Die Antipoden des zweiten EM-Halbfinals könnten fast nicht unterschiedlicher sein. England gegen Dänemark ist in vielerlei Hinsicht ein Duell der Gegensätze. Aber es gibt auch eine Gemeinsamkeit.
Der Halbfinal vom Mittwoch bietet beiden Teams eine schier einmalige Gelegenheit. Da sind die Engländer, die fast ausnahmslos ein Heim-Turnier bestreiten. Gegen Dänemark treten sie im sechsten Spiel zum fünften Mal im Wembley an. Am gleichen Ort findet am Sonntag auch der Final statt.
Stürmerstar Harry Kane sagte deshalb: «Für mich und einige andere erfahrene Spieler ist das die letzte Gelegenheit, bei einem grossen Turnier im Wembley zu spielen und vor den eigenen Fans einen Titel zu gewinnen.» Vorerst streben die Engländer zumindest den ersten Final seit dem WM-Titel 1966 an.
Die Einzigartigkeit der Aussicht für die Dänen ist derweil nicht bloss auf den Spielort beschränkt. Wer weiss, wann die kleine Nation bei einer WM oder EM wieder in den Halbfinals stehen wird. Ein wenig Glück war auch dabei, auf dem Weg der Dänen unter die letzten vier.
Noch nie zuvor hatte ein Team mit zwei Niederlagen und nur einem Sieg in der Vorrunde Platz 2 erreicht; und in den bisherigen K.o.-Spielen konnte Dänemark den Favoriten aus dem Weg gehen. Auf den Achtelfinal gegen Wales folgte der Viertelfinal gegen Tschechien. Mittelfeldspieler Thomas Delaney meinte: «Plötzlich sind wir da, das ist schwer zu glauben.»
1260 Mio vs. 310 Mio
Mit der für beide in gewisser Weise einmaligen Gelegenheit enden jedoch die Parallelen der beiden Halbfinalisten. Denn grösser könnten die Differenzen fast nicht sein. Das bringt etwa das Branchenportal «Transfermarkt.de» zum Vorschein. Die Engländer mit ihrer Auswahl an Spielern von Spitzenklubs aus der Premier League kommen auf einen Marktwert von 1,26 Milliarden Euro. Dänemarks Kader bringt es nur auf knapp einen Viertel – 310 Millionen Euro.
Die Dänen haben auch Spieler von Chelsea, FC Barcelona oder Milan dabei. Aber auch solche, die in der Provinz tätig sind, bei Southampton, Udinese oder Nice. England gegen Dänemark ist in Bezug auf den Marktwert das Duell zwischen der Nummer 1 und der Nummer 12 dieser EM.
Gegensätze bilden Engländer und Dänen auch bei den statistischen EM-Werten. Während Dänemark in den letzten drei Spielen zehn Tore erzielte und im ganzen Turnier mit elf Treffern die Nummer 2 hinter Spanien (12) ist, hat England dafür noch gar kein Tor hinnehmen müssen.
Entsprechend transportierten die beiden Teams unterschiedliche Emotionen. Der englische Auftritt wirkte selbst beim 4:0 in den Viertelfinals gegen die Ukraine kontrolliert und pragmatisch, die Dänen dagegen schienen zuletzt nach den zwei Startniederlagen und den schlimmen Momenten um den kollabierten Mitspieler Christian Eriksen auf einer Welle der Leidenschaft und Begeisterung durch das Turnier zu reiten.