Putins Scharfmacher reagieren auf Trump «Wie redet der mit uns?»

Philipp Dahm

24.1.2025

Ukraine-Krieg: Trump erwägt neue Russland-Sanktionen und will Putin treffen

Ukraine-Krieg: Trump erwägt neue Russland-Sanktionen und will Putin treffen

Frage: «Wenn Wladimir Putin nicht an den Tisch kommt, um mit Ihnen zu verhandeln, werden Sie dann weitere Sanktionen gegen Russland verhängen?» Antwort Donald Trump: «Das klingt wahrscheinlich.» Der neue US-Präsident stellt weitere Sanktionen gegen Russland in Aussicht: Der neue US-Präsident zeigt sich aber auch offen für Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs.

22.01.2025

In staatlichen russischen TV ist die Empörung über Donald Trumps Ukraine-Ultimatum gross: Man werde sich keinen Frieden diktieren lassen, so der Tenor. Putin soll die Kriegsziele hingegen als erreicht ansehen.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der TV-Show «Abend mit Wladimir Solowjow» reagiert der Duma-Abgeordnete Andrej Guruljow auf Trumps «Ultimatum».
  • «So kann man mit Russland nicht reden»: Guruljow nennt Trump einen «Hooligan» – und bringt Atomwaffen ins Spiel.
  • Moskau kämpfe gegen «Nicht-Russen» und müsse in der Ukraine eine «offene Wunde» schliessen, die andernfalls «eitert».
  • Politologe Sergej Michejew mahnt, man dürfe Verhandlungen mit Trump nicht rundweg ablehnen, aber auch nicht nachgeben.
  • Das russische Aussenministerium schliesst westliche Friedenstruppen in der Ukraine aus.
  • Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, Putin sehe die Kriegsziele als erreicht an.

Wie reagiert Moskau auf Donald Trumps Aussagen zum Ukraine-Krieg? Kann der Kreml auf die Wünsche des neuen US-Präsidenten eingehen? Und bekommt die russische Öffentlichkeit eigentlich etwas davon mit?

Letzteres kann klar bejaht werden. Wladimir Solowjow liest in seiner berüchtigten TV-Show «Abend mit Wladimir Solowjow» auf dem Sender Rossija 1 sogar den gesamten Post vor, in dem Trump dem wirtschaftlich schwächelnden Putin mit Sanktionen droht, falls es den «lächerlichen Krieg» nicht beendet.

Wladimir Solowjow und seine TV-Runde sind für ihre markigen Worte bekannt und berüchtigt.
Wladimir Solowjow und seine TV-Runde sind für ihre markigen Worte bekannt und berüchtigt.
Archivbild: Jamestown Foundation

Das kommt in Solowjows nationalistisch gesinnter Runde gar nicht gut an. «Schaut, was Trump macht», poltert der Duma-Abgeordnete Andrej Guruljow mit Blick auf das «Ultimatum». «Seien wir ehrlich: Heute ist er nicht wie ein US-Präsident aufgetreten, sondern als würde ihm die Welt gehören.»

«So kann man mit Russland nicht reden!»

Guruljow zitiert den russischen Kriegsreporter Alexander Sladkow, der Trump «korrekt» als «Hooligan» beschrieben habe, «der lange nicht verprügelt worden ist». Tatsächlich würde viel zu viel über den New Yorker geredet. «Schaut, was auf einigen Sendern läuft: ‹Trump wird den Krieg beenden!› Das läuft auf unseren TV-Kanälen, nicht den amerikanischen.»

Der Duma-Abgeordnete Andrej Guruljow findet Trump so unhöflich, dass er Atomwaffen abfeuern will.
Der Duma-Abgeordnete Andrej Guruljow findet Trump so unhöflich, dass er Atomwaffen abfeuern will.
YouTube/Russian Media Monitor

Das ärgert den Ex-Militär: «Welchen Krieg will er stoppen? Zu welchen Konditionen? Wird er Sanktionen beschliessen? Wird er Russland isolieren? Schaut unser Land an, seine Grösse und seine Territorien. Seht auf die Distanzen. Seht die Leute, die dort leben. Wer hat diesen Grad von Einigkeit?» In den USA würden sie dagegen übereinander herfallen.

