Parlament Covid-App, Überbrückungsrente und Ehe für alle: Sommersession beginnt

SDA / jka

2.6.2020

Trifft sich nochmals in den Hallen der Bernexpo: das Schweizer Parlament.
Trifft sich nochmals in den Hallen der Bernexpo: das Schweizer Parlament.
Bild: Keystone

Einen Monat nach der ausserordentlichen Session tagt das Parlament erneut und widmet sich nebst der Corona-Krise weiteren Vorlagen. Welche Geschäfte behandelt werden – und wo es endlich eine Lösung braucht. 

Noch kehrt das Parlament nicht wieder in sein altes Zuhause zurück. Auch die Sommersession vom 2. bis zum 19. Juni findet in den Hallen der Berner Messe Bernexpo statt – dort können die Distanzregeln eingehalten werden und die Infrastruktur steht bereits.

Anders als in der Sondersession, in der die Stimmabgabe im Ständerat per Aufstehen erfolgte, wird man in der kleinen Kammer in den kommenden drei Wochen wie gewohnt abstimmen können. Die Abstimmungsanlage in der Bernexpo ist mit einem Bildschirm ergänzt worden, der das Stimmverhalten der einzelnen Ratsmitglieder abbildet.

Das Programm in beiden Räten ist dicht gedrängt. Während die ausserordentliche Session ausschliesslich der Bewältigung der Pandemie gewidmet war, werden sich National- und Ständerat in den kommenden Wochen zusätzlich wieder um andere Vorlagen kümmern. So werden auch Dossiers aufgenommen, die aufgrund des Abbruchs der Frühlingssession nicht oder nicht zu Ende behandelt wurden. 

Einigung über Geschäftsmieten während Lockdown?

Doch die Corona-Krise bleibt dominant. Das Parlament soll etwa die gesetzlichen Grundlagen für die SwissCovid-App verabschieden. Die Rückverfolgung von Corona-Fällen per App soll bereits Ende Juni zum Einsatz kommen – sofern das Parlament der Änderung des Epidemiengesetzes zustimmt. 

Weitergeführt werden auch die Diskussionen über die 400 Millionen Franken, die der Bundesrat in Aussicht gestellt hat, um die weltweiten Folgen der Pandemie zu mildern. Die Räte haben während der ausserordentlichen Session Anfang Mai verschiedene Aufträge an den Bundesrat überwiesen.

Zudem soll das Problem der Geschäftsmieten endlich gelöst werden. In der ausserordentlichen Session von Anfang Mai kamen National- und Ständerat auf keinen gemeinsamen Nenner.



Inzwischen haben sich zuständigen Ratskommissionen auf einen Kompromiss geeinigt: Geschäftsmietende sollen den Vermietern für die Zeit des Lockdowns 40 Prozent der Miete schulden – für die restlichen 60 Prozent müssen die Vermieterinnen aufkommen. Stimmen die Gesamträte diesem Vorschlag zu, muss der Bundesrat noch während der Session mit der Umsetzung beginnen. 

Überbrückungsrente und CO2-Gesetz: Debatte geht weiter

Ganz zu Beginn der Session – am Dienstagnachmittag – debattiert der Nationalrat jedoch über ein anderes Geschäft, bei welchem eine Einigung bis anhin auf sich warten liess: die Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose. Vor Abbruch der Session im März näherten sich die Räte an, nur bei den Leistungsobergrenzen gibt es noch immer Klärungsbedarf. 

Der Ständerat hingegen befasst sich am ersten Tag mit dem Datenschutzgesetz. Uneinigkeit herrscht zwischen den Räten über das sogenannte Profiling. In der Vergangenheit hat sich der Nationalrat gegen strengere Regeln gewehrt, wie sie vom Ständerat vorgeschlagen wurden. Das Ziel der Vorlage ist ferner eine EU-kompatible Gesetzgebung, damit den Unternehmen keine Nachteile drohen.

