Die Rückkehr von Karim Benzema verändert die Team-Chemie. Dem bisherigen Stoss-Stürmer Olivier Giroud droht eine Nebenrolle – auch weil Kylian Mbappé sich offenbar gegen den Routinier positioniert.
Auf dem Papier schlug sich Frankreich am Dienstagabend bei der letzten Generalprobe vor dem EM-Start ausgezeichnet. Am Ende siegte der Weltmeister gegen Bulgarien mit 3:0. Doch hinter den Kulissen brodelt es: Im Sturmzentrum starteten Kylian Mbappé und Rückkehrer Karim Benzema, hinter den Spitzen kam Antoine Griezmann zum Zug.
Die langjährige Stammkraft Olivier Giroud – der sich in Abwesenheit von Benzema zum zweitbesten Torschützen (46 Tore – noch fünf Treffer hinter Thierry Henry) in der Geschichte der l'Équipe Tricolore mauserte – blieb nur die Ersatzbank.
Nach 40 Minuten war aber die alte Hierarchie wiederhergestellt. Der nach sechs Jahren zurückgeholte Benzema schied mit einer Knieblessur aus. Immerhin gab der französische Verband später Entwarnung. Der Real-Star soll sich nur einen Pferdekuss eingehandelt haben, sein Einsatz zum Auftaktspiel gegen Deutschland sei ungefährdet.
Für ihn kam Giroud ins Spiel. Die Beziehung der beiden ist dabei ein wenig vorbelastet. Nach seinem Rauswurf aufgrund der «Erpressungs-Affäre» stichelte Benzema immer wieder gegen seinen Nachfolger. «Man vergleicht nicht Formel 1 mit Go-Kart», hielt er mal süffisant fest.
Giroud sammelt Bonuspunkte – Mbappé fällt negativ auf
Die Entscheidung von Didier Deschamps, Benzema ins Team zurückzuholen, dürfte bei Giroud also nicht auf Gegenliebe gestossen sein. Doch Joker Giroud gab die richtige Antwort und sicherte mit einem späten Doppelpack (83./89.) seinem Team den standesgemässen Sieg.
Dabei war augenfällig, wie sehr sein Sturmpartner Kylian Mbappé den Abschluss selbst suchte und ihm keine Pässe gab. Girouds Kommentar dazu gegenüber Reportern: «Manchmal machen wir Läufe, aber die Bälle kommen nicht an (...) Sie sagen, dass ich am Anfang nicht viel zu sehen war, aber vielleicht hätten wir uns auch besser finden können (...)». Ein klarer Seitenhieb des Chelsea-Profis in Richtung Mbappé.
Die Kritik geriet dem Jungstar in den falschen Hals. Laut «L'Équipe» sei der PSG-Star so wütend gewesen, dass er in einer Pressekonferenz erscheinen wollte, um ein Statement abzugeben.
Bromance Benzema/Mbappé – Coach in der Zwickmühle
Doch Girouds Äusserungen sind für viele Experten nachvollziehbar. Zumal der 22-Jährige nach seiner Auswechslung kurz vor Schluss schmollte, als hätte man eine krachende Niederlage kassiert. Bei seinem Kumpel Benzema – der ihn zuletzt öffentlich auffällig lobte und ihn auch zu Real Madrid locken will – besserte seine Laune aber schnell auf.
Im Kader der «Les Bleus» wimmelt es nur von Talent, aber solche Geschichten zeigen, dass auch grosse Egos aufeinanderprallen. Das eigentliche Ziel darf aber nicht untergehen: «Wenn wir die Euro gewinnen, werden wir mit einem Go-Kart-Rennen feiern», hielt der 34-jährige Giroud kürzlich versöhnlich fest.
Klar ist: Deschamps hat mit der Begnadigung von Benzema die Karten neu gemischt. Ob der «General» sein Blatt richtig gespielt hat, wird man in der «Todes-Gruppe» sehen. Frankreich spielt gegen Portugal, Deutschland und Ungarn.