Gefüllte Kassen Wie superreiche Klubs die Krise ignorieren

Von Tobias Benz

8.6.2020

Haben auch nach der Corona-Krise gut lachen: PSG-Besitzer Nasser Al-Khelaifi (links), Chelsea-Mäzen Roman Abramowitsch und ManCity-Boss Scheich Mansour (rechts).
Haben auch nach der Corona-Krise gut lachen: PSG-Besitzer Nasser Al-Khelaifi (links), Chelsea-Mäzen Roman Abramowitsch und ManCity-Boss Scheich Mansour (rechts).
Bild: Getty

Ganz Fussball-Europa kämpft aufgrund der Corona-Krise mit finanziellen Problemen. Ganz Europa? Nicht ganz. Ein paar von unbeugsamen Multimilliardären gesteuerte Klubs pumpen weiter riesige Summen in den Transfermarkt. 

«Die fetten Jahre sind vorbei» – so analysierte «Bluewin» vor einem Monat die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Weltfussball. «Von den Rekordeinnahmen von 28,4 Milliarden Euro, welche die europäischen Fussballklubs gemäss dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen «Deloitte» in der Saison 2017/18 erzielten, wird 2020 nicht mehr viel übrig bleiben», schrieb der Autor damals. Nur, wie sich aus dem Titel des vorliegenden Artikels herauslesen lässt, betrifft die Corona-Krise nicht jeden Fussballklub gleichermassen.

In der Gesamtheit werden Umsatz, Gewinn und Transfersummen im kommenden Jahr zwar deutlich sinken, Vereine mit superreichen Besitzern dürfte das aber kaum interessieren. Ihr Reichtum scheint sie pandemieresistent zu machen. Etwas, das vor einem Monat noch bezweifelt werden durfte. 



Hohe Investitionen trotz Krise

Wie lässt sich sonst erklären, dass die ersten dieser Klubs auf dem Transfermarkt bereits wieder die Muskeln spielen lassen? Paris Saint-Germain überwies am 31. Mai 50 Millionen Euro für Mauro Icardi an Inter Mailand. Die Summe könnte sich durch Bonuszahlungen um weitere zehn Millionen erhöhen.

Auch Chelsea-Chef Roman Abramowitsch greift für sein englisches Spielzeug tief in die Tasche. Für Timo Werner bezahlt er RB Leipzig 60 Millionen Euro. Beim Lesen dieser Zahlen stellt man sich dieselbe Frage wie zu Stosszeiten in der S-Bahn: «Hat hier irgendjemand schon mal was vom Coronavirus gehört?»

Besitzer eines Fussballklubs zu sein, das macht Spass. Roman Abramowitsch (l.) feiert den Gewinn der Europa League 2019 zusammen mit Klub-Captain Cesar Azpilicueta.
Besitzer eines Fussballklubs zu sein, das macht Spass. Roman Abramowitsch (l.) feiert den Gewinn der Europa League 2019 zusammen mit Klub-Captain Cesar Azpilicueta.
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Kleinen Klubs bleibt keine Wahl

Richtig problematisch wird das für den europäischen Fussball, wenn die Kriegskassen der Superreichen so prall gefüllt sind, dass sie sogar mehr als einen Top-Transfer in diesem Sommer stemmen können. Gerüchten aus Frankreich zufolge soll der SSC Neapel gerade erst ein 60-Millionen-Gebot aus Paris für Mittelfeldspieler Sergej Milinkovic-Savic abgelehnt haben. Auch Chelsea plant weitere Einkäufe.

Etliche «kleinere» Klubs sprechen seit Wochen davon, in diesem Sommer lediglich Spieler ausleihen oder tauschen zu wollen. Zu gross sind die Verluste durch fehlende Zuschauereinnahmen und Sponsoring-Gelder. Aufgrund der ungewissen finanziellen Lage sind andere aber auch bereit, ihre Spieler für «etwas Kleingeld» an die Superreichen abzugeben. Hinzu kommt, dass sich die Spieler selbst durch etwaige Lohnkürzungen zu den reichen Klubs hingezogen fühlen könnten. Wer sehnt sich in Zeiten der Krise nicht nach einem finanziell abgesicherten Arbeitgeber?

Die Schere zwischen den Superreichen und den «Normalos» des Fussballgeschäfts droht sich durch die Corona-Pandemie folglich noch weiter zu öffnen. Die letzten Hoffnungen, und das sind keine allzu guten Vorzeichen, ruhen auf der FIFA und dem «Financial Fairplay». 



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