Grundeinkommen, Schulden abbauen So soll die Schweiz in die Normalität zurückkehren

Von Jennifer Furer

15.4.2020

Am Donnerstag will der Bundesrat bekannt geben, wie die Schweiz wieder in die Normalität finden soll. (Symbolbild)
Am Donnerstag will der Bundesrat bekannt geben, wie die Schweiz wieder in die Normalität finden soll. (Symbolbild)
Keystone

Am Donnerstag will der Bundesrat eine erste Lockerung des Lockdowns bekannt geben. Interessenverbände und Parteien bringen nun ihre Forderungen an. Gesundheitsminister Berset hat bereits einen Vorschlag ausgearbeitet.

Wie kann die Schweiz wieder in die Normalität zurückkehren? Die Antwort auf diese Frage wird der Bundesrat am Donnerstag in einer Medienkonferenz bekannt geben. Nebst ausländischen Austrittsstrategien wird sich der Bundesrat dabei auch die inländischen Forderungen, wie eine Lockerung des Lockdowns vonstattengehen soll, anschauen dürfen und müssen.

Die Wunschliste ist lang, und Forderungen kommen aus jeder Ecke – etwa von Interessenverbänden, politischen Parteien, aus dem Gewerbe, von Kleinunternehmen und Selbstständigen sowie aus dem Detailhandel. So vielschichtig die Absender der Forderungen, so unterschiedlich ihre Begehren.

Die Jungen Grünen forderten etwa am Mittwoch den Bundesrat mittels einer Petition dazu auf, per sofort ein bedingungsloses Grundeinkommen zu erlassen. Dieses soll bei Erwachsenen 2'500 Franken betragen und pro Kind respektive Jugendlichen 625 Franken.

Digitales Parlament

Das Grundeinkommen soll unbefristet, aber mindestens bis zum Ende der ausserordentlichen Lage wegen des Coronavirus Bestand haben. «Nur ein bedingungsloses Grundeinkommen kann in diesen Zeiten die Zukunft aller Menschen sichern», so Julia Küng, Co-Präsidentin der Jungen Grünen. Über die Initiative hat das Schweizer Volk 2016 abgestimmt und diese mit 77 Prozent Nein-Stimmen versenkt.

Auch die FDP mischt mit Forderungen zum Lockdown-Ausstieg mit. Sie hielt am Mittwoch sogar eine digitale Medienkonferenz dazu ab. Parteipräsidentin Petra Gössi sagte: «Die staatlichen Eingriffe müssen so schnell wie möglich zurückgefahren werden – natürlich im Einklang mit den gesundheitlichen Massnahmen.»



Zentrale Forderungen der Partei sind: Die Digitalisierung vorantreiben, die finanzielle Unterstützung des Bundes von Privaten zurückfahren, Schulen und Geschäfte so schnell wie möglich, aber unter Wahrung der Hygieneregeln, schrittweise wiedereröffnen sowie die Massnahme zur Unterstützung von Selbstständigen durch den Bund überdenken.

Es gelte zudem, möglichst schnell zu einer freiheitlichen und demokratischen Grundordnung zurückzufinden. Dabei sei auch die Normalisierung der demokratischen Prozesse zentral. «Die Digitalisierung spielt auch in der Politik eine wichtige Rolle. Deshalb ist es wichtig, dass das Parlament virtuell tagen kann», sagte FDP-Ständerat Andrea Caroni.

Ausbau des Telekommunikationsnetzes

Ähnlich lassen sich auch die Forderungen der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse zusammenfassen. Sie geht aber einen Schritt weiter: So fordert Avenir Suisse, dass jegliche betriebliche Aktivitäten generell erlaubt sein sollen – auch jene von Restaurants und Bars.

Bei Berufen, in dem Körperkontakt unumgänglich sei, soll Maskenpflicht gelten. «Als Grundsatz gilt eine Selbstdeklaration der Unternehmen, mit der sie sich zur Einhaltung der BAG-Hygieneregeln bekennen», heisst es in einem Analysepapier.



Avenir Suisse fordert für den Corona-Exit zudem den Abbau der vom Bund angehäuften Schulen zur Bekämpfung der Pandemie innert 15 Jahren, heisst es weiter. Priorität soll auch der Ausbau des Telekommunikationsnetzes geniessen. Letztlich seien Vorkehrungen für eine umfassende Impfung rechtzeitig anzugehen.

Auch der Schweizerische Gewerbeverband trumpft mit einer umfassenden Exit-Strategie auf – er nennt sie «Corona: Smart Restart». Konkret geht es dem Verband um zwei Forderungen.

Appbasiertes Monitoring

Erstens soll ein «Übergang in eine Logik des gezielten Schutzes» erfolgen. Das heisst: Vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) definierte Gruppen von besonders gefährdeten Personen sollten sich eigenverantwortlich an die Schutzmassnahmen halten.

Zudem will der Gewerbeverband, dass Personen mit Symptomen und positiv Getestete sich grundsätzlich in Quarantäne begeben sollen. Derweil solle die Mehrheit der Bevölkerung abhängig von der epidemiologischen Lage schrittweise die gewöhnlichen Tätigkeiten wieder aufnehmen.

«Ein appbasiertes Monitoring unterstützt und steuert diese Logik des gezielten Schutzes auf der Basis von Freiwilligkeit und Eigenverantwortung, damit der Datenschutz eingehalten wird», so der Gewerbeverband.

Die zweite Forderung des Gewerbeverbandes sieht die Lockerung von Verboten und Vorschriften vor. Je nach Entwicklung der täglichen Wachstumsrate der positiven Fälle und der Anzahl Tage bis zur Fallverdoppelung sollten die gesund­heits­politischen Massnahmen schrittweise gelockert werden.

Berset verabschiedet Vorschlag

Noch bleibt abzuwarten, wie der Bundesrat die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus lockern will. Laut dem «Tages-Anzeiger» und «Blick» hat Gesundheitsminister Alain Berset (SP) bereits einen Vorschlag in die Ämterkonsultation gegeben. 

Laut den Medienberichten will Berset einen Ausstieg in drei Phasen vollziehen. In einer ersten Phase sollen ab dem 27. April Baumärkte und Gartenzentren wieder öffnen – unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln.

Zudem sollen jene wieder normal arbeiten dürfen, die «personenbezogene Dienstleistungen» erbringen – etwa Coiffeusen und Coiffeure sowie Physiotherapeutinnen und -therapeuten. 

In Berufen mit Körperkontakt werde eine Schutzmaskenpflicht gelten. Zudem sollen Spitäler ambulante Therapien wieder durchführen können.

Schritt zwei des Ausstiegsplans soll zwei Wochen später folgen: Ab dem 11. Mai sollen die Primarschulen die Klassenzimmer schrittweise wieder öffnen.

Am 8. Juni sollen Bars und Restaurants wieder öffnen dürfen. Auf dieses Datum hin ist der grösste Teil der Lockerungsmassnahmen vorgesehen. Mitte Mai soll der komplette Detailhandel freigeben und auch stationäre Spitalbehandlungen wieder zugelassen werden.

Der Plan von Berset ist noch nicht abgesegnet. Die Ämter und zuletzt der Gesamtbundesrat haben noch ein Wörtchen mitzureden. Laut dem «Tages-Anzeiger» kritisieren besonders Wirtschaftsvertreter den Ausstiegsplan. Grund: Die Lockerungen erfolgten zu langsam.


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