Grundstücksdeal mit Milliardärin Streit in Dorf eskaliert – Gemeinderat tagt unter Polizeischutz

toko

13.10.2024

In der Gemeinde Breitenfurt bei Wien ist ein Streit um ein Brauprojekt eskaliert.
In der Gemeinde Breitenfurt bei Wien ist ein Streit um ein Brauprojekt eskaliert.
Karl Gruber / CC BY-SA 3.0 AT

Im niederösterreichischen Breitenfurt ist ein Streit um ein Bauprojekt vollends eskaliert. Gemeinderäte blieben aus Angst der Sitzung fern, am Ersatztermin rückte die Polizei an.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der Gemeinde Breitenfurt bei Wien ist ein heftiger Streit um ein Bauprojekt entbrannt.
  • Mehrere Gemeinderäte blieben einer Sitzung aus Angst fern, der Rat war somit nicht beschlussfähig.
  • Zum Ersatztermin war ein Sicherheitsdienst und die Polizei anwesend.
  • Nun soll eine Volksbefragung stattfinden.

Beschimpfungen gegen den Bürgermeister, Handgreiflichkeiten mit dem Amtsleiter: In der beschaulichen Gemeinde Breitenfurt nahe der österreichischen Hauptstadt Wien ist derzeit ein Streit im Gange, wie er ansonsten in ländlichen Gemeinden eher selten vorkommen dürfte.

Der Konflikt im Wiener Speckgürtel um einen Grundstücksdeal mit einer Milliardärin ist zuletzt derart eskaliert, dass die Polizei den ordnungsgemässen Ablauf der Gemeinderatssitzung sicherstellen musste.

Die fand auch nicht wie üblich im Gemeindezentrum, sondern wegen des grossen Andrangs in der Mehrzweckhalle des 7000-Einwohner-Dorfes statt, wie die österreichische Tageszeitung «Der Standard» berichtet. Demnach hat Bürgermeister Wolfgang Schredl eigens einen Sicherheitsdienst engagiert und die Polizei um Hilfe gebeten.

Denn eigentlich hätte die Sitzung bereits Ende September stattfinden sollen, zeitgleich mit einer von der Bürgerinitiative organisierten Demo. Doch mehrere Gemeinderäte blieben lieber zu Hause – aus Angst vor Übergriffen. Zuvor habe es Drohungen gegeben, heisst es.

Postwurfsendung vom Bürgermeister

Damit war der Rat nicht beschlussfähig und die Sitzung musste schliesslich verschoben werden. Noch am selben Abend jedoch soll die Situation eskaliert sein. Der Bürgermeister berichtet von Beschimpfungen, ausserdem sei er gefilmt worden. Nach eigenen Angaben habe er einen Zuseher des Raumes verwiesen, der dann vom Amtsleiter hinausbegleitet wurde, es sei zu Handgreiflichkeiten gekommen.

Der Hintergrund des Konflikts ist schnell erklärt: Auf einer grossen grünen Wiese mitten im Ort sollen ein Ärztezentrum und mehr als 800 Wohnungen entstehen. Der ansässige Arzt besteht auf den neuen Standort und droht damit, die Gemeinde andernfalls zu verlassen. Auf seiner Seite hat er immerhin den Bürgermeister. Die beiden haben dem Bericht zufolge ihrem Vorhaben auch gemeinsam mit Postwurfsendungen Nachdruck verliehen.

Im Ort jedoch gibt es beachtlichen Widerstand gegen das Projekt. So herrscht unter anderem die Sorge vor steigender Hochwassergefahr durch Flächenversiegelung, ausserdem wird eine erhebliche Zunahme des Verkehrs befürchtet. Die Gemeinde im Grossraum Wien hat durch den Pendlerverkehr eine ohnehin entsprechend grosse Belastung.

Sperrgitter vor dem Publikum

Besonders umstritten ist jedoch der Bau von gleich 800 Wohnungen. Die Gemeindeführung aus Konservativen und Sozialdemokraten argumentiert, das Unternehmen Breiteneder GmbH rund um die Milliardärin Bettina Breiteneder könne ohnehin jederzeit die Freigabe für die Bebauung des Geländes verlangen und würde Recht bekommen. Deshalb, so der Gedanke, wolle man daraus einen Vorteil für die Gemeinde machen und dort ein neues sogenanntes Primärversorgungszentrum bauen. Die Immobilienfirma der Milliardärin habe sich dazu bereit erklärt.

Aber eben nur dann, wenn in einer zweiten Phase auch die Wohnungen gebaut würden. Die Gemeinde ist also in Gesprächen mit Breiteneder, was für Entrüstung sorgt. So sei die Bevölkerung in die Entscheidung nicht eingebunden, werde unzureichend informiert.

Wie gross der Ärger ist, zeigte sich bei der Nachholsitzung am Montag. Die Wortmeldungen des Bürgermeisters waren häufig begleitet von hämischen Gelächtern und Zwischenrufen. Wer teilnehmen wollte, wurde zunächst von Sicherheitsleuten durchsucht. Zwischen den Gemeinderäten und dem Publikum wurde zudem ein Sperrgitter installiert, Polizeibeamte warteten vor der Halle.

Immerhin soll nun eine Volksbefragung stattfinden. Der genaue Wortlaut soll in einer Sitzung am 21. Oktober festgelegt werden, wohl wieder mit Polizeiaufgebot, wie es heisst.