Aufreger der Ski-Saison Irre Aufholjagd, geplatzte Kugel-Träume und ein Wutausbruch

Von Patrick Lämmle

19.3.2024

Henrik Kristoffersen legt sich mit Klima-Aktivisten an.
Henrik Kristoffersen legt sich mit Klima-Aktivisten an.
Screenshot: SRF

Marco Odermatt und Lara Gut-Behrami verwöhnen Schweizer Ski-Fans den ganzen Winter über mit Top-Resultaten. Doch nicht nur die Erfolgsmeldungen bleiben in Erinnerung. Es folgen einige der grossen Aufreger der Saison.

Von Patrick Lämmle

19.3.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Was bleibt vom Ski-Winter in Erinnerung? Natürlich die vielen Triumphe von Marco Odermatt und Lara Gut-Behrami. Diese sollen hier aber nur am Rande Thema sein. Denn Gesprächsstoff liefern auch andere Themen. Es folgt eine Auflistung von Aufregern, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Fluor-Opfer Mowinckel weint nach Disqualifikation

Der internationale Skiverband FIS verbietet aus ökologischen Gründen eine Ski-Präparation mit fluorhaltigen Produkten. Die Befürchtung steht im Raum, dass es als Folge davon zu unzähligen Disqualifikationen kommen könnte. Und siehe da: Schon im ersten Rennen der Saison wird die zweifache Olympia-Medaillen-Gewinnerin Ragnhild Mowinckel nach dem 1. Lauf aus dem Verkehr gezogen. Die Norwegerin weint vor laufenden Kameras.

Sechs Tage nach dem Rennen in Sölden kommt Licht ins Dunkel: «Ursache für die erhöhten Werte ist ein mit Fluor kontaminiertes Arbeitsgerät, das bei der Ski-Präparation verwendet worden ist», meldet Hersteller Head. Und damit endet der Fluor-Spuk auch schon wieder – weitere Disqualifikationen gibt es keine mehr. Ende Februar fliessen bei Mowinckel abermals die Tränen, da sie ihren Rücktritt per Ende Saison verkündet.

Schon wieder keine Rennen in Zermatt

Die Saison wird von zahlreichen Rennabsagen überschattet. 20 von 90 geplanten Rennen fallen aus dem Programm, darunter auch die ersten beiden Abfahrten der Saison in Zermatt. Damit lässt die Premiere weiter auf sich warten, denn schon im Vorjahr müssen die Rennen in Zermatt abgesagt werden. Die Kritik am Rennkalender wird deshalb immer lauter.

Kristoffersen legt sich mit Klimaaktivisten an 

Im November wird der Slalom von Gurgl während des 2. Laufs durch Klimaaktivisten unterbrochen. Die Aktion treibt den Norweger Henrik Kristoffersen in den Wahnsinn. Er wirft Schneebälle in Richtung der Aktivisten, flucht wie ein Rohrspatz und gibt zu, dass ihn jemand habe zurückhalten müssen: «Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, hätte ich einen von ihnen geschlagen.» Zum Glück kam es nicht soweit.

Laura Gauché fährt den Kameramann über den Haufen

Im Zielraum in St. Moritz kommt es nach 19 Abfahrerinnen zu einem glücklicherweise harmlosen Unfall. Die Französin Laura Gauché stürzt und reisst einen Kameramann zu Boden. Verletzt hat sich dabei niemand – und so darf man das Ganze auch mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen.

Saison-Aus für Odermatt-Rivale Marco Schwarz

Marco Schwarz gilt in diesem Winter im Kampf um die grosse Kristallkugel als grösster Konkurrent von Marco Odermatt. Der Österreicher geht in allen Disziplinen an den Start und kann überall vorne mitmischen. Kurz vor Weihnachten gewinnt er den Nachtslalom in Madonna di Campiglio und übernimmt die Führung im Gesamtweltcup.

Doch der Kugel-Traum platzt noch vor dem Jahreswechsel. In Bormio stürzt Schwarz in der Abfahrt und wird mit dem Helikopter abtransportiert. Die Diagnose: Kreuzband- und Innenmeniskusriss sowie ein Knorpelschaden im rechten Knie. Damit ist das vorzeitige Saisonende Tatsache. Odermatt bedauert den Ausfall: «Die Verletzung von Marco Schwarz schmerzt auch mich, ich hätte mich gerne bis zum Saisonende mit ihm duelliert.»

Kapitaler Fauxpas eines Startrichters

Alexander Steen Olsen grüsst bei Halbzeit des Adelboden-Slaloms von der Spitze des Klassements, scheitert im zweiten Lauf aber bereits nach wenigen Toren. Dem Ausfall geht ein kapitaler Fehler des Startrichters voraus, der den Norweger gar nicht starten lassen will. Dieser hat offenbar nicht mitbekommen, dass sich 31 statt 30 Fahrer für den 2. Lauf qualifiziert haben und so kommt es zu grossen Diskussionen im Starthaus, die den Halbzeitführenden in der Vorbereitung stören. Skandal oder Skandälchen? Auf alle Fälle erhitzt der Vorfall die Gemüter. Mehr dazu hier.

