GC-Präsidentin Stacy Johns «Es wurde in den letzten 20 Jahren viel Schaden angerichtet»

Sandro Zappella

19.4.2024

Präsidentin Stacy Johns spricht mit blue Sport über die Zukunfts-Pläne mit GC.
Präsidentin Stacy Johns spricht mit blue Sport über die Zukunfts-Pläne mit GC.
KEYSTONE

Seit Januar gehört der Grasshoppers Club dem Los Angeles FC. Die amerikanische GC-Präsidentin Stacy Johns spricht im exklusiven Interview mit blue Sport über fehlendes Vertrauen, die Suche nach einem Schweizer Präsidenten und die Zusammenarbeit mit Bayern München.

Sandro Zappella

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • GC-Präsidentin Stacy Johns erklärt in einem exklusiven Interview mit blue Sport, welches Zukunftspläne sie beim Grasshopper Club Zürich hat.
  • Johns erklärt, dass «in den letzten 20 Jahren viel Schaden angerichtet wurde» – jetzt gehe es vor allem darum, Vertrauen aufzubauen.
  • Von der Partnerschaft von Inhaberklub Los Angeles FC und Bayern München könnten auch die Hoppers profitieren: «Es ist möglich, dass junge Spieler von den Bayern zum GCZ wechseln.»

Stacy Johns, Sie arbeiteten 15 Jahre lang bei den Indianapolis Colts in der NFL. Wie kommt es, dass Sie in den Fussball eingestiegen sind?

Stacy Johns: Ich wollte ein neues Abenteuer. In den USA ist American Football der Gipfel des Sports, während die MLS noch eine junge Liga und definitiv nicht die beste Welt ist. Was ich von Anfang an liebte, war die Gemeinschaft und Kultur. Es ging in Los Angeles wirklich darum, diese Community aufzubauen, authentisch zu sein und zu hören, was die Leute möchten.  Ich wusste nicht, was mich im Fussball-Business erwartet, aber ich habe mich sofort verliebt.

Der LAFC ist mit Wacker Innsbruck in Österreich, mit Bayern München in Deutschland und jetzt mit GC in der Schweiz engagiert. Kommen Sie überhaupt nach mit Spiele verfolgen?

Ja, wir können durch die Zeitverschiebung eigentlich den ganzen Tag schauen. Jemand spielt immer. Champions-League-Spiele, die in der Schweiz um 21 Uhr beginnen, starten an der Westküste um 12 Uhr mittags und an der Ostküste um 15 Uhr am Nachmittag. Das ist perfekt. Die GC-Spiele sind bei uns zwischen 7.30 und 11.30 Uhr morgens – statt Bier trinkst du dann halt Kaffee. So gibt es schon mal Wochenenden, an denen ich sechs bis sieben Fussballspiele schaue von Klubs, die mir am Herzen liegen. Dazu gehören GCZ, Wacker Innsbruck, Bayern und andere aus unserem Netzwerk.

Eldin Jakupovic hat in einem Interview bei blue Sport von Ihnen geschwärmt. Er sagte, dass die Beziehung zwischen den Spielern von Los Angeles und Klub-Offiziellen sehr eng ist. Soll das auch bei GC so werden?

Ja, der LAFC ist einzigartig, weil wir kein traditionelles amerikanisches Sport-Team sind. Wir sind wie eine Familie, weil alle Bereiche sehr eng zusammenarbeiten. Das Ziel bei GC muss das gleiche sein. Wir sind alle ein Klub. Seit ich hier bei GC bin, habe ich gemerkt, dass sich viele Fans nicht mehr mit dem Verein verbunden fühlen. Es ist unser Ziel und unsere Chance, diese Community wieder zusammenzubringen.

Was ist Ihnen in den drei Monaten, seit Sie GC-Präsidentin sind, besonders aufgefallen?

Es wurde in den letzten 20 Jahren viel Schaden angerichtet. Was jetzt am meisten fehlt, ist Vertrauen. Es ist sehr schwierig für uns, dieses Vertrauen aufzubauen. Auch von Seiten der Medien ist zu spüren, dass sie uns nicht vertrauen. Das erwarte ich auch nicht, das müssen wir uns verdienen. Es gab in den letzten 20 Jahren viele Versprechungen und Enttäuschungen hier im Klub. Und das wollen wir anders machen.

Wie?

Wir haben verstanden, dass das ein grosses Projekt ist. Ich will nicht sagen, dass wir komplett neu anfangen – wir wollen die Geschichte nicht vergessen – aber wir müssen zurück zu den Wurzeln.

