Kleider in der Schweiz 30 Prozent teurer «Der Preisunterschied zeigt, wie schamlos Läden vorgehen»

Lea Oetiker

1.11.2024

Der schwedische Kleiderladen Arket überklebt in den Schweizer Läden seine Euro-Preise.
Der schwedische Kleiderladen Arket überklebt in den Schweizer Läden seine Euro-Preise.
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Der Kleiderladen Arket verdeckt die günstigeren Euro-Preise. Eine Untersuchung zeigt, dass Schweizer Kunden bis zu 60 Prozent mehr für dieselben Kleidungsstücke zahlen. Experten kritisieren diese Preispolitik. 

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Kleiderladen Arket in Zürich verdeckt die günstigeren Euro-Preise auf seinen Etiketten.
  • Der Grund dafür: In der Schweiz bezahlst du sehr viel mehr für die Kleidung.
  • Experten kritisieren die Vorgehensweise von Arket als schamlose Ausnutzung der höheren Kaufkraft in der Schweiz.

An der Zürcher Bahnhofstrasse befindet sich seit letztem Dezember der schwedische Kleiderladen Arket. Sein Konzept: Nachhaltige und zeitlose Kleidern in skandinavischem Stil.

Nur ein paar Meter entfernt findet man den H&M. Hier wird vor allem auf schnelllebige Trends gesetzt. Doch eines haben die Läden trotzdem gemeinsam: Zusammen mit COS, Weekday und & Other Stories gehören sie zum selben Unternehmen.

Die Preise variieren untereinander stark. Weekday und H&M sind etwas günstiger, COS, & Other Stories und Arket bewegen sich im mittleren Segment.

Arket klebt Euro-Preise ab

So kostet eine weisse Felljacke bei Arket 299 Franken. In Euro hingegen 199, umgerechnet 187 Franken. Also ein ziemlich grosser Preisunterschied. Aber so einfach ist dies gar nicht zu erkennen: Der Kleiderladen hat den Euro-Preis mit einem Kleber überklebt. Das machen sie bei all ihren Kleidern so.

So werden die Preise im Kleiderladen Arket abgeklebt.
So werden die Preise im Kleiderladen Arket abgeklebt.
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Hinter dem Kleber sieht man den Euro-Preis, der um einiges tiefer ist.
Hinter dem Kleber sieht man den Euro-Preis, der um einiges tiefer ist.
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Ein weiteres Beispiel: Auf dem Preisschild des weissen Strickpullovers ist der Preis in Schweizer Franken, norwegischen Kronen und polnischen Zloty angegeben. Die rechte Sparte wird jedoch wieder mit einem Kleber überdeckt. Nimmt man diesen weg, kommt der Euro-Preis hervor.

Jetzt ist der deutliche Preisunterschied erkennbar: 129 Schweizer Franken kostet der Pulli, oder eben 89 Euro. Ein Preisunterschied von 40 Franken.

Auch an diesem Beispiel ist zu sehen, wie viel günstiger der weisse Pullover in beispielsweise Deutschland ist.
Auch an diesem Beispiel ist zu sehen, wie viel günstiger der weisse Pullover in beispielsweise Deutschland ist.
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blue News schaut auch bei Weekday, COS, H&M und & Other Stories vorbei. Weekday klebt die unterschiedlichen Währungen nicht ab, der Preisunterschied ist auf den ersten Blick deutlich erkennbar. Die Preise in der Schweiz sind hier etwas höher als im Ausland, jedoch nicht so gross wie beispielsweise bei Arket.

Der Kleiderladen Weekday klebt die Preise nicht ab. 
Der Kleiderladen Weekday klebt die Preise nicht ab. 
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Beim Kleiderladen & Other Stories ist nur der Schweizer Preis aufgeklebt. Bei dessen Schmuck hingegen sind auch andere Währungen zu sehen – nicht abgeklebt.

