Late Night USA Trump redet sich vor Latinos um Kopf und Kragen

Philipp Dahm

19.10.2024

Late-Night-Host Jimmy Kimmel hat sich Donald Trumps Medienauftritte genauer angesehen.
Late-Night-Host Jimmy Kimmel hat sich Donald Trumps Medienauftritte genauer angesehen.
Youtube/Jimmy Kimmel Live

Wenn Donald Trump in ihm ergebenen Medien auftritt, palavert er laut Jimmy Kimmel unwidersprochen. Ist das Publikum einer TV-Sprechstunde aber nicht handverlesen, sieht der Republikaner bei Kritik ziemlich alt aus.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • «Jimmy Kimmel Live» stellt zwei Medienauftritte von Donald Trump gegeneinander.
  • Zunächst besucht Trump konservative Podcaster, wo er unwidersprochen Räuberpistolen zum Besten gibt.
  • Dann ist Trump beim Hispanic-Sender Univision zu Gast, bei dem das Publikum nicht handverlesen ist.
  • Bei den kritischen Fragen zu den Themen Immigranten, Umwelt, Waffen und dem Sturm aufs Kapitol kommt Trump ins Schwitzen.
  • Die Reaktion des Publikums spricht Bände.

Anm. d. Red.: Donald Trumps Zitate werden wortgetreu wiedergegeben.

Beide Kandidaten liegen in den Umfragen gleichauf – umso mehr müssen sich Donald Trump und Kamala Harris der Öffentlichkeit stellen, um ihre Chance auf den Einzug ins Weisse Haus zu wahren.

Während die Demokratin Harris gerade beim konservativen Sender Fox News mehr eine Debatte als ein Interview bestritten hat, ist Trump nur in Shows zu sehen, in denen er nichts zu befürchten hat. Das meint zumindest Jimmy Kimmel. 

«Dank Donald Trump lerne ich in Zeit all diese merkwürdigen rechten Sumpfkreaturen kennen», sagt der Kopf von «Jimmy Kimmel Live» über jene Podcaster, die nie widersprechen würden. «Er sagt, was immer er will», fährt der 56-Jährige fort und verweist auf einen Auftritt im PBD Podcast.

«Ich habe einen sehr fruchtbaren Geist»

«Schwarze Männer mögen mich», sagt Trump im Clip ab Minute 5:04, «und ich denke, schwarze Frauen tun es auch. Aber sie haben eine Frau, die schwarz ist. Man würde sagen, sie ist indisch, aber sie ist schwarz. Viele Leute wussten es nicht, was wahr ist.»

Patrick Bet-David vom PBD Podcast (links) lauscht aufmerksam Donald Trumps Ausführungen.
Patrick Bet-David vom PBD Podcast (links) lauscht aufmerksam Donald Trumps Ausführungen.
Youtube/Jimmy Kimmel Live

«Und mit ‹wahr› meinst du ‹nicht wahr›?», sagt Kimmel lachend. «Niemand hat das nicht gewusst. Trump liebt es, sich als der Hüter von Informationen auszugeben, von denen er denkt, dass sie niemand anderes hat.» Kimmel imitiert Trump: «Schokolade ist sehr schlecht für Hunde, viele Leute wissen das nicht. Niemand weiss, wie kurz der Februar ist: Der Februar ist sehr kurz.»

Late Night USA – Amerika verstehen
blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

Im Clip ab Minute 5:45 fragt der Podcast-Host Trump, ob er bewusst oder spontan handele, wenn er Ausdrücke wie Fake News präge. «Man schreibt mir zu, der Urheber dieses Ausdrucks zu sein», antwortet der 78-Jährige. «Wissen Sie, oft fallen mir ... Ich habe einen sehr fruchtbaren Geist. Mir fallen sehr gute Namen für Leute ein. Pocahontas ... Viele gute Namen.»

Town Hall Gone Bad

Mit «Pocahontas» hat Trump ab 2016 die Demokratin Elizabeth Warren beleidigt, weil diese öffentlich gemacht hatte, dass einer ihrer Vorfahren ein amerikanischer Ureinwohner gewesen ist. Auch nach einem DNA-Test hat der New Yorker das weiter bezweifelt. Trumps Geist sei dann auch nicht so fruchtbar, sondern voller Dünger, findet dann auch Jimmy Kimmel.

Der beste Auftritt von Trump kommt aber erst noch: Der Spitzenkandidat hat sich auf eine Town Hall eingelassen, also eine Bürgersprechstunde beim Sender Univision, der sich auch in spanischer Sprache an die Gemeinde der Hispanics in den USA wendet. Und dieses Publikum war nicht handverlesen – so wie bei den letzten Trump-Town-Halls bei Fox News.

Trump beim Sender Univision: Der Auftritt bringt den 78-Jährigen in Verlegenheit.
Trump beim Sender Univision: Der Auftritt bringt den 78-Jährigen in Verlegenheit.
Youtube/Jimmy Kimmel Live

Zu sehen im Clip ab Minute 6:27: Ein Mann fragt Trump, wie der seine Waffenpolitik den Eltern von Opfern von Schulschiessereien erklären würde. «Wir haben den zweiten Verfassungsartikel und im Prinzip das Recht, Waffen zu tragen, und ich bin sehr stark ein Befürworter davon. Wenn man jemals versuchen würde, sie loszuwerden, wäre man nicht in der Lage, es zu tun.»

Haitianer «essen auch andere Sache, die sie nicht sollten»

Und weiter würde Trump den Eltern sagen: «Man wäre nicht in der Lage, die Waffen wegzunehmen, weil die Leute sie für Sicherheit brauchen. Sie brauchen sie für Unterhaltung. Und für Sport und andere Sachen, aber in vielen Fällen brauchen sie sie auch für