An der Spitze der Massnahmen-Gegner Das macht die Neue Rechte so gefährlich

lpe

12.2.2022

Ein Demonstrant trägt ein Halstuch der rechtsextremen Gruppierung «Junge Tat», an einer Kundgebung gegen die Corona Massnahmen Ende Januar in Bern.  
Ein Demonstrant trägt ein Halstuch der rechtsextremen Gruppierung «Junge Tat», an einer Kundgebung gegen die Corona Massnahmen Ende Januar in Bern.  
KEYSTONE/Stringer

Die Neuen Rechten  marschieren bei den Corona-Demos vorneweg und präsentieren ihre Aktionen auf Social Media. Sie haben alte Gruppierungen wie Pnos verdrängt, profitieren dennoch von ihnen.

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Rechtsextreme laufen neuerdings an den Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen an der Spitze. Auch an einer unbewilligten Demonstration in der Stadt Zürich griff die Stadtpolizei eine gewaltbereite, rechtsextreme Gruppierung auf. 

Präsent waren die Rechtsextremisten an den Protesten von Anfang, «jetzt haben sie eben den Lead übernommen», sagt Giorgio Andreoli von der Informationsstelle «Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus» in der SRF-Sendung «Echo der Zeit».

Die rechtsextreme Szene habe sich die Taktik aus dem Ausland abgeschaut, sagt Hans Stutz, Luzerner Journalist, der die Szene seit Jahren beobachtet. «Sowohl in Österreich als auch in Deutschland ist es Rechtsextremen gelungen, sich an die Spitze von Demonstrationszügen zu setzen. Und sie wurden nicht vertrieben.»

Die Parolen seien dieselben, in Wien wie auch in Bern. Es ginge um Aufmerksamkeit, darum, junge Menschen anzusprechen. «Mehr gesellschaftliche Resonanz zu haben und damit mehr politisches Gewicht zu bekommen.»



Die Rechtsextremisten gehören einer neuen Bewegung an – der Neuen Rechten, zu der auch die Gruppierung Junge Tat zählt. Längst haben sie ältere rechtsextreme Gruppierungen wie die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) verdrängt.

Ein parteipolitisches Engagement, wie es bei Pnos gepflegt wurde, sei für die junge Generation nicht mehr zeitgemäss, sagt Dirk Baier vom Institut für Delinquenz und Kriminalprävention an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zur NZZ.

Die gleiche Ideologie, aber eine andere Aktionsform

Die Neue Rechte gebe sich modern und vermeide allzu direkte Bezüge zu Nationalsozialisten, erklärt Baier, dabei sei ihre Ideologie aber nicht minder rassistisch und demokratiefeindlich. «Mit dem Ende der Pnos stirbt eine Aktionsform aus, aber nicht die Ideologie.» 

Die Neue Rechte unterscheidet sich auch in ihrer Präsentation:  Sie postet in den sozialen Medien Bilder und Videos von ihren Aktionen, auf öffentlichen Profilen.

Laut dem Nachrichtendienst des Bundes ist dies ungewöhnlich: Üblicherweise erfolgen solche Veränderungen und die Aktivitäten der rechtsextremen Szene diskret, schreibt er in seinem sicherheitspolitischen Bericht von 2021. Die neuen Gruppierungen hingegen wählten eine «ungewöhnlich provokante Strategie», ob aus Lust an der Provokation oder aus Naivität sei nicht zu sagen. 

Die Veränderungen in der Szene übersteigen laut NDB derzeit das Normalmass. Wenn Gruppierungen wie Pnos zerfallen, birgt das auch Risiken: Wenn ehemalige, erfahrene Mitglieder Anschluss an neue Gruppierungen finden, dann könne der Austausch mit jungen Aktivisten die Handlungsfähigkeit dieser Gruppierungen stärken und auch die Bereitschaft steigern, sich zu exponieren. Deshalb sei «mit einer Zunahme von Gewalttaten gewalttätiger rechtsextremer Gruppierungen zu rechnen».



Besorgnis bereitet da auch die zunehmende Bewaffnung der rechtsextremen Szene. Im Januar vergangenen Jahres wurden bei der Verhaftung von mutmasslichen Mitgliedern der rechtsextremen Gruppierung Eisenjugend Waffen gefunden. Der NDB schreibt dazu in seinem Bericht: «Die Attraktivität des Schiessens und von Kampfsportarten bleibt bestehen, und die Fähigkeiten in diesen Bereichen nehmen zu.»