Am Tag nach der dramatischen Entscheidung im WM-Titelkampf ordnet Formel-1-Experte Michael Stäuble die Geschehnisse in Abu Dhabi ein und verrät im Gespräch mit blue Sport, was er von den Protesten aus dem Mercedes-Lager hält.
Mit dem GP von Abu Dhabi findet der mitreissende Kampf um den WM-Titel in der Formel 1 am Sonntag seinen krönenden Abschluss. «Vor allem, nachdem es 21 Rennen lang immer hin und her ging, es war ein Kampf auf höchstem Niveau. Und dann reduziert sich das auf eine letzte Runde», zeigt sich SRF-Kommentator Michael Stäuble auch am Tag danach begeistert.
Erst in der letzten von 58 Runden und nach zwischenzeitlich aussichtsloser Lage fängt Max Verstappen seinen Rivalen noch ab, nachdem er während einer Safety-Car-Phase kurz zuvor noch die Reifen wechselt, während Hamilton auf einen Boxenstopp verzichtet. Oder verzichten muss?
«Natürlich kann man jetzt sagen, Mercedes hätte noch einmal die Reifen wechseln sollen. Aber hätten sie die Reifen gewechselt, wäre Verstappen draussen geblieben und in Führung gegangen. Und wenn es dann Safety-Car bis zum Schluss gegeben hätte, dann wäre Verstappen wegen eines Mercedes-Boxenstopps Weltmeister geworden», macht Stäuble klar. «Es hätte alles passieren können. Es war schon ein wenig Roulette.»
Lob für den fairen Verlierer Hamilton
Dementsprechend hektisch wird es in diesen Minuten für alle Beteiligten. «Ich habe mich noch gefragt, was Toto Wolff (Mercedes-Teamchef) ständig reinruft. Ich konnte meine Sätze beim Kommentieren nicht fertig machen, immer kam er dazwischen», so Stäuble. «Aber wäre es umgekehrt gewesen, wäre das einfach Christian Horner von Red Bull gewesen. Irgendeiner lamentiert immer.»
Zwar kann der langjährige Kenner der Formel-1-Szene den Frust bei Mercedes verstehen. Aber: «Am Schluss muss man die Niederlage akzeptieren – so wie Hamilton, der gratuliert hat. Aber was Mercedes jetzt macht mit den Protesten … Ich hoffe, sie ziehen es nicht weiter.»
Schliesslich gehen Toto Wolff und Co. nicht leer aus. «Mercedes hat den Konstrukteuren-Titel auf sicher. Dort geht es um viel Geld. Beim Fahrertitel geht es vor allem um Ruhm und Ehre. Wenn man dann Rekurs einlegt und das weiterzieht, und die Fans warten müssen, müsste sich eine solche Marke überlegen, ob das nicht dem eigenen Ruf schaden könnte», so Stäuble.
«Mercedes hat immer noch das bessere Auto»
Unabhängig davon ist Verstappen für ihn der wohlverdiente Weltmeister. «Er hatte viel mehr unverschuldete Ausfälle. In Aserbaidschan hatte er in Führung liegend einen Reifenplatzer, da konnte er gar nichts dafür. Er hatte viel Pech», begründet Stäuble und fügt an «Verstappen war über die gesamte Saison der bessere Fahrer, Mercedes hat immer noch ein wenig das bessere Auto. Deshalb hat er es hochverdient.»
Wie Michael Stäuble die Saison des Schweizer Rennstalls Alfa Romeo Racing einordnet und was er sich vom kommenden Jahr mit zwei neuen Piloten erhofft, siehst du im Videointerview am Anfang des Artikels.