Trump weckt den Appetit der Russen«Wir können einen Deal machen und Grönland teilen»
Philipp Dahm
16.1.2025
Grönland: «Können nicht sagen, mit welchem Land wir in naher Zukunft zusammenarbeiten werden»
STORY: In Grönlands Hauptstadt Nuuk sind die jüngsten Äusserungen des designierten US-Präsidenten Donald Trump natürlich ein wichtiges Gesprächsthema. Laut Trump soll Grönland künftig ein Teil der Vereinigten Staaten werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hatte er auch den Einsatz von militärischem oder wirtschaftlichem Druck nicht ausgeschlossen. «Ich denke, das ist zu viel. Das kann man nicht kaufen. Und militärische Macht, nein, nein, das wird nicht funktionieren.» «Ich glaube nicht, dass wir diese Frage beantworten können. Das glaube ich nicht. Denn wir sind hier in Grönland nicht bereit, wir sind auch noch nicht unabhängig. Wir können nicht sagen, mit welchem Land wir in naher Zukunft zusammenarbeiten werden.» «Grönland ist so gross, dass Dänemark in meinen Augen keine grosse Rolle spielt – es ist nur ein kleines Land. Wir können sie nicht mehr gebrauchen, weil es so viele Grossmächte in der Welt gibt. Unser Partner sollte also eine Grossmacht sein, denn Grönland ist sehr wohlhabend, wir haben alles.» Die rohstoffreiche und strategisch wichtige Insel im Nordatlantik gehört seit über 600 Jahren zu Dänemark., verfügt aber über weitgehende Autonomie. Seit 2009 hat die Insel das Recht, sich durch ein Referendum für unabhängig zu erklären. Sollte dies eintreten, könnte sich Grönland für eine Anbindung an die USA entscheiden. Grönlands Regierungschef Mute Egede hatte Trumps Äusserungen entschieden zurückgewiesen. Wir stehen nicht zum Verkauf und werden niemals zum Verkauf stehen», erklärte er. In seiner Neujahrsrede hatte er aber auch auf Unabhängigkeit von Dänemark gedrungen.
10.01.2025
Was hält Russland eigentlich von Donald Trumps neu entdeckter Lust auf Kolonien? Zumindest die Gäste der Propaganda-Show «Sonntagabend mit Wladimir Solowjow» sind begeistert – und bieten an, die Beute zu teilen.
Philipp Dahm
16.01.2025, 04:30
16.01.2025, 06:45
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
In der russischen TV-Show «Sonntagabend mit Wladimir Solowjow» sprechen linientreue Protagonisten über Donald Trumps Aussagen über Grönland, Kanada und den Panamakanal.
Die Runde feiert Trump dafür, die «Regel-basierte Welt» abzuschaffen und fordert, ebenfalls Ansprüche auf Grönland zu stellen. Zur Not könne man die Insel aufteilen.
Diskutiert wird auch die Annexion von Spitzbergen, weil die Inselgruppe ein Dorn im Fleisch der russischen Nordflotte ist.
Weitere Provokationen: Dänemark werde «keinen Fuss mehr» auf grönländischen Boden bekommen, Kanada sei «eine Art Missverständnis» und niemand wisse, warum «so ein Schmutz wie Skandinavien überhaupt existiert».
Die Forderungen: Russland soll offen seine Ambitionen zeigen und mit Donald Trump bilateral eine neue Weltordnung festlegen.
Der Namensgeber der Propaganda-Show Sonntagabend mit Wladimir Solowjow hatte Ferien und wundert sich nach seiner Rückkehr über den Zustand der Welt: «Im Prinzip ist alles zusammengebrochen», sagt der 61-Jährige. Und: «Europa ist in Panik.»
Was ist passiert? «Amerika hat die Regel-basierte Welt vollkommen zerstört», erklärt Solowjow seinem Publikum. «Sie haben den Europäern gesagt: ‹Kinder, ihr habt die Regeln total missverstanden. Die einzigen Regeln, die zählen, sind diejenigen, die der neue Amtsträger im Weissen Haus für Regeln hält.›»
Russland werde weiterhin viele Feinde haben, fährt der Russe fort, der mindestens acht Kinder aus drei Ehen hat. «Unsere Freunde werden wir uns selber machen.» Dazu müsse nur der Krieg in der Ukraine gewonnen werden: «Alle, die jetzt auf den Barrikaden sind, werden plötzlich unsere engsten Freunde werden.»
«Alle folgen denen, die stark sind»
«Alle folgen denen, die stark sind», stimmt Andrej Guruljow zu, bevor der Duma-Angeordnete bekundet: «Der Krieg in der Arktis hat begonnen. Warum schauen wir nicht auch nach Grönland, nachdem Trump seinen Anspruch angemeldet hat?»
Nun ist die Katze aus dem Sack: Die Propagandashow beleuchtet, wie sich Trumps koloniale Gelüste auf die Weltpolitik auswirken. In Russland fallen sie auf fruchtbaren Boden: «Brauchen wir Grönland?», fragt Guruljow, der auch eine militärische Vergangenheit hat. «Das ist kein Witz: Wir brauchen es sicherlich.»
Donald Trump Jr. habe es vorgemacht und mit ein paar billigen Geschenken ein paar Grönländer auf seine Seite gezogen. Das könne Russland auch, findet Guruljow. Dann wäre die Sache «ein für allemal» beendet. Und: «Wenn alle Stricke reissen, können wir einen Deal mit Trump machen und Grönland teilen. Dänemark wird dort eindeutig keinen Fuss mehr auf den Boden bekommen.»