Was ist für Sie die grösste Herausforderung?

Das Vertrauen mit allen aufzubauen. Mit den Spielern. Mit den Trainern, der Jugendabteilung. Aber auch bei Firmen für Partnerschaften oder Sponsoring ist Vertrauen die Grundlage. Wir müssen wissen, wer wir sind, was die Marke ist, eine Identität kreieren, mit welcher sich die Leute verbunden fühlen.

Das Vertrauen mit allen aufzubauen. Auch mit den Spielern. Was, wenn die ausbleibenden Resultate auf dem Platz daher kommen, weil sie uns zu wenig vertrauen? Und wie schnell können wir das aufbauen? Aber es geht auch um Vertrauen mit den Trainern, der Jugendabteilung. Auch auf der kommerziellen Seite bei Firmen für Partnerschaften oder Sponsoring ist Vertrauen die Grundlage. Wir müssen wissen, wer wir sind, was die Marke ist, eine Identität kreieren, mit welcher sich die Leute verbunden fühlen.

Woher soll denn dieses Vertrauen kommen?
Die Grundlage wird Präsenz in Zürich sein. Wir hören das immer und immer wieder. Zuerst habe ich diese Sicht nicht verstanden, jetzt tue ich es. Wir werden die richtigen Leute in den Verein bringen, um das zu realisieren. Und ich verstehe die Wichtigkeit. Das sieht man von aussen nicht, aber nach Tagen und Monaten mit vielen Gesprächen schon. 

Bei GC soll wieder eine Identität kreiert werden, mit welcher sich die Leute verbunden fühlen.
Bei GC soll wieder eine Identität kreiert werden, mit welcher sich die Leute verbunden fühlen.
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Gibt es denn schon News bezüglich ihrer Nachfolge? Sie sind ja nur Interims-Präsidentin.
Ich war in den letzten Tagen immer wieder in Gesprächen. Es hat sich wegen der kritischen sportlichen Lage aber alles verzögert. Es war nicht geplant, noch in dieser Saison einen neuen Sportchef und Trainer zu installieren. Aber wir mussten reagieren und so rückte das für kurze Zeit vor die Präsidenten-Frage.

Was soll der neue Präsident oder die neue Präsidentin mitbringen?
Wir schauen nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft. Wenn die neue Struktur kommuniziert wird, was bald geschehen wird, werden die Leute verstehen, was wir damit meinen. Natürlich können wir von der Vergangenheit lernen, aber wir brauchen jemand Frisches. Jemand, der von hier ist, hier lebt. Jemand, der die Kultur wirklich versteht. Jemand, der die Herausforderungen und Chancen sieht.

Haben Sie bereits konkrete Namen im Kopf?
Wir haben Leute, mit denen wir schon gesprochen haben, ja. Wenn alles nach Plan läuft, haben wir bis zum Start der nächsten Saison jemanden präsentiert.

Der LAFC hat eine Kooperation mit Bayern München. Ist es geplant, Talente zwischen Bayern München und GC hin- und herzuschieben?
Wir möchten auch unsere eigenen Talente entwickeln und fördern, das ist uns sehr wichtig. Es gibt die Möglichkeit des Netzwerks, aber keinen organisierten Plan. Es ist also nicht so, dass ich schon drei Spieler im Kopf habe, die von Bayern kommen werden. Bayern hat eine grossartige Akademie und weil sie unsere Partner sind, haben wir immer die Möglichkeit, uns auszutauschen. Es ist möglich, dass junge Spieler von den Bayern zum GCZ wechseln. Auch darum ist es wichtig für uns, in der Super League zu bleiben. Grundsätzlich möchten wir aber auch eigene Talente entwickeln und hervorbringen, das ist unsere Ambition.

Es würde sicher Sinn ergeben, Spieler von Bayern nach Zürich zu verleihen. München ist nicht weit weg, dazu gibt es keine Sprach-Barriere.
Natürlich. Die Bayern bringen so viele Talente raus, das heisst, sie suchen immer nach Plätzen für ihre Spieler. Das ist eine grosse Chance. Beim FC Wacker haben wir auch Nachwuchstalente, die aus Bayern gekommen sind. Auch wir beim LA FC haben viele talentierte Spieler, die auf ihre Chance in Europa warten. Aber es muss Sinn ergeben. Die richtige Position, zur richtigen Zeit.

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