Dasselbe gelte für Europa. Nicht so in der Heimat: «In Russland werden die Leute geeinter, je härter es wird. Sie werden wütender auf den Feind», weiss Guruljow und schnauft: «So kann man mit Russland nicht reden!» Eine gute Antwort von Wladimir Putin wäre «eine nukleare Explosion [in der Arktis].»

Die alte Drohung: Ein Atomschlag über London

«Es gibt viele andere Dinge, die wir hochjagen können – wie London», schaltet sich Solowjow ein. «Ja, London, darüber müssen wir gar nicht reden», antwortet Guruljow. «Lass es über London krachen: Sie werden denken, es ist ein Feuerwerk», denkt der Moderator laut nach. Guruljow erinnert sich an das eigentliche Thema: «Es ist einfach so grob: Wie redet der mit uns? Was denkt er, mit wem er redet?»

Er habe mit Militärs gesprochen, sagt Guruljow. Sie hätten gefragt: «Welcher Frieden? Mit wem? Frieden um was?». «Einige sagen immer noch: ‹Russen bekämpfen Russen.› Das ist eine Lüge: Russen bekämpfen Nicht-Russen, die ihr Mutterland und ihren Glauben betrogen haben. Sie sind es, die wir bekämpfen.»

Guruljow endet: «Wir müssen gewinnen. Wir können nicht zulassen, dass diese offene Wunde eitert. Das könnte jeden Moment den nächsten Krieg gegen uns beginnen lassen. In diesem Glauben sind die Leute vereint.»

«Wir müssen mitspielen»

Im Gegensatz zu dem Politiker sieht Politologe Sergej Michejew das Ganze etwas nüchterner. «Ja, er ist definitiv grossspurig. Ja, er ist ein Geschäftemacher. Vieles davon ist Show», sagt er über Trump. Und mit Blick auf Verhandlungen: «Wir können nicht zustimmen, und wir können nicht nicht-zustimmen. Das ist die delikate Situation.»

Politologe Sergej Michejew mahnt eine kluge Verhandlungsführung an.
Politologe Sergej Michejew mahnt eine kluge Verhandlungsführung an.
YouTube/Russian Media Monitor

Was Trump vorschlage, werde nur ihm nützen, meint Michejew. Rundweg ablehnen dürfe man aber auch nichts. «Wir müssen aus dieser Situation unseren Gewinn ziehen. Welchen Gewinn? Das ist schwer zu sagen. Wir müssen mitspielen, wir müssen nachdenken.» Es gehe um den Punkt, an dem Trump nützlich für Russland und Russland nützlich für Trump sei.

Die Frage ist, in welchen Bereichen Moskau überhaupt Kompromisse eingehen kann. Vier ukrainische Oblaste hat Russland ja bereits annektiert – auch wenn diese noch gar nicht eingenommen sind. Der Kreml sieht sie als heimisches Territorium, das auf keinen Fall angetastet werden darf.

Putin sieht Kriegsziele angeblich als erreicht an

Auch in der Diskussion um Friedenstruppen in der Ukraine hat Putin ein Machtwort gesprochen: Westliche Soldaten an der Grenze seien inakzeptabel, unterstreicht Marija Sacharowa. Die Sprecherin des Aussenministeriums warnt weiter, eine solche Stationierung könne «eine unkontrollierbare Eskalation» auslösen.

Auf der anderen Seite kämpft das Land mit wirtschaftlichen Problemen: Ein Teil der russischen Elite wäre offen für Verhandlungen, um Probleme wie die hohen Zinsen und den Mangel an Arbeitskräften zu lösen, lässt sich die Nachrichtenagentur Reuters von anonymen Quellen berichten.

Der Kreml habe «natürlich ein wirtschaftliches Interesse daran, ein diplomatisches Ende des Konflikts auszuhandeln», meint auch Oleg Wjugin, der früher für die russische Zentralbank gearbeitet hat. Das erkenne auch Putin an.

Laut einer Quelle von Reuters sieht der Präsident die Kriegsziele als erreicht an: Die Landverbindung zur Krim sei gesichert und Kiews Militär geschwächt. Das könnte ein Anzeichen sein, dass Putin doch bereit ist zu Verhandlungen.