Murat Yakin verzichtet im ersten Nati-Augebot des WM-Jahres auf die Nomination von Neulingen. Insbesondere in Zürich ist man davon durchaus überrascht.
Heimspiel – Der Fussball-Talk
«Heimspiel» liefert Standpunkte und Argumente und vertieft aus einer schweizerischen Perspektive die wichtigsten Themen des Fussballs: kontrovers, engagiert, humorvoll. Immer donnerstags auf blue Zoom im Free-TV ab 21 Uhr. Oder hier als Podcast.
In der neuesten Episode des Fussball-Talks «Heimspiel» geht es um die Trainer. Und natürlich wird da auch Nati-Coach Murat Yakin zum Thema. Der 47-Jährige, der erst im August das Amt von Vladimir Petkovic übernommen hatte, hat einen echten Traumstart hinter sich. Nach sieben Spielen als Nati-Trainer ist Yakin immer noch ungeschlagen, schaffte die direkte WM-Qualifikation und hat die Herzen der Schweizer Fussball-Fans im Sturm erobert.
Im Aufgebot für die Testspiele gegen England und Kosovo sind deshalb auf den ersten Blick keine überraschenden Namen zu finden. Und doch gibt es Spieler, die ein Aufgebot durchaus verdient gehabt hätten. Die Rede ist da in erster Linie von den FCZ-Überfliegern.
Von Antonio Marchesano etwa, einem der besten Spieler in der designierten Meistermannschaft. Mit zwölf Toren und vier Vorlagen ist der Freistoss-Spezialist auch der torgefährlichste Spieler in der Super League mit Schweizer Pass. Das Nati-Trikot trug der Tessiner letztmals im Jahr 2012 bei seinem einzigen Einsatz für die Schweizer U21.
Becir Omeragic, der schon vier Nati-Spiele hinter sich hat, ist trotz hervorragenden Leistungen zum wiederholten Mal ebenfalls nicht dabei und muss sich mit dem Aufgebot für die U21 begnügen. Laut dem «Blick» waren einige FCZ-Spieler «irritiert» über Yakins Nomination.
«Es ist sehr überraschend»
Auch Inka Grings, die Trainerin der FCZ Frauen, gibt sich im «Heimspiel» überrascht, dass kein Zürcher im Kader steht: «Wenn du von der Tabellenspitze grüsst und eine tolle Saison spielst, ist es definitiv sehr überraschend.»
Auch blue Experte Fredy Bickel sagt, Marchesano und Omeragic hätten ein Aufgebot «ganz sicher verdient». Der ehemalige FCZ-Sportchef nimmt Yakin aber auch in Schutz: «Wer Muri kennt und weiss, wie er tickt, den überrascht es nicht. Klar wird er an sie gedacht haben, aber er hat seine genauen Vorstellungen, er weiss, was er von einem Spieler will und was er von ihm auch erwarten kann.»
Für Omeragics Nicht-Berücksichtigung gibt es aber auch andere Gründe. Nati-Direktor Pierluigi Tami erklärt im «Blick»: «Becir ist ein grosses Talent mit einer vielversprechenden Zukunft. Er fehlt jedoch bei diesem Zusammenzug des A-Teams, weil er der U21 in den wichtigen EM-Qualifikationsspielen gegen Wales und in Holland helfen muss. Eine erfolgreiche EM-Quali unserer U21 wäre für den Verband sehr wichtig.»
Für Spieler ohne Nati-Erfahrung wird es schwer
Für einen Marchesano hingegen, der mit seinen 31 Jahren zu den ältesten Spielern im Nati-Kader gehört hätte, wird auch in Zukunft nur dann eine Tür aufgehen, wenn der eine oder andere Spieler ausfällt, meint Bickel: «Muri weiss, was er will und er lässt sich von seinem Weg nicht abbringen, wenn jetzt ein Spieler mal eine bessere Saison spielt.»
So wird es auch für einen Michael Frey alles andere als einfach werden, sich in die Nationalmannschaft zu spielen, obwohl der Sturmtank bei Royal Antwerpen mit 22 Toren auf gutem Weg ist, Torschützenkönig der belgischen Liga zu werden. «Michi Frey wird es immer schwierig haben», sagt Bickel.
Maurizio Jacobacci pflichtet bei und ergänzt: «Im Europacup hat Frey noch kein Tor geschossen. Das zeigt, dass ihm vielleicht doch noch etwas fehlt. Yakin hält an den Spielern fest, die ihm oder der Nati in der Vergangenheit etwas gebracht haben.» Deshalb wolle Yakin eine gewisse Kontinuität schaffen, meint der Ex-Lugano- und Sion-Coach: «Auch das ist sehr wichtig.» Oder um es mit Fredy Bickels Worten zu sagen: «Yakin hält auch an Spielern fest, die auch mal schwierige Phasen erleben.»