Lia Wälti debütierte 2009 in der Nati und hat bei Grossanlässen noch keine Minute verpasst. Wie hat sich der Frauenfussball in all den Jahren entwickelt und wo sieht die 30-Jährige Handlungsbedarf?
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Lia Wälti erlebt hautnah mit, wie sich der Frauenfussball in den letzten Jahren weiterentwickelt.
- Im Gespräch mit blue Sport erklärt Wälti, inwiefern sich der Frauenfussball in England von jenem in der Schweiz unterscheidet.
- Mit Blick auf die anstehende WM bahnt sich für Wälti, die sich Ende Mai verletzte, ein Wettlauf gegen die Zeit an.
Wenn jemand weiss, wie sich der Frauenfussball in den letzten Jahren entwickelt hat, dann Lia Wälti. blue Sport hat mit der Nati-Kapitänin darüber gesprochen. «Der Zug vom Frauenfussball fährt aktuell extrem schnell. Wenn man jetzt nicht aufspringt, ist es schwierig, den Anschluss nicht zu verlieren», sagt Wälti. «Ich glaube, in vielen Ländern geht es unheimlich schnell voran.» England, wo sie «das Vergnügen» habe, zu spielen, sei ein gutes Beispiel dafür.
«Ich sehe es als ein unheimliches Privileg, in dieser Generation zu sein, wo man nicht bei Null angefangen hat, aber im Vergleich zu jetzt schon relativ tief», sagt Wälti. Zu Beginn ihrer Karriere seien kaum Zuschauer gekommen, es gab wenig Medienpräsenz und vom Fussball zu leben, war ein Ding der Unmöglichkeit. Heute spiele sie plötzlich «vor 40, 50, 60'000 Leuten. Und nicht nur einmal im Jahr, sondern wirklich mehrmals». Und weiter: «Die Leute kommen, um dir zuzuschauen beim 'schuttä'. Das kann man wirklich nicht mehr vergleichen mit vor 10 Jahren.»
Die Arsenal-Spielerinnen profitieren von Top-Bedingungen
Sie sei immer der Meinung gewesen, dass Frauenfussball sichtbar gemacht werden müsse. «Es macht Leute aufmerksam, die vorher noch nie etwas über Frauenfussball gedacht oder gehört haben oder ihm noch nie eine Chance gegeben haben», so die Arsenal-Spielerin. In England ist man diesbezüglich schon sehr weit. In der Schweiz sei zwar auch eine Entwicklung im Gange, doch die Sichtbarkeit sei immer noch nicht dort, wo sie sein sollte: «Ich glaube, das ist aktuell der wichtigste Schritt, vor allem in der Schweiz», meint sie diesbezüglich.
Auch profitieren Wälti und Co. im Verein von der hervorragenden Infrastruktur: «Das hilft zum Beispiel in England extrem. Wir können alles nutzen von den Männern und die Qualität steigt, da kannst du sagen, was du willst. Aber die steigt, wenn du auf einem guten Platz spielst und nicht auf einem Acker, wo du dann technisch aussiehst, als könntest du absolut nichts.» Das ganze Gespräch mit Lia Wälti über die Entwicklung des Frauenfussballs siehst du im Video oben.
Lia Wältis Wettlauf gegen die Zeit
Derzeit bereitet sich Wälti mit der Nati auf die WM vor. Aufgrund eines üblen Fouls Ende Mai ist sie aber noch nicht bei hundert Prozent. Ob sie am Mittwoch im Testspiel gegen WM-Teilnehmer Marokko noch ein paar Spielminuten sammeln kann, wird sich zeigen. Sie ist aber zuversichtlich, dass sie bis zur WM wieder voll einsatzfähig ist. Für die Nati wäre dies von grosser Wichtigkeit, zieht sie doch seit Jahren im Mittelfeld die Fäden und sorgt mit all ihrer Erfahrung für viel Stabilität. Was ihre Ziele mit der Nati sind, das siehst du im Video unten.
Die eindrückliche Karriere von Lia Wälti
Im Alter von acht Jahren beginnt Lia Wältis Laufbahn in der Bubenmannschaft des FC Langnau, die von ihrem Vater gecoacht wird. Mit 14 wird sie im Ausbildungszentrum Huttwil aufgenommen und ein halbes Jahr später wechselt sie zum Team Bern West, wo sie in den Nachwuchs-Förderteams des FC Köniz spielt.
2009 folgt der Wechsel zu YB. Dort spielt sie zunächst in der Jungenmannschaft der U16 – und sie debütiert in der A-Nati der Frauen. Übrigens kommt es auch heute noch vor, dass junge Spielerinnen bei den Jungs mittrainieren. So trainiert etwa das 16-jährige Supertalent Iman Beney bei YB zweimal pro Woche mit den Jungs mit, wie sie kürzlich anlässlich eines Medientermins verriet.
Bei Wälti folgt damals nach einem Jahr der Sprung in die erste Mannschaft der Frauen des BSC YB. 2011 wird sie mit den Bernerinnen Schweizer Meister und steigt zur Kapitänin auf. 2013 zieht es Wälti dann ins Ausland, wo sie in der Bundesliga beim 1. FC Turbine Potsdam Fuss fasst, der zu jener Zeit zu den Top-Adressen im Frauenfussball gehört.
Lia Wälti spielt bei einem der besten Vereine der Welt
Fünf Jahre später unterschreibt sie bei Arsenal einen Vertrag und gewinnt schon in ihrer ersten Saison den Meistertitel. Heute spielt sie noch immer bei den Gunners und erst kürzlich hat die 107-fache Nationalspielerin, die für die Schweiz an Grossanlässen (WM 2015, EM 2017 und 2022) noch keine Minute verpasst hat, ihren Vertrag bis Sommer 2025 verlängert.
Auf Instagram postete sie ein Bild der Vertragsunterzeichnung und schrieb dazu: «Es wurde Arsenal, es blieb Arsenal und es wird Arsenal bleiben. Ich liebe diesen Verein. Ich liebe diese Familie.» Arsenal gehört im Frauenfussball zu den besten Vereinen weltweit, auch wenn in der nationalen Liga Chelsea die Nase in den letzten vier Spielzeiten vorne hat. Seit 2020 spielt mit Noelle Maritz noch eine zweite Schweizerin bei Arsenal.