Leonidas Stergiou wurde mit Stuttgart völlig überraschend Vizemeister. Der Schweizer erzählt im Interview mit blue Sport, weshalb er in der Hinrunde kaum eingesetzt wurde, wie er seine Position wechselte und wie er sich nach seinem Tor gegen die Bayern fühlte.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Leonias Stergiou wechselte im vergangenen Sommer vom FC St. Gallen in die Bundesliga zum VfB Stuttgart.
- Mit den Schwaben erlebte Stergiou einen Höhenflug, der mit der Vizemeisterschaft und damit der Qualifikation für die Champions League endete.
- Im Interview mit blue Sport erklärt Stergiou, wie er in Stuttgart aufgenommen wurde, in welchen Bereichen er die grössten Fortschritte gemacht hat und weshalb er die Stürmer beneidet.
Leonidas Stergiou hat eine unglaubliche Saison hinter sich. Im Sommer 2023 wechselte er leihweise von St. Gallen in die Bundesliga zum VfB Stuttgart. Dort etablierte sich der Verteidiger in der Rückrunde als Stammspieler, qualifizierte sich mit dem VfB als Vizemeister – noch vor den Bayern – für die Champions League und steht im provisorischen EM-Kader von Murat Yakin.
Stuttgart zog im Mai die Kaufoption über zwei Millionen Euro und stattete den Schweizer mit einem Vertrag bis 2028 aus. Im Interview mit blue Sport erzählt Stergiou von seiner unvergesslichen Saison.
Letzten Sommer sind Sie von St. Gallen in die Bundesliga nach Stuttgart gewechselt. Wie sind Sie dort aufgenommen worden?
Leonidas Stergiou: Als ich angekommen bin, konnte ich mir das eigentlich gar nicht vorstellen. Das war alles relativ neu für mich. Ich hatte noch keinen Vergleich, wie es in einem anderen Profiverein ausser in St. Gallen ist. Aber es war schon ein anderes Niveau, ein anderes Level, das habe ich sofort gemerkt. Vom Verein, dem Staff und den Spielern bin ich super aufgenommen worden.
Gibt es gewisse Spieler, die sich speziell um Sie gekümmert haben?
Am Anfang hatte ich einen guten Draht zu Maximilian Mittelstädt. Wir haben uns sehr gut verstanden und haben am Anfang sehr viel gesprochen. Die Chemie in der ganzen Mannschaft war von Anfang an sehr gut.
In der Hinrunde sind Sie nicht so oft zum Einsatz gekommen. Woran hat es gelegen?
Ich glaube, der Schritt von St. Gallen – oder generell der Super League – in die Bundesliga ist kein einfacher. Das habe ich aber gewusst und die Challenge auch angenommen. Dazu kam, dass ich ein funktionierendes Team angetroffen habe. Alle haben hervorragend performt. Deshalb war es am Anfang schwer, zu Spielzeit zu kommen.
Sie sind gelernter Innenverteidiger, haben in Stuttgart aber hauptsächlich als Rechtsverteidiger gespielt.
Stimmt, das kam auch noch dazu, dass ich noch eine Positionsanpassung hatte, in die ich auch noch reinfinden musste.
Wo fühlen Sie sich denn nun wohler? Innen oder aussen in der Verteidigung?
Ich muss ganz ehrlich sagen, es kommt wirklich je nach taktischer Auslegung darauf an. Mir gefällt die Positionierung in Stuttgart als Aussenverteidiger. Wir interpretieren das jetzt ein bisschen anders in Stuttgart mit dieser Aussenverteidigerrolle. Das finde ich sehr, sehr interessant und auch eine passende Position für mich.
In welchem Bereich haben Sie die grössten Fortschritte gemacht?
Im offensiven Spiel, im Ballbesitz. Dadurch, dass wir in Stuttgart einen extremen Ballbesitzfussball spielen und ständig den Ball an den Füssen haben und in den Trainings auch Spielformeln haben, die offensiv ausgerichtet sind, da habe ich natürlich einen riesigen Schritt gemacht.
Ihren grossen Moment hatten Sie in der Rückrunde. Beim 3:1-Sieg gegen die Bayern haben Sie das 1:0 geschossen. Was ging da in Ihnen vor?
Das kann ich wirklich nicht beschreiben. Ich habe in meiner Karriere ja nicht viele Tore geschossen. Dass ich in einem Topspiel gegen einen Top-Torhüter mein erstes Bundesliga-Tor schiesse, hätte ich so auch nie gedacht.
Was haben Sie denn gedacht, in diesem Moment des Tores?
Das Gefühl ist wirklich unbeschreiblich. Ich beneide die Stürmer, die dieses Gefühl öfters in der Saison haben. In dem Moment überlegt man sich nicht, gegen wen man spielt oder wer im Tor steht. Es war natürlich auch nach dem Spiel sehr cool. Ich habe ziemlich viele Reaktionen erhalten.
Ihre Rückrunde war von Highlights geprägt. Ihr habt die Qualifikation für die Champions League geschafft, seid Vizemeister geworden, habt die Bayern geschlagen und Sie sind im provisorischen EM-Aufgebot für die Nati. Haben Sie schon ein wenig verarbeiten können, was in den letzten Monaten passiert ist?
Ehrlich gesagt, nein, eigentlich nicht. Ich glaube, so viel kannst du auch gar nicht auf einmal verarbeiten. Ich bin extrem glücklich und dankbar für all die Sachen, die geschehen sind. Aber schlussendlich, glaube ich, so richtig verarbeiten kannst du es nicht. Vielleicht irgendwann, wenn ich irgendwo in den Ferien bin und runterkomme, habe ich dann mal Zeit, um das Ganze zu reflektieren und verarbeiten.
Beim VfB Stuttgart hat man Ihre Leistungen registriert und die Kaufoption in Höhe von zwei Millionen Euro gezogen. Dazu haben Sie einen Vertrag bis 2028 erhalten …
… das freut mich extrem, denn auch wenn ich das ganze Jahr nicht so viele Spielminuten hatte, war für mich klar, dass ich gerne bei Stuttgart bleiben möchte. Ich glaube, mein Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft, ich kann noch viel lernen und noch ein besserer Spieler werden. Beim VfB bin ich am perfekten Ort, um den nächsten Schritt zu machen.
Wie habt ihr es geschafft, mit Stuttgart Vizemeister zu werden? Das hat euch kaum jemand zugetraut.
Ich muss hier den Trainer und den ganzen Staff loben. Über das ganze Jahr hat er uns extrem gut auf die Spiele vorbereitet. Wir Spieler sind bis zum letzten Spiel cool geblieben.
Wenn man in Deutschland die Saison vor den Bayern beendet, wird man eigentlich Meister. Hat es euch genervt, dass ausgerechnet diese Saison mit Leverkusen auch eine andere Mannschaft eine unglaubliche Saison hatte?
Man hat natürlich schon darüber gesprochen und es ist sicher auch der eine oder andere Spruch gefallen. Aber man muss halt auch sagen, was Leverkusen in dieser Saison leistet, ist eigentlich nicht von diesem Planeten. In den Partien gegen sie waren wir aber sehr, sehr nah dran, sie zu schlagen.
Nächstes Jahr sind Sie fix in der Champions League. Klingt das noch surreal, wenn Sie sich das vorstellen?
Mit dem beschäftige ich mich erst, wenn ich die Champions-League-Hymne höre. Es sind sehr viele schöne Sachen, die geschehen sind. Auch der Verein hat es extrem verdient, die Fans und die ganze Region nach so vielen Jahren. Deswegen freuen wir uns alle extrem.