Ozempic & Co. Der neueste Diät-Hype lässt die Lebensmittel-Multis zittern

DPA, mmi

10.10.2023

Das Diabetes-Medikament Ozempic enthält den Wirkstoff Semaglutid, der zu beachtlichem Gewichtsverlust führen kann.
Das Diabetes-Medikament Ozempic enthält den Wirkstoff Semaglutid, der zu beachtlichem Gewichtsverlust führen kann.
Keystone

Medikamente wie Ozempic oder Wegowy werden als Abnehm-Helfer gerade weltweit gehypet. So sehr, dass sich die Lebensmittel-Industrie um ihr Geschäft sorgt.

DPA, mmi

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Medikamente wie Ozempic oder Wegowy sind für Menschen mit Diabetes Typ 2 gedacht.
  • Die Mittel regeln nicht nur den Insulinspiegel, sondern führen auch zu beachtlichem Gewichtsverlust. 
  • Der Grund ist der enthaltene Wirkstoff Semaglutid, der appetithemmend wirkt.
  • In den sozialen Medien haben sich die Medikamente zum Abnehm-Trend entwickelt.
  • Lebensmittelhersteller und Fast-Food-Ketten sind besorgt, dass der Hype das Konsumverhalten grundlegend ändern könnte.

Medikamente wie Ozempic oder Wegowy sollen Menschen mit Diabetes Typ 2 das Leben erleichtern. Dadurch können die Betroffenen nicht nur auf Insulinspritzen verzichten, sondern auch Körpergewicht verlieren. 

Wer das Mittel Ozempic des dänischen Herstellers Novo Nordisk einnimmt, kann bis zu 15 Prozent Gewicht verlieren. 

In den sozialen Medien ist nun ein Hype um die Appetitzügler entstanden, was die Nachfrage explodieren lässt –  so sehr, dass sich weltweit Fast-Food-Riesen, Schoggi-Hersteller oder Supermarkt-Ketten um sinkende Aktienkurse und wegbrechende Umsätze sorgen. 

Mit welchen Auswirkungen die Weltwirtschaft wegen des zweckentfremdeten Abnehmmedikaments rechnet, erfährst du hier:

Appetitzügler dürften Konsumverhalten verändern

Gemäss der Wirtschafts-Nachrichtenagentur AWP sind die Sorgen nicht ganz unbegründet. Denn es gebe erste Anzeichen, dass sich das Konsumverhalten durch die Einnahme der Appetitzügler so stark verändern könnte, dass die Konzerne die Folgen zu spüren bekommen.

Der amerikanische Supermarkt-Riese Walmart stellte bereits fest, dass Kund*innen, die die Medikamente einnehmen, weniger einkaufen. Es seien weniger Artikel und «leicht weniger Kalorien», sagte der Chef des US-Geschäfts von Walmart, John Furner, dem Finanzdienst Bloomberg.

Die Leute gäben allerdings mehr Geld für Gesundheit und Wellness aus, hatte Konzernchef Doug McMillon noch im August gesagt, um die Anleger*innen zu beruhigen. Walmart verkauft die Medikamente über Apotheken in den Supermärkten – und kann sich dadurch ein Bild vom Kaufverhalten machen. Lediglich anonymisiert, versichert der Konzern.

Diabetesmittel macht auch satt

Die sogenannten GLP-1-Präparate wie Ozempic wurden ursprünglich als Diabetes-Medikamente entwickelt. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Wirkstoff Semaglutid auch als Abnehmmittel dienen kann – auch weil er zur Folge hat, dass das Essen langsamer verdaut wird.

Das körpereigene GLP-1-Hormon wird nach dem Essen ausgeschüttet und verstärkt das Sättigungsgefühl. Einige Personen berichteten nach Semaglutid-Injektionen auch von einer tiefen Abneigung gegenüber fettigem Essen. Da der Wirkstoff das Verdauungssystem beeinflusst, können zu den Nebenwirkungen Übelkeit, Durchfall oder Erbrechen gehören. Auch kostet etwa eine monatliche Dosis des Medikaments Wegowy in den USA rund 1400 Dollar. Doch allein der rasante Gewichtsverlust einiger Promis sorgt für einen Hype.

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Experten der Bank Barclays prognostizieren, dass die Ausbreitung solcher Abnehmmittel die Nachfrage bei Anbietern von Snacks wie Chips und Fast-Food drücken könnte. Conagra, ein amerikanischer Anbieter unter anderem von Tiefkühlkuchen und Trinkschokolade, denkt bereits über kleinere Packungsgrössen nach. Andere Firmen sagen, dass man noch zu wenig Daten über das Kund*innenverhalten habe.

Druck auf Aktien

Die Stimmung der Investor*innen drückt bereits auf die Aktienpreise von Unternehmen wie Pepsico oder McDonald’s.

Bei den Restaurant-Aktien werden zudem die sogenannten Short-Seller aktiver: Börsen-Spekulanten, die in Erwartungen sinkender Kurse geliehene Aktien verkaufen – in der Hoffnung, sie später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen und mit der Differenz einen Profit zu machen.

Ein Experte der Finanzfirma Mizuho sagte im Wirtschaftssender CNBC voraus, dass das Geschäft der US-Restaurantbranche zum Jahr 2025 um 25 Milliarden Dollar schrumpfen könnte. Als Folge würden auch die Verkäufe von Restaurant-Ausstattungen, Einkäufe im Grosshandel und das Geschäft mit Essenslieferungen zurückgehen.

Analysten der Bank of America machten einen weiteren potenziellen Verlierer des Trends aus: Anbieter von kalorienarmen Tiefkühlprodukten. Denn warum sollten Leute extra Geld dafür bezahlen, wenn Medikamente gleich den Appetit bremsen?

Weniger Körpergewicht könnte Kerosin sparen

Eine Analystin der Investmentfirma Jefferies denkt unterdessen bei den Folgen eines Abnehmbooms noch weiter: Im Luftverkehr würden leichtere Passagiere mehr Gewinn bedeuten. So könne allein die US-Fluggesellschaft United Airlines rund 80 Millionen Dollar im Jahr sparen, wenn das Durchschnittsgewicht von Fluggästen dank der Mittel um rund fünf Kilogramm sinkt. Bei anderen Fluggesellschaften sei von Effekten in ähnlicher Grössenordnung auszugehen. Auch Anbieter von Fitness-Artikeln und Bekleidung könnten vom Boom der Medikamente profitieren.

Allerdings gilt wie in anderen Diätfällen: Wenn man die Mittel nicht mehr nimmt, hört auch der Appetitzügler-Effekt auf, sodass die Kilos schnell wiederkommen können.