Experte vermutet Corona als Ursache Schweizer Rekruten sind deutlich weniger fit

klm

4.12.2023

Ein junger Rekrut stellt sich im Rekrutierungszentrum Aarau während der Pandemie dem Sporttest während der Aushebung.
Ein junger Rekrut stellt sich im Rekrutierungszentrum Aarau während der Pandemie dem Sporttest während der Aushebung.
Bild: Keystone

Beinahe alle Schweizer Männer führen bei der Militär-Aushebung einen Fitnesstest aus. Die Messdaten geben einen Einblick, wie fit die Schweizer Jugendlichen sind – und zeigen derzeit einen Sinkflug. 

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Jedes Jahr gehen über 95 Prozent der 18-Jährigen des jeweiligen Jahrgangs an die Militär-Aushebung. 
  • Dort absolvieren sie einen Fitnesstest.
  • Seit 2020 zeigen die Zahlen eine signifikante Verschlechterung.
  • Die Gründe sind nicht klar bestätigt, aber die Folgen von Covid-Erkrankungen dürften eine Rolle spielen.

Wie fit sind Schweizer Teenager? Zumindest bei den Männern gibt es dank der Militär-Einstufung einen umfassenden Überblick. Denn 95 Prozent der Jugendlichen aller Jahrgänge nehmen jährlich an der Aushebung teil, wo auch ein Fitnesstest durchgeführt wird. 

Bei den erbrachten Leistungen gibt es aber seit der Corona-Pandemie einen Einbruch, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Beinahe in allen Disziplinen haben sich die Leistungen seit 2020 verschlechtert – besonders gross ist der Abstieg bei Ausdauer- und Kraftübungen. 

So konnten die Rekruten im Jahr 2020 das vorgegebene Tempo beim Lauftest auf der Rundbahn noch durchschnittlich 799 Sekunden mithalten. 2022 waren es dann nur noch 751 Sekunden. Einen ähnlichen Abstieg zeigen auch die Daten vom Pendellauf, dem Standweitsprung oder dem Medizinballstoss. 

Beim Rumpfkrafttest konnten die Rekruten die Plank-Stellung 2020 noch durchschnittlich 121 Sekunden halten. 2022 waren es dann nur noch 113 Sekunden.

Bewegung nahm während der Corona-Pandemie nicht ab

Forscher Alain Dössegger, der für die Evaluation der Daten des Fitnesstests der Armee verantwortlich ist, bestätigt dem «Tages-Anzeiger», dass die fallenden Zahlen statistisch belegt und deshalb nicht zufällig seien. Über die Gründe kann der Sportwissenschaftler aber nur spekulieren. So könnte der Bewegungsmangel während der Pandemie eine Ursache sein. «Obwohl wir da gemäss Studien keinen bedeutenden allgemeinen Rückgang sahen», fügt Dössegger an. 

Seine Aussage deckt sich mit den Daten der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022, die zeigte, dass es seit 2017 keine Veränderung bei den Aktivitätsniveaus in der Bevölkerung gegeben habe.

Könnten also Covid-Erkrankungen eine Verschlechterung der Fitness ausgelöst haben? «Sars-CoV-2 kann den Körper über sehr lange Zeit beeinträchtigen», so Dössegger. «Ich kenne doch einige Fälle, die nach Covid nicht mehr die volle Leistung erbringen können. Wenn ich bei körperlich stark aktiven Armee-Einheiten nach Einbussen der maximalen Leistung frage, fühlt sich jeweils gut die Hälfte der hoch trainierten Leute betroffen.»

Sars-CoV-2 hat negativen Einfluss auf Leistung

Wilhelm Bloch ist der Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Sporthochschule Köln und forscht über das Thema Covid und Sport. «Wir sehen hier an der Sporthochschule Köln öfter, dass Covid bei Athleten zu Leistungseinbrüchen führt. Daher sind diese Daten der Schweizer Rekruten schon sehr interessant, die einen Fitnessknick zeigen», sagt Bloch zum «Tages-Anzeiger».

Bloch betont, dass Sars-CoV-2 Eigenschaften habe, die «sehr unangenehm» für den Körper sein können. So verändert das Virus zum Beispiel die roten Blutkörperchen und macht die Gefässe eng. Sauerstoff wird ausserdem nicht mehr so effizient abgegeben und erreicht die Muskulatur weniger gut. «Das hat einen negativen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit vor allem in Ausdauerdisziplinen im aeroben Bereich. Oft wird ein erhöhter Pulsschlag im Ruhe- und im Belastungsbereich beobachtet», sagt Bloch. 

Laut den beiden Sportwissenschaftlern müsse man den gesundheitlichen Auswirkungen von Covid also auch in Zukunft systematisch auf den Grund gehen. Bloch: «Ich bin überzeugt, dass wir sonst in den nächsten Jahren vermehrt Leistungsreduktionen feststellen werden in unserer Gesellschaft.»