Zufall? Ausschliesslich Heimteams schaffen den Sprung in die EM-Halbfinals

SDA

5.7.2021 - 05:56

England mit Captain Harry Kane legte bislang kaum Flugmeilen zurück.
England mit Captain Harry Kane legte bislang kaum Flugmeilen zurück.
Bild: Keystone

Mit England, Italien, Spanien und Dänemark bestreiten ab Dienstag vier Teams das Final Four der EM im Londoner Wembley, die in ihren drei Vorrundenspielen Heimvorteil genossen haben. Ist das Zufall?

Keystone-SDA, SDA

Gary Lineker, der Moderator des englischen Senders BBC, warf nach dem ungefährdeten 4:0 der Engländer gegen die Ukraine am Samstag in Rom die Frage auf. Wie stark profitieren die Heimteams an dieser paneuropäischen Endrunde, die mit Baku sogar einen Spielort auf dem asiatischen Kontinent beinhaltete, mit Fortdauer des Turniers von den geringen Reisestrapazen?

Sportlich hinterliessen Italien und England den besten Eindruck. Nach einer tadellosen Vorrunde bekundete die Squadra Azzurra zwar im Achtelfinal gegen Österreich grosse Mühe und musste einen Umweg über die Verlängerung machen. Das Team von Roberto Mancini zeigte sich danach gegen Belgien aber gut erholt und warf mit dem 13. Sieg in Folge einen der Mitfavoriten aus dem Turnier.

Die statistisch noch besseren Werte weist England auf. Nach einer wenig spektakulären Vorrunde mit sieben Punkten und 2:0 Toren steigerten sich die «Three Lions» mit Beginn der K.o.-Phase und sind noch immer ohne Gegentreffer. Vor der finalen Woche sind auch die Diskussionen um Harry Kane verstummt, nachdem der Captain gegen Deutschland und die Ukraine dreimal getroffen hatte. «Noch zwei Spiele vom Ruhm entfernt», frohlockte der «Sunday Express».



Auch logistische Gründe?

Der Halbfinaleinzug der beiden Grossen des Weltfussballs hat sportliche, vielleicht aber auch logistische Gründe. Kein anderes Team musste so wenige Kilometer zurücklegen wie die beiden. Italien bestritt nach seinen drei Partien in Rom den Achtelfinal im Wembley und den Viertelfinal in München. Noch besser meinten es die UEFA-Spielplaner mit England, dessen Viertelfinal in Rom die einzige Partie sein wird, die nicht in London stattfindet.

Die beiden anderen Halbfinalisten Dänemark und Spanien nutzten ihren Heimvorteil zwar nicht zum Gruppensieg, weswegen sie für ihren jeweiligen Viertelfinal in Baku bzw. St. Petersburg quer über den Kontinent zu fliegen hatten. Trotzdem hatten sie noch immer deutlich weniger Reisekilometer in den Knochen als ihre Gegner Tschechien und die Schweiz.



Das Team von Vladimir Petkovic war der Reise-Europameister schlechthin: Zürich – Baku – Rom – Baku – Rom – Bukarest – St. Petersburg lautete die rund 12'400 Kilometer lange Flugroute der SFV-Auswahl vor dem Duell am Freitag mit Spanien, womit sie mehr als doppelt so viele Kilometer im Flugzeug zurückgelegt hatte als der Gegner. Fehlte auch deshalb am Ende etwas die Energie, um einen neuerlichen Coup zu schaffen?

Englands doppelter Heimvorteil

Dänemark hat von den vier Halbfinalisten zwar am meisten Flugmeilen auf dem Konto, profitierte nach dem Drama um seinen Spielmacher Christian Eriksen im Startspiel gegen Finnland aber von günstigen Umständen. Erstmals seit der Einführung der Gruppenphase 1980 reichten drei Punkte zu Platz 2 in einer Gruppe, und mit Wales und Tschechien traf der Sensations-Europameister von 1992 noch auf keinen grossen Brocken.

Dies ändert sich im Halbfinal am Mittwoch gegen England, dessen neuerlicher Heimvorteil sich aufgrund der in Grossbritannien herrschenden Quarantäne-Pflicht für ausländische Touristen noch akzentuieren könnte. Zwar appellierte Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand an den britischen Premierminister Boris Johnson, die Corona-Restriktionen für Fussball-Fans zu lockern, trotzdem wird das Wembley fest in englischer Hand sein. Die Voraussetzungen für das Mutterland des Fussballs auf den ersten Titelgewinn seit 1966 waren seit langem nicht mehr so gut – dank der wenigen Reisen und des doppelten Heimvorteils.