Nach der tollen EM-Kampagne ist Nationaltrainer Murat Yakin in den verdienten Ferien. Dort sprach der 49-Jährige mit «Blick» über seine Gefühlswelt nach dem bitteren Viertelfinal-Aus gegen England und wie er den Goalie-Kampf um die Nummer 1 sieht.
Am Montag erhielt Murat Yakin mit einem Zwei-plus-Zweijahresvertrag das nötige Vertrauen des Verbandes. Sicher zwei Jahre bleibt auch sein Assistent Giorgio Contini an Bord.
Die Vertragsverlängerung hat er selbst ausgehandelt. «Zugesagt habe ich relativ schnell», so der Basler im Interview mit dem «Blick» und betont: «Der Lohn war nicht matchentscheidend»
Bereits vor einigen Monaten machte ihm der SFV ein Vertragsangebot, welches er damals ablehnte, beziehungsweise die Gespräche auf nach der EM vertagen wollte: «Im Frühling war für mich der Zeitpunkt nicht passend. Irgendwie wollte ich diese Challenge, mich zu beweisen.»
Der Nati-Coach geniesst nun mit seiner Frau Anja und den beiden Töchtern seine wohlverdienten Ferien auf Mallorca. Bis zum Tag des Finalspiels habe er nur noch einmal an das unglückliche EM-Aus im Viertelfinal gedacht: «Man hat im Fussball eine Chance, eine Gelegenheit zu einem Wiederholungsspiel bekommt man nicht. Das gehört zum Spiel. Darum ist es eine verpasste Chance, mit dem Wissen, dass wir auch die Engländer hätten schlagen können.»
Unglückliche Los-Lotterie sprach gegen die Nati
Yakins Fazit: «Es tut weh, weil du weisst, dass mehr drin war. Das ist das, was hängenbleibt.» Aber einerseits hätten sie halt die gebotene Chance nutzen müssen, andererseits müsse man auch dankbar sein, für die tollen Momente, welche sie erleben durften, unterstreicht Yakin.
Er hebt auch die Spielweise seines Teams hervor: «Wir haben zuletzt eine Nati gesehen, die Gegner dominiert hat, auch solche mit grossen Namen. Ich bin jetzt 30 Jahre im Fussballgeschäft, in dieser Zeit war das nie der Fall.» Sie hätten in allen Belangen Fortschritte gemacht, darauf dürfe man stolz sein.
Erst im Elfmeterschiessen war die Niederlage gegen die Three Lions besiegelt. Dabei konnte Yann Sommer keinen Penalty abwehren, während Antipode Jordan Pickford – mit unsportlichem Gebaren – den Schuss von Manuel Akanji entschärfte.
«Das sind halt Spielereien. Manche brauchen das. Mit dem englischen Gentleman hatte das allerdings nichts mehr zu tun», so Yakin und ergänzt: «Aber wir wussten, was auf uns zukommt, unsere Spieler kennen Pickford und wissen, dass er speziell tickt. Das gehört zum Fussball, dass nicht immer alles sauber und regelkonform abläuft.»
Akanji habe sich bei ihm als Erster gemeldet, um den Elfmeter zu treten. Das verdiene zuerst einmal Respekt. Captain Granit Xhaka wäre hingegen aufgrund seiner Muskelprobleme als letzter Schütze vorgesehen gewesen, gesteht Yakin.
Für die Aussenwelt sei eine solche «Ausnahmesituation» schwierig nachvollziehbar, nur wer den langen Gang vom Mittelpunkt bis zum Elfmeterpunkt schon mal selbst erlebt habe, wisse, wovon er spreche. Für Yakin haben zwei Dinge vor der Penalty-Lotterie gegen die Nati gesprochen: «Dass wir vor den englischen Fans geschossen haben und dass wir erst als Zweite schiessen durften. Beides hat das Los entschieden.»
Kobel-Einwechslung war eine Option
Mit Gregor Kobel liess man einen gefürchteten Elfmeter-Killer auf der Bank. Eine Einwechslung vom BVB-Profi sei eine Option gewesen, so Yakin. Aus Respekt gegenüber der etatmässigen Nummer 1 Sommer habe man sich aber dagegen entschieden: «Er hatte die Gelegenheit verdient, dieses Elfmeterschiessen zu bestreiten»., erläutert Yakin.
Ob nun die Wachablösung im Tor ansteht, kann Yakin noch nicht sagen. «Ich werde nach den Ferien mit beiden das Gespräch suchen. Die Frage lautet nicht, wer in drei Tagen, sondern wer in zwei Jahren an der WM im Tor stehen wird.»
Sicher nicht mehr dabei sein wird bei der WM 2026 wird Xherdan Shaqiri, der am Montag seinen Nati-Rücktritt bekannt gab: «Shaqiris Rücktritt bedaure ich in allen Belangen, weil er ein aussergewöhnlicher Fussballer ist und ich ihn auch als Mensch ausserordentlich schätze. Stand heute rechne ich nicht damit, dass ein weiterer Spieler zurücktreten wird.»