Möglicherweise wegweisendes Urteil Sex mit ihrem Mann ist keine Pflicht der Ehefrau

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24.1.2025

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat zugunsten einer Frau entschieden, der wegen ausbleibender Intimität die Schuld am Ende ihrer Ehe gegeben wurde. (Archivbild)
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat zugunsten einer Frau entschieden, der wegen ausbleibender Intimität die Schuld am Ende ihrer Ehe gegeben wurde. (Archivbild)
Bild: Jean-Christophe Bott/Keystone/dpa

Einer französischen Ehefrau wurde von einem französischen Gericht das Ende ihrer Ehe angelastet – weil sie keinen Sex mehr mit ihrem Mann hatte. Sie ging in Berufung – und gewann.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Einer Frau war in Frankreich von mehreren Gerichten die Schuld für das Scheitern ihrer Ehe gegeben worden – weil sie und ihr Mann keinen Geschlechtsverkehr mehr hatten.
  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Urteil nun gekippt. Die Gerichte hätten die Achtung des Privat- und Familienlebens der Frau verletzt.
  • Das Urteil könnte wegweisend sein und die Erfüllung vermeintlicher ehelicher Pflichten als Kriterium in ähnlichen Fällen unzulässig machen.

Die Entscheidung gilt als Triumph der Frauenrechte: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat ein Urteil mehrerer französischer Gerichte gekippt, nach dem die Scheidung eines Paares Schuld der Ehefrau gewesen sei – weil diese keinen Sex mehr mit ihrem Mann gehabt hatte.

Damit sei sie ihren Pflichten als Ehefrau nicht nachgekommen. Das erste Urteil stammt aus dem Jahr 2010. In den Jahren danach war die Frau erfolglos vor mehreren Instanzen der französischen Justiz in Berufung gegangen.

Der in Strassburg ansässige Europäische Gerichtshof urteilte, die französischen Gerichte hätten in ihrer Entscheidung die Achtung des Privat- und Familienlebens der heute 69 Jahre alten Frau verletzt. Es habe keinen Grund gegeben, warum die Behörden sich in ihr Sexualleben eingemischt hätten.

Ehemann soll mit Gewalt gedroht haben

«Ich hoffe, dass diese Entscheidung einen Wendepunkt im Kampf für Frauenrechte in Frankreich darstellt», sagte die Anwältin der Frau in einem Statement. «Diese Entscheidung markiert die Abschaffung der ehelichen Pflicht und des veralteten Familienbildes.»

Die Frau heiratete ihren Ehemann 1984. Das Paar hat vier Kinder. Für den Qualitätsverlust ihres Sexuallebens seien neben gesundheitlichen Problemen auch Gewaltandrohungen ihres Ehemannes verantwortlich gewesen, gab sie an. Auch die psychische und physische Behinderung eines der Kinder hätte für zusätzlichen Stress gesorgt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg entscheidet auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention. Seine Entscheidungen sind für die 46 Mitgliedsstaaten des Europarates bindend, so auch für die 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.