssen den Nidwaldner auf Schritt und Tritt begleiten, zu gross ist die Begeisterung um die Ausnahmeerscheinung. Und die Frage drängt sich auf: Was wäre am Chuenisbärgli los, wenn Odermatt in rund einem Monat seinen dritten Adelboden-Sieg in Folge einfahren kann?