Gewöhnliche Spieler treten nicht aus der Nati zurück, sie werden irgendwann nicht mehr aufgeboten. Shaqiri ist aussergewöhnlich. Und sein Rücktritt? So hervorragend getimt wie sein Seitfallzieher gegen Polen.
Keine Zeit? blue Sport fasst für dich zusammen
- Xherdan Shaqiri (32) beendet seine Nati-Karriere. Er tut dies zwar mit einem kurzen Post auf Instagram, geht aber direkt von der grösstmöglichen Bühne in Nati-Rente.
- Der Instinktfussballer braucht für einmal keine überdurchschnittlichen Instinkte, um zu wissen, dass es Zeit ist, aufzuhören. Denn Shaq ist keiner für die Bank – und seine Einsatzminuten unter Yakin wären noch weniger geworden.
- Irgendwie kommt einem bei Shaq's Rücktritt der Hit «Komet» von Apache 207 und Udo Lindenberg in den Sinn.
Nach 125 Länderspielen mit 32 Toren, 34 Assists und unzähligen Genie-Streichen gibt Xherdan Shaqiri am Montag, 32-jährig, seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekannt.
Gewöhnliche Spieler treten nicht aus der Nationalmannschaft zurück, sie werden irgendwann einfach nicht mehr aufgeboten.
Doch Shaqiri ist kein gewöhnlicher Spieler. Er war die letzten 14 Jahre der Mann für die aussergewöhnlichen Momente, der Unterschieds-, der Spektakelspieler. Kein anderer Schweizer hat seine Kreativität, seinen Instinkt, sein Gefühl im Fuss.
Sein Selbstvertrauen gepaart mit Schalk und Charme
Das ist die eine Seite, die ihn seit Jahren zum unangefochtenen Schweizer Fanliebling macht. Die andere ist seine Art neben dem Platz: genauso frech, genauso verspielt. Dieses grosse Selbstvertrauen gepaart mit diesem ihm eigenen Schalk, diesem Charme kommt an.
Im März 2010 spielt sich der Lausbub aus Basel erstmals in die Herzen der Nati-Fans. Und da ist er bis heute geblieben. Spitzbübisch auch.
Jetzt hört er auf. Mit einem kurzen Post auf Instagram sagt er tschüss. Er schreibt: «Es ist Zeit mich von der Nati zu verabschieden» und bedankt sich bei allen für die tollen Erinnerungen, die bleiben.
Wir müssen Danke sagen. Für all die unvergesslichen Momente, die dieser kleine, grosse Fussballer uns beschert hat. Für die drei Tore gegen Honduras an der WM 2014, für den Seitfallzieher gegen Polen an der EM 2016, für das emotionale Tor gegen Serbien an der WM 2018 und für vieles mehr.
Auch seine letzten Aktionen an der EM in Deutschland reihen sich nahtlos in diese magischen Shaq-Momente ein: Sein Traumtor gegen Schottland, sein schlitzohriger Versuch eines direkt verwandelten Eckballs ans Lattenkreuz gegen England.
Sein Rücktritt? So hervorragend wie sein Seitfallzieher
Sein Timing für den Rücktritt? Genauso hervorragend wie bei seinem Seitfallzieher 2016! Denn jetzt tritt Shaqiri als Superstar ab. Als einziger Spieler, der an den letzten sechs (!) Endrunden mindestens ein Tor schiessen konnte.
Der Instinktfussballer braucht für einmal keine überdurchschnittlichen Instinkte, um zu wissen, dass es Zeit ist, aufzuhören. Denn Murat Yakin, der mehr als einmal angetönt hat, dass Shaqiri in seinem System höchstens noch eine Joker-Rolle innehat, hat gerade seinen Vertrag als Nati-Trainer verlängert. An der EM in Deutschland reicht es dem Zauberzwerg gerade noch für einen Startelfeinsatz gegen Schottland und elf Minuten gegen England. Es wären künftig kaum mehr Minuten geworden.
Shaqiri mit seinem Selbstverständnis ist keiner für die Bank. Shaqiri ist kein Ergänzungsspieler – auch wenn er in Deutschland diese Rolle scheinbar vorbildlich angenommen haben soll. Shaqiri ist der Unterschieds-, der Spektakelspieler. Und weil er dies nicht mehr sein kann (oder sein darf), zieht er die Reissleine.
«Und wenn ich geh, dann so, wie ich gekommen bin (...)»
Er sagt selbst, wann Schluss ist – und geht damit aufrecht und durch die Vordertüre. Irgendwie kommt einem da der Liedtext zu «Komet» von Apache 207 und Udo Lindenberg in den Sinn. Da heisst eine Zeile: «(…) Und wenn ich irgendwo zu Hause war, dann immer dort, wo der Applaus tobt. Und wenn ich geh, dann so, wie ich gekommen bin. Wie ein Komet, der zweimal einschlägt.» Eine weitere: «Ich will einen Fussabdruck von mir, stärker als die Zeit. Und ich sage dir: ‹Kein anderer Fuss passt da noch rein›.»
In Deutschland hat er noch mal eingeschlagen wie ein Komet. Und einen Nati-Spieler, der solch tiefe Spuren hinterlassen hat, einen wie Shaq, dürften wir wohl nicht so schnell mehr erleben.