«Für jeden Amerikaner ist Kanada eine Art Missverständnis»
Guruljow, der als Militär in Syrien stationiert war, hat aber noch grössere imperiale Ambitionen. «Spitzbergen ist für uns gerade sehr wichtig», sagt er über die norwegische Inselgruppe im Nordatlantik. Diese stelle eine Schwachstelle der russischen Nordflotte dar und sei daher ein legtitimes Ziel für Moskau.
«Theoretisch haben alle verstanden, was Donald Trump über Grönland, Kanada und den Panamakanal gesagt hat», meldet sich Politologe Dmitry Ewstafiew zu Wort. Die USA würden seit Jahrzehnten darüber diskutieren, diese Orte einzunehmen, und das Ganze sei deshalb auch gar nichts Besonderes.
«Für jeden gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Amerikaner ist Kanada eine Art Missverständnis», will der Professor wissen. «Niemand weiss, warum es existiert.» Immerhin räumt Ewstafiew ein: «Ich denke, dass wir alle überrascht sind, wie schnell es losging.»
Warum existiert überhaupt Skandinavien?
Weiter bekundet der frühere Generalleutnant Evgeni Buschinski in der Show, die bereits seit 2012 auf dem Sender «Rossija 1» läuft, es sei militärisch kein Problem, Grönland einzunehmen. «Wenn das Schicksal von Grönland vorherbestimmt ist, sollten wir es vielleicht wirklich selbst nehmen», denkt der Moderator laut nach. «Und dann machen wir einen Deal mit Trump. Warum soll er sich die Mühe machen?»
Auch Ex-Militär Buschinski meldet Interesse an Spitzbergen und Grönland an. «Wir sollten keine Angst davor haben, unsere Ambitionen zu zeigen», pflichtet Politiker Guruljow bei. «Ich verstehe nicht mal, warum so ein Schmutz mit Namen Skandinavien überhaupt existiert», sinniert Gastgeber Solowjow. «Was bringt das?»
«Strategisch ist [Skandinavien] eine Bedrohung für uns», mischt sich Wadim Gigin ein, der aus Belarus kommt. Politologe Andrej Sidorow erinnert daran, dass Trump es «schändlich» findet, dass die USA die Hoheit über den Panamakanal abgetreten haben. Souveränität aufgeben? Geht gar nicht, finden auch die Russen.
Putin und Trump sollen neue Weltordnung festlegen
Nikita Chruschtschow habe sich aus den sowjetischen Basen in Finnland zurückgezogen, ärgert sich Solowjow. Auch der Abzug aus Osteuropa durch Michail Gorbatschow falle in diese Kategorie. «Ich stimme dem Ansatz von Genosse Trump zu», meint der Moderator. Ewstafiew bedauert, dass die Sowjetunion 1956 die Mandschurei geräumt hat.
Henry Sardarjan fällt auf, dass der Westen nicht mehr Demokratie und Freiheit schütze, sondern andere Länder mit Verweis auf die eigene Sicherheit bedrohe. «Das passt uns», erklärt der Politologe. «Es gibt viele Orte, an denen wir uns um unsere Sicherheit kümmern wollen.» Das werde in den nächsten vier bis zehn Jahren einfacher sein.
Und wenn Trump und Putin sich treffen, werde es nicht um die Ukraine gehen, sondern das Festlegen einer neuen Weltordnung. «Das sagt auch Trump», stimmt Solowjow seinem Gast zu. «Zusammen mit den Amerikanern werden wir festlegen, wie diese Weltordnung aussieht», ist sich Sardarjan sicher.
Trumps Sohn, Donald Jr., in Grönland eingetroffen
STORY: Donald Trump Jr. ist in Grönland eingetroffen. Der älteste Sohn des designierten US-Präsidenten landete am Dienstag am Flughafen von Nuuk, gut zwei Wochen nachdem sein Vater die Idee einer Eingliederung der zu Dänemark gehörenden Insel an die USA verbreitet hatte. Laut Trump Jr. handelt es sich um einen reinen Privatbesuch: «Wir freuen uns, hier zu sein», sagte er den wartenden Reportern. «Wir sind nur als Touristen hier und es scheint ein unglaublicher Ort zu sein. Eigentlich wollte ich schon im letzten Frühjahr für ein paar Freizeitsachen kommen. Grossartiges Land. Die Landschaft auf dem Weg rein war einfach spektakulär.» Angesichts der Äusserungen seines Vaters wohnt der Reise dennoch eine gewisse politische Brisanz inne, zumal Don Jr. einer der engsten Vertrauten des künftigen Präsidenten ist. Das weitgehend autonom verwaltete Grönland ist für die USA aufgrund seiner geografischen Lage sicherheitspolitisch relevant, zudem gibt es dort viele Rohstoffe. Trump hatte kurz vor Weihnachten erklärt, die USA seien der Ansicht, dass es «im Interesse der nationalen Sicherheit und der Freiheit in der Welt» eine «absolute Notwendigkeit» sei, Grönland zu besitzen und zu kontrollieren. Bereits während der ersten Amtszeit hatte Trump Interesse an Grönland gezeigt. Damals wollte er die Insel kaufen, handelte sich aber eine Abfuhr der dänischen Regierung ein. Dänemarks Premierministerin Mette Frederiksen sagte am Dienstag dem Sender TV2, man brauche in diesen unruhigen Zeiten eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Amerikanern. «Andererseits möchte ich alle dazu ermutigen, zu respektieren, dass die Grönländer ein Volk sind, dass es ihr Land ist und dass meines Erachtens nur Grönland die Zukunft Grönlands bestimmen und definieren kann.» Grönlands Regierungschef Mute Egede hatte in seiner diesjährigen Neujahrsrede betont, dass die Insel nicht zum Verkauf stehe. Zugleich drängte er aber auch auf eine Unabhängigkeit von Dänemark.