Fragwürdige FinanzenRoyals kassieren Schulen und den klammen Gesundheitsdienst ab
Benedikt von Imhoff, dpa
13.11.2024
Tradition spielt in Grossbritannien eine wichtige Rolle – und sorgt dafür, dass das Königshaus liquide ist. Einige Posten, die zum Wohlstand von König Charles III. und seiner Familie beitragen, sorgen für Erstaunen.
Benedikt von Imhoff, dpa
13.11.2024, 23:03
14.11.2024, 07:09
Andreas Fischer
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
König Charles und Prinz William stehen im Vereinten Königreich wegen ihrer Finanzen in der Kritik.
Die Windsors kassieren Millionen von gemeinnützigen und staatlichen Einrichtungen, müssen dafür aber keine Steuern zahlen.
Besonders Prinz William steht in der Kritik: Er sei ein Heuchler, weil er öffentliche Dienste «melke», denen dann Geld soziale Projekte fehlt, schimpfte die Moderatorin Jean Johansson.
Er ist nicht nur das feierlich gekrönte Staatsoberhaupt von Grossbritannien. Charles III. ist auch so etwas wie der König der Landbesitzer. Dem britischen Monarchen und seinem ältesten Sohn Prinz William gehören riesige Flächen im Königreich.
Möglich macht das die Tradition. Dem König fliessen die Einkünfte aus dem Herzogtum Lancaster zu, das 1399 eingerichtet wurde. Der Thronfolger bekommt jene aus dem Herzogtum Cornwall, das seit 1337 existiert.
Die Ländereien und Grundstücke bringen Charles, der am Donnerstag seinen 76. Geburtstag feiert, und William jedes Jahr viel Geld ein. Eine Recherche der Zeitung «Sunday Times» und des Senders Channel 4 ergab fürs vergangene Jahr Einkünfte in Höhe von insgesamt 50 Millionen Pfund (56,5 Millionen Franken).
Royals kassieren Pacht für Schulen und Gefängnis
Einige Posten auf der Liste sorgen dabei allerdings für Aufsehen. So erhält Charles' Herzogtum Lancaster über 15 Jahre insgesamt 11,4 Millionen Pfund von einer Organisation des finanziell maroden Gesundheitsdiensts NHS. Dabei geht es um ein Lagerhaus in London, in dem Krankenwagen untergestellt werden.
Die Ländereien bekommen demnach auch Geld vom Verteidigungsministerium für den Zugang zum Anlegen von Booten und Auftanken von Kriegsschiffen, von staatlichen Schulen für die Nutzung ihrer Grundstücke und von einem örtlichen Gemeinderat für den Betrieb einer Mautbrücke. Auch ein Gefängnis steht auf königlichem Land: Die millionenschwere Pacht wird vom Justizministerium mit Steuergeld beglichen.
Vom Herzogtum Lancaster hiess es dazu, man operiere «als kommerzielles Unternehmen, das eine breite Palette von Land- und Immobilienvermögen in England und Wales verwaltet». Ein Sprecher von Williams Herzogtum Cornwall sagte der BBC, es sei «ein privater Verwalter mit einem kommerziellen Anspruch». Alle britischen Gesetze und regulatorischen Vorschriften würden befolgt.
Die royalen Finanzen rufen Kritiker auf den Plan. Sie drängen seit Langem auf eine Reform, wie die Ländereien und Güter besteuert werden. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Finanzministerium werden nämlich weder Kapitalertrag- noch Körperschaftsteuer fällig. Auch an Eigentumsgesetze wie Enteignungsanordnungen müssen sich die Verwaltungen nicht halten.
Prinz William «melkt» öffentliche Dienste
Die frühere Unterhausabgeordnete Margaret Hodge sagte der BBC: «Wir alle lieben die Monarchie, wir alle wollen, dass sie funktioniert. Aber wir wollen, dass sie mit gutem Beispiel vorangeht, was die Art und Weise angeht, wie sie ihre Finanzen verwaltet.»
Das Königshaus könne sich nicht die Vorteile beider Seiten herausziehen. «Wenn sie privat und kommerziell sein wollen, müssen sie den fairen Steuersatz zahlen, wie alle anderen auch, sonst bekommen sie einen Wettbewerbsvorteil», sagte Hodge.
Die Monarchie-kritische Organisation Republic fordert, die Royals sollten deutlich weniger Steuergeld erhalten und viel mehr privat finanzieren. Das wäre gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen ein wichtiger symbolischer Schritt.
Die Moderatorin Jean Johansson kritisierte in ihrer Kolumne für die «Sunday Mail» vor allem Prinz William als Heuchler. Der 42-Jährige hat es zu seinem Ziel erklärt, die Wohnungslosigkeit zu beenden.
Doch tatsächlich «melke» William öffentliche Dienste, die deshalb weniger Geld für die Abgehängten hätten, betonte Johansson. «Wie kann es sein, dass nicht die ganze Nation darüber empört ist?» Die Royals, so die Moderatorin, hätten Glück gehabt: Die US-Wahl habe die Veröffentlichung überschattet, der Aufschrei blieb aus.
Privater Besitz von unschätzbarem Wert
Die Geldgeschäfte der Windsors sind seit jeher ein Aufreger. Die Finanzierung der offiziellen Amtssitze wie dem Buckingham Palast geschieht über Einnahmen des Kronguts. Diesem Crown Estate gehören ebenfalls grosse Flächen sowie wertvolle Immobilien, aber auch der Meeresgrund in der britischen Zwölf-Meilen-Zone. Von den Einnahmen des Liegenschaftsverwalters erhält das Königshaus einen Anteil von 25 Prozent, den sogenannten Sovereign Grant.
Hinzu kommt der Privatbesitz: wertvolle Pferde, historische Fahrzeuge, die grösste Briefmarkensammlung der Welt, unzählige Meisterwerke sowie Aktien. Ein gewaltiger Teil des Vermögens besteht aus Juwelen, die vor allem von Charles' Urgrossmutter Queen Mary gesammelt wurden und die der König von seiner Mutter Queen Elizabeth II. geerbt hat. Erbschaftsteuer wurde dafür nicht fällig.
König und Thronfolger zahlen derweil freiwillig die höchste Einkommensteuerrate von 45 Prozent auf ihre Einnahmen. Bei der letzten Steuererklärung wurde bekannt, dass Charles 5,9 Millionen Pfund gezahlt hatte und damit nur eine Steuerrate von 25 Prozent. Der Monarch hatte Ausgaben abgezogen, die seiner Ansicht nach mit seinen offiziellen Pflichten verbunden waren.
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