Der ehemalige Spitzenfussballer und heutige «blue Sport»-Experte Mladen Petric ist kein Fan der geplanten Einführung einer europäischen Super League. Auch aus Spielersicht blickt er dem Ganzen kritisch entgegen.
Mladen Petric, was waren deine ersten Gedanken als du gehört hast, dass einige Topklubs ernst machen und die Super League ins Leben rufen wollen?
Im ersten Moment bin ich erschrocken und habe gedacht, was soll das jetzt? Ich habe mich dann gleich erkundigt und in das Thema eingelesen. Und ja, ehrlich gesagt war ich schon ein bisschen geschockt.
Real-Boss Florentino Perez sagt, dass sie das zum Wohle des Fussballs tun, dass sie den Fussball retten wollen …
Ja, aber du rettest den Fussball ja nicht. Meiner Meinung nach zerstörst du ihn eher noch mehr. Perez erzählt auch von den Schulden, die sie oder auch Barcelona haben. Jetzt verschuldest du dich in den letzten Jahren so sehr, damit du die besten Spieler verpflichten kannst, um dann in allen Wettbewerben ganz vorne mitspielen zu können. Und sobald es finanziell düster aussieht, entscheidest du dich einfach auszusteigen und sagst: ‹Wir machen selber etwas.› Das kann es ja auch nicht sein.
Aber könnte es am Ende auch eine Chance für kleinere Vereine sein, wenn die ganz grossen Brocken weg sind?
Im Gegenteil. Es ist nicht fair gegenüber den anderen Mannschaften, was die zwölf Teams jetzt vorhaben. Du verfälschst die heimischen Ligen komplett. Die 15 Vereine, die dort dann gesetzt sind, die bekommen jährlich 100 Millionen Euro Antrittsgeld. Das gewinnst du jetzt, wenn du die Champions League gewinnst. Als Verein, der nicht in der Super League spielt, hast du keine Chance mehr, finanziell mitzuhalten. Die Schere öffnet sich immer weiter und weiter. Der Abstand der Super-League-Teams zu den anderen Teams wird immer grösser und grösser.
Wie siehst du die Super League aus sportlicher Sicht?
Sportlich gesehen haben gewisse Mannschaften, die dort fix dabei sind, eigentlich keine Berechtigung, dort dabei zu sein. Was haben Arsenal, der AC Mailand oder Tottenham dort verloren? Klar, Tottenham war 2019 im Champions-League-Final. Aber was haben diese Teams in den letzten zehn Jahren für eine Rolle gespielt in den Top-Ligen? Gar keine. Aus sportlicher Sicht müsstest du andere Mannschaften reinnehmen, aber die liessen sich dann nicht so gut vermarkten wie Arsenal, Milan oder Tottenham.
Könntest du verstehen, wenn die UEFA ihre Drohung in die Tat umsetzt und die Halbfinalisten Manchester City, Real Madrid und Chelsea aus der diesjährigen Champions League ausschliesst?
Ich hoffe ehrlich gesagt nicht, dass die Champions League so beendet wird. Ich wünsche mir auch nicht, dass die Teams gesperrt und ausgeschlossen werden von der laufenden Champions-League-Saison. Aber wenn es soweit kommen sollte, dann muss man eine Lösung finden. Vielleicht könnten die Mannschaften, die im Viertelfinal ausgeschieden sind, ins Halbfinale nachrücken (A.d.Red.: Dortmund, Bayern, Porto). Wenn jetzt PSG einfach als Sieger feststeht, dann ist das nicht korrekt.
Die UEFA und FIFA drohen auch damit, dass Spieler der Super-League-Vereine nicht mehr für ihre Nationalteams spielen dürfen. Keine EM, keine WM. Was geht da in den Köpfen der Spieler vor? Oder anders gefragt: Hättest du den Verein verlassen, um deine Nati-Karriere zu retten?
Die Nationalmannschaft ist für sehr, sehr viele etwas ganz Spezielles. Aber es kommt bei jedem Spieler auch darauf an, in welcher Situation er sich befindet. Es kann einen Unterschied machen, ob du am Anfang deiner Karriere stehst oder schon am Ende, ob du schon drei Weltmeisterschaften und Europameisterschaften gespielt hast oder nicht. Ich kann mir vorstellen, dass ein Spieler, der schon lange dabei ist und schon alles erlebt hat, sich zum Schluss seiner Karriere nicht noch mit seinem Verein verkrachen will. Aber ich glaube schon, dass viele Spieler dagegen sind. Milner von Liverpool hat nach dem Spiel gegen Leeds schon gesagt, dass er nichts von der Super League hält und auch Liverpool-Trainer Jürgen Klopp ist dagegen. Auch Bruno Fernandes von Manchester United hat sich kritisch geäussert und es kommen immer mehr Spieler.
Worum geht es?
- 12 europäische Spitzenvereine aus England, Italien und Spanien planen eine eigene «Super League», bei der nur die 15 Gründungsmitglieder sowie fünf weitere Vereine zur Teilnahme berechtigt sein werden.
- Der Wettbewerb soll jeweils im August mit zwei Zehner-Gruppen starten, nach der Gruppenphase geht es mit den Viertelfinals in die K.o.-Phase. Die «Super League» ist deshalb wohl als Konkurrenz zur Champions League zu sehen.
- Die Reaktionen in Fussball-Europa sind heftig, sowohl die UEFA als auch die FIFA kündigen an, gegen die Pläne vorzugehen. Vertreter der Super League dagegen wollen sich nicht von diesen abbringen lassen.