Der Horror-Sturz von Aleksander Aamodt Kilde

Mitte Januar verlassen den kränkelnden Aleksander Aamodt Kilde in der Lauberhorn-Abfahrt im Ziel-S die Kräfte, der Norweger landet im Fangnetz. Es sind schreckliche Bilder, die niemanden kaltlassen. Auch für Kilde endet die Saison damit frühzeitig. Später berichtet Kilde, der eine Zeit lang an den Rollstuhl gebunden ist, von Panikattacken und höllischen Schmerzen. Auf Instagram postet er Bilder seiner angsteinflössenden Schnittwunde, die mit einem Warnhinweis versehen sind. Nichts für Zartbesaitete.

In kleinen Schritten kämpft sich der Freund von Ski-Star Mikaela Shiffrin zurück. Ob er je wieder Rennen fahren werde, das könne er im Moment noch nicht sagen, meldet Kilde vor wenigen Tagen.

Sarrazin ist der König von Kitzbühel

Cyprien Sarrazin und Marco Odermatt liefern sich im Kampf um die Abfahrtskugel ein Duell auf allerhöchstem Niveau. Unvergessen bleibt der Husarenritt des Franzosen in Kitzbühel. In der klassischen Hahnekamm-Abfahrt distanziert Sarrazin Odermatt um 0,91 Sekunden. Es ist eine Fahrt nahe an der Perfektion und so lässt sich der 29-Jährige im Ziel von den rund 45’000 Fans ordentlich abfeiern. Für einmal kann sich auch der zweitklassierte Schweizer Überflieger nur verneigen. Bereits tags zuvor krönt sich Sarrazin vor Florian Schieder und Odermatt zum Sieger.

Verhängnisvolle Abfahrt in Cortina d'Ampezzo

Die erste von zwei Abfahrten in Cortina d'Ampezzo wird von mehreren Zwischenfällen überschattet. Corinne Suter bricht nach einem Sprung ihre Fahrt ab und stösst einen Schrei aus, der durch Mark und Bein geht. Die Schwyzerin reisst sich das Kreuzband und verletzt sich am Meniskus, die Saison ist futsch.

Suter schreit nach harter Landung – erneute Knie-Verletzung befürchtet

Suter schreit nach harter Landung – erneute Knie-Verletzung befürchtet

Die erste von zwei Weltcup-Abfahrten in Cortina d'Ampezzo ist von vielen Ausfällen geprägt. Zu den Betroffenen gehört auch Corinne Suter, die nach einer harten Landung aufschreit und sich offenbar am Knie verletzte.

26.01.2024

Michelle Gisin, die spektakulär stürzt, kommt dagegen ohne grösseren Verletzungen davon. In den Fangnetzen landet auch Mikaela Shiffrin. Die US-Amerikanerin verpasst in der Folge mehrere Rennen und muss kampflos mitansehen, wie ihr Lara Gut-Behrami im Kampf um die grosse Kristallkugel enteilt. Verbittert ist Shiffrin deshalb nicht und so lobt sie Gut-Behrami zuletzt in höchsten Tönen: «Lara hat eine unglaubliche Saison, ihr Skifahren ist sensationell. Lara verdient es zu 1000 Prozent, dass sie dort steht, wo sie jetzt steht.»

Daniel Yule schreibt Slalom-Geschichte

Anfangs Februar gewinnt Daniel Yule den Slalom in Chamonix vor Loîc Meillard. Es ist der erste Schweizer Doppelsieg im Slalom seit 1978. Und Sieger Yule schreibt mit seiner verrückten Aufholjagd Ski-Geschichte. Er schafft den Sprung von Platz 30 auf 1, was vor ihm in einem Weltcup-Slalom noch niemandem geglückt ist. Nach dem Rennen kann er es selbst kaum fassen: «Es ist unglaublich, denn eigentlich war ich ja schon mit gepackten Sachen im Hotel.»

Lucas Braathen kündigt Comeback als Brasilianer an

Vor dem Saisonstart lässt Lucas Braathen die Bombe platzen: Der 23-jährige Norweger tritt per sofort zurück. Der Slalom-Kristallkugel-Gewinner der Vorsaison begründete seinen Entscheid mit fehlender Freiheit im Spitzensport. Aber dem Ganzen ging auch ein Streit mit dem norwegischen Verband voraus. Kurz vor dem Ende der Saison kündigt Braathen medienwirksam sein Comeback an. Künftig wird der Freigeist aber nicht mehr für Norwegen an den Start gehen, sondern für Brasilien, dem Heimatland seiner Mutter.