Die Bayern müssten sich bei einem Rückzug von Uli Hoeness neu sortieren. Doch wer würde von einem Abschied das langjährigen Patrons profitieren? Und für wen könnten bei den Münchnern schwere Zeiten anbrechen?
Uli Hoeness war jahrzehntelang der wichtigste Macher und Entscheider beim FC Bayern. Nun könnte er im Herbst seine Posten als Vereinspräsident und Aufsichtsratsvorsitzender abgeben, laut «Bild»-Zeitung ist der frühere Adidas-Chef Herbert Hainer für die Nachfolge vorgesehen. Beim deutschen Fussball-Rekordmeister stünde eine Zeitenwende bevor, die Chance und Risiko zugleich bedeuten würde.
Mögliche Profiteure und Verlierer eines Hoeness-Rückzugs:
Profiteure
Mehr Macht
Karl-Heinz Rummenigge
Zwischen den beiden Alpha-Tieren an der Spitze des Vereins ruckelte es in der jüngeren Vergangenheit des Öfteren. Bei Personal- und Richtungsentscheidungen setzte sich Hoeness durch. Rummenigge, der etwa Coach Thomas Tuchel favorisiert hatte, musste klein beigeben. Ohne Hoeness als drohenden Widerpart könnte er bis zum Ende seiner Zeit als Vorstandschef 2021 noch wichtige Entscheidungen durchsetzen, etwa wenn es um besonders teure Neuverpflichtungen geht, die der Traditionalist Hoeness stets besonders kritisch gesehen hatte.
Mehr Freiheit
Oliver Kahn
Der einstige Torwart-Titan wurde zwar von Hoeness als Nachfolger für Rummenigge auserkoren. Der ehemals beste Keeper der Welt aber will seine eigenen Entscheidungen treffen. In der Übergangszeit könnte Kahn ohne den meinungsstarken Hoeness an der Vereinsspitze mehr Beinfreiheit haben, um sich von Beginn im Klub zu etablieren.
Steiler Aufstieg
Herbert Hainer
Der frühere Adidas-Chef ist der offensichtliche Gewinner des angeblichen Plans. Als guter Freund von Hoeness steigt er zu einem der einflussreichsten Sportfunktionäre Deutschlands auf. Der 65-Jährige ist durch seine Vergangenheit beim Sportartikelhersteller bestens vernetzt und kennt als Aufsichtsrat auch den FC Bayern sehr gut.
Einfluss auf Nachfolge
Uli Hoeness
Viele grosse Sportfunktionäre schaffen es nicht, ihre Nachfolge adäquat zu regeln oder zumindest massgeblich zu beeinflussen. Mit Kahn und Hainer könnte es Hoeness gelingen, Macher ganz in seinem Sinne beim FC Bayern zu installieren. Weil er zudem vorhaben soll, seinen Posten im Aufsichtsrat zu behalten, könnte er sich die Möglichkeit sichern, bei grossen Entscheidungen weiter mitzustimmen.
Verlierer
Weniger Rückendeckung
Niko Kovac
Der Ex-Profi konnte sein erstes Jahr bei den Bayern letztlich zwar mit dem Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal abschliessen. Vor allem im Herbst aber wackelte der Trainer wegen einer Schwächephase und eines grossen Rückstands auf Borussia Dortmund heftig. Rummenigge zählte den Coach immer wieder subtil an. Hoeness dagegen stellte sich mehrfach deutlich vor den Trainer, den er ausgewählt hatte und dessen wohl wichtigster Unterstützer er intern ist.
Verliert Fürsprecher
Hasan Salihamidzic
Salihamidzic weiss in Hoeness einen Fürsprecher, der frühere Spieler kann sich bislang darauf verlassen, dass Hoeness ihn als Mitglied der Bayern-Familie auch im Misserfolg sehr lange stützt. Bei Rummenigge (und womöglich auch Kahn) geniesst er diesen Schutz vermutlich weniger. In München unvergessen ist die Szene der legendären Pressekonferenz, als Rummenigge seinem Sportdirektor über den Mund fuhr und eine an Salihamidzic gerichtete Reporterfrage kurzerhand selbst beantwortete.
Weniger Bedeutung
Bayern-Basketballer
Die Basketball-Abteilung ist eine Herzensangelegenheit von Hoeness, der die Truppe zusammen mit Sportchef Marko Pesic in den vergangenen Jahren an die deutsche Spitze führte. Die Korbjäger betonen bei jeder Gelegenheit, wie wichtig Hoeness für ihren Erfolg ist. Ob ein Nachfolger Hainer den Basketball mit ähnlichem Engagement verfolgen und fördern würde, ist unklar. Nachdem Hoeness 2014 zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, erlebten die Basketballer zwei enttäuschende Jahre, zudem wurde ein neues Hallenprojekt damals auf Eis gelegt. Als Hoeness zurückkam, wurde der Arena-Plan wieder angegangen, die Mannschaft holte sich zuletzt zweimal den deutschen Meistertitel.