Beim Schmuck hat der Kleiderladen & Other Stories die Währungen ebenfalls nicht abgeklebt.
Beim Schmuck hat der Kleiderladen & Other Stories die Währungen ebenfalls nicht abgeklebt.
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Schweizer*innen bezahlen oft 30 Prozent mehr als EU-Bürger*innen

Jean-Claude Frick ist Digital-Experte bei Comparis. Er erklärt, dass Händler in der Schweiz gesetzlich dazu verpflichtet sind, die Preise klar und deutlich anzugeben.

Aber: «Es besteht keine Pflicht, offenzulegen, dass identische Kleidungsstücke in der EU oft 30 Prozent oder noch mehr weniger kosten als hierzulande», so Frick. Dies stellt Schweizer Händler vor Herausforderungen, da viele Waren aus dem Ausland importiert werden und bereits mit Preisangeben für verschiedene europäische Länder etikettiert sind.

«Einige Läden versuchen, die günstigeren EU-Preise auf den Etiketten zu verdecken, um den Preisunterschied weniger offensichtlich zu machen. Dieses Vorgehen kommt immer wieder vor, auch bei Online-Händlern», so Frick.

Auch André Bähler, Leiter Politik und Wirtschaft beim Konsumentenschutz, erklärt blue News: «Das Überkleben von Etiketten verhindert Preistransparenz, ist aber nicht verboten.» Unternehmen, die in der Schweiz eigene Filialen unterhalten, hätten gewisse Mehrkosten, zum Beispiel wegen den höheren Mieten.

«Der Preisunterschied zeigt, wie schamlos gewisse Unternehmen vorgehen»

Auch Frick räumt ein, dass Unternehmen mit höheren Fixkosten wie Personal und Miete in der Schweiz einen gewissen Preisaufschlag rechtfertigen können. Allerdings betont er: «Der Preisunterschied zeigt, wie schamlos gewisse Unternehmen vorgehen. Es gibt absolut keinen Grund dafür, den Preis so massiv zu erhöhen.»

Neben den höheren Fixkosten spiele aber auch die Kaufkraft hierzulande eine Rolle: «Es geht schlicht auch darum, dass man die höhere Kaufkraft der Schweiz abschöpft.» Das heisst, dass Unternehmen die stärkere Wirtschaftskraft und das höhere Einkommensniveau in der Schweiz ausnutzen, um ihre Preise über das notwendige Mass hinaus zu erhöhen und dadurch höhere Gewinne zu erzielen.

«Preise werden an das Preisniveau in den einzelnen Märkten angepasst»

Auf Anfrage von blue News schreibt Arket: «Die Preisgestaltung kann von Markt zu Markt variieren und wird von einer Reihe von Faktoren und lokalen Bedingungen beeinflusst.»

Das Ziel sei es, die beste Mischung aus Mode, Qualität und Nachhaltigkeit zu einem möglichst günstigen Preis zu bieten. «Um dies zu erreichen, werden unsere Preise an das jeweilige Preisniveau in den einzelnen Märkten angepasst, wobei Steuern, allgemeine Kostenstrukturen und andere externe Variablen berücksichtigt werden.»

Auf die Frage, warum sie ihre Preisschilder abkleben, wollen sie nicht antworten. blue News fragt auch bei Weekday nach. Ihre Antwort lautet exakt gleich wie jene von Arket.

Geoblocking-Verbot bietet Schweizerinnen und Schweizern mehr Spielraum

Doch dulden müssen Schweizerinnen und Schweizer die höheren Preise nicht. Seit der Einführung des Geoblocking-Verbots im Jahr 2018 gibt es mehr Handlungsspielraum.

Konsumentinnen und Konsumenten in der EU können dadurch ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Wohn- oder Niederlassungsortes, auf jeder beliebigen europäischen Website online einkaufen. «Ein ausländischer Anbieter muss seine Waren zwar nicht in die Schweiz liefern, darf die Lieferung im Ausland aber nicht verweigern», so Bähler.

Somit können Kunden aus der Schweiz die Ware beispielsweise an eine deutsche Lieferadresse in Grenznähe senden lassen und dort abholen oder von einem entsprechenden Anbieter weitersenden lassen. «Bei grossen Preisunterschieden lohnt sich dieser Aufwand rasch», so Bähler.