Dass es im letzten Länderspiel des Jahres für die Schweizer Nati aufgrund des feststehenden Abstiegs um nichts mehr geht, sieht Reto Gertschen nicht so. Was seine Zukunft angeht, hält sich der Interimscoach an der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Italien bedeckt.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Am Dienstag um 19.00 Uhr spielt die Schweiz in der Nations League auswärts gegen Italien. Während die Schweiz bereits als Absteiger feststeht, hofft Italien darauf, den 2. Platz zu erobern.
- Interimscoach Reto Gertschen fordert von seinen Spielerinnen, dass sie noch einmal alles in die Waagschale werfen, um das Nati-Jahr mit einem positiven Gefühl zu beenden.
- Was seine Zukunft angeht, hält sich der 58-Jährige bedeckt.
Unter Inka Grings hat die Schweizer Nati im Jahr 2023 nur eines von 14 Spielen gewonnen. Sechs Spiele unter ihrer Leitung gingen verloren, darunter auch die vier Partien in der Nations League. Aufgehübscht wurde die Bilanz durch den Einzug ins WM-Achtelfinale in Neuseeland.
Mitte November dann der grosse Knall: Der Schweizerische Fussballverband (SFV) und Nati-Trainerin Inka Grings beenden die Zusammenarbeit per sofort. Zwei Tage zuvor berichteten deutsche Medien, dass Grings in eine Untersuchung wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt in Deutschland verwickelt sei.
Die Luft für die Trainerin wäre aber ohnehin dünn geworden, denn sportlich hat die Nati unter ihrer Leitung über weite Strecken enttäuscht – zudem hat es teamintern gebrodelt, kaum eine Spielerin stellte sich noch hinter Grings.
So hat letztlich einzig der Zeitpunkt der Trennung überrascht. Eine schnelle Lösung musste her. Der Verband findet diese schliesslich im eigenen Haus in der Person von Reto Gertschen, der seit 2017 Leiter des Ressorts Trainerausbildung ist, und in seinen Ferien mit der Anfrage überrascht wird.
Nachdem er einmal darüber geschlafen hat, nimmt er das 10-tägige Jobangebot an. Und siehe da, gleich im ersten Spiel unter seiner Leitung gewinnt die Schweiz sensationell, wenn auch mit einer gehörigen Portion Glück, 1:0 gegen Schweden. Trotz des Sieges gegen die Weltnummer 1 ist der Abstieg später am Abend Tatsache, weil Italien auswärts Weltmeister Spanien besiegt und vor dem Direktduell gegen die Schweiz uneinholbare vier Punkte mehr auf dem Konto hat.
Und so ist die letzte Partie des Jahres aus Schweizer Sicht kein Finale, sondern ein Duell mit Testspielcharakter. Italien dagegen könnte noch an Schweden vorbeiziehen und sich den Ligaerhalt auf direktem Weg sichern. Der Tabellendritte der Liga A muss erst noch ein Playoff-Duell gegen ein zweitklassiertes Team aus der Liga B bestreiten.
Reto Gertschen erwartet deshalb «ein interessantes Spiel auf hoffentlich relativ gutem Niveau». Trotz der sportlichen Bedeutungslosigkeit für sein Team befürchtet der Interimscoach keine Motivationsprobleme. «Wir haben letzte Woche gesagt, dass wir dieses Jahr wirklich gut abschliessen wollen und das bleibt so.»
Einen ersten Schritt hätten sie mit dem Sieg gegen Schweden gemacht, dies gelte es nun zu bestätigen. «Am Schluss ist es ein Wettkampf auf höchstem Niveau, den man gewinnen will. Nebst dem haben wir noch eine kleine Rechnung offen. Denn wenn man das Hinspiel in St.Gallen nicht verloren hätte, wäre es heute sicher noch offener geworden.» Oder in einem Satz zusammengefasst: «Es gibt es für mich ganz viele Gründe, noch einmal voll durchzuziehen.»
Hat Reto Gerschen Lust auf mehr?
Auch für Gertschen selbst gibt es möglicherweise einen ganz persönlichen Grund, sein Team noch einmal optimal auf die Partie vorzubereiten. Sollte die Schweiz erneut ein positives Resultat herausspielen, so müsste sich der Verband sicherlich auch mit seiner Personalie befassen, wenn es darum geht, eine Nachfolgelösung für Grings zu finden.
Stellt sich die Frage, ob es ihm überhaupt Spass macht, wieder an der Seitenlinie zu stehen? «Eigentlich stehe ich nicht so gerne voll im Mittelpunkt», sagt Gertschen darauf angesprochen. Er bewege sich eher ein bisschen im Hintergrund, aber die Tage seien auch «unglaublich spannend und interessant» gewesen. «Und natürlich hat es auch Freude bereitet», gibt Gertschen zu, der damit zumindest nicht voreilig eine Türe schliesst.
Vielleicht lässt er sich auch deshalb nicht auf eine Diskussion ein, wenn es darum geht, ein Anforderungsprofil für den Posten des Nationaltrainers der Frauen-Nati zu zeichnen. «Im Moment bin ich da völlig draussen und mache mir da auch keine Gedanken. Das Anforderungsprofil erstellen andere.» Vielleicht könne er den einen oder anderen Input geben nach seinem kurzen Engagement, aber jetzt sei nicht der Zeitpunkt dafür.
Di 05.12. 18:40 - 21:20 ∙ SRF zwei ∙ 160 Min
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