Auch die Debatte über das CO2-Gesetz geht in der Sommersession in eine neue Runde. Nachdem der Nationalrat die Vorlage Ende 2018 abgelehnt hatte, wird er in der zweiten Sessionswoche die Vorschläge des Ständerats thematisieren. Spannend dabei dürfte sein, inwiefern sich die Diskussionen von der Corona-Krise leiten lassen.

Entscheid zur Zukunft des Zivildiensts

Der Ständerat befasst sich weiter mit dem umstrittenen indirekten Gegenschlag zur Konzernverantwortungsinitiative. Das Volksbegehren fordert, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden von Tochtergesellschaften im Ausland haften.

Seit über zwei Jahren schon beschäftigt sich das Parlament mit dieser Vorlage. Die Behandlungsfrist wäre eigentlich am 10. April ausgelaufen. Angesichts der Corona-Krise kam es jedoch zu einem Friststillstand. Über einen allfälligen Antrag der Einigungskonferenz stimmen die Räte in der zweiten Sessionswoche ab.

Kurz vor Abschluss stehen zudem weitere Geschäfte – etwa das Enteignungsgesetz. Der Ständerat berät am Mittwoch die letzte verbleibenden Differenz in Bezug auf die Enteignung von landwirtschaftlichem Kulturland. Namentlich geht es dabei um die Frage, ob Mitglieder der Schätzungskommission im Alter von 68 Jahren ausscheiden sollen oder nicht.



Auch das Zivildienstgesetz befindet sich auf der Zielgeraden. Wie der Ständerat möchte auch eine Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK) eine Wartefrist für Personen einführen, die nach abgeschlossener Rekrutenschule von der Armee in den Zivildienst wechseln wollen. Die grosse Kammer nimmt sich der Thematik am Donnerstag an.

Transparenz-Initiative und Unterstützung für die Medien

Traktandiert ist weiter die Transparenz-Initiative, die im Dezember erstmals vom Parlament behandelt wurde. Auch ein Gegenentwurf, welcher den Ständerat damals verabschiedet hat, wird zur Debatte stehen. Die Initiative soll 2021 vors Volk kommen.

Sie sieht vor, dass Parteien und grössere Komitees künftig offenlegen müssen, woher Spenden im Wert von über 10'000 Franken stammen. Auch Einzelpersonen, die im Rahmen einer politischen Kampagne ein Budget von mehr als 100'000 Franken zur Verfügung haben, sollen laut den Initianten dazu verpflichtet werden, die grossen Spenden zu deklarieren. 

Einmal mehr wird die Ehe für alle das Parlament beschäftigen. Der Nationalrat soll am Mittwoch über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare debattieren. In der Vergangenheit zeigten sich die Fraktionsmitglieder in zwei ähnlich grosse Gruppen gespalten – entscheidend wird deshalb vor allem die Position der CVP sein. 

Volle Traktandenlisten 

Doch auf dem Programm des Parlaments stehen nicht nur Dauerbrenner. Zum ersten Mal müssen sich die Politikerinnen und Politiker mit einem Massnahmenpaket für die Medien beschäftigen, das der Bundesrat vorgeschlagen hat.

Dieser will Zeitungen, Radio- und TV-Stationen sowie Nachrichtenagenturen in Zukunft stärker unterstützen. Neu sollen auch Onlinemedien zum Zug kommen. Daneben berät der Nationalrat Vorstösse zur Beseitigung der doppelten Besteuerung von Arbeitsgemeinschaften bei den Radio- und TV-Gebühren.

Auf der Traktandenliste des Nationalrates stehen zudem die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, die Revision des ETH-Gesetzes, der Beitritt zu den geänderten Neuen Kreditvereinbarungen des Internationalen Währungsfonds und die Änderung der Strafprozessordnung.

Auch über weitere Massnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen, die Strategie der künftigen internationalen Zusammenarbeit sowie die Anti-Terror-Gesetze, wird die grosse Kammer debattieren.

Der Ständerat behandelt unter anderem den Verlagerungsbericht, verschiedene Doppelbesteuerungsabkommen sowie die Legislaturplanung. Weiter entscheidet die kleine Kammer über die Armeebotschaft oder das Vorläuferstoffgesetz.

Bilder des Tages

Zurück zur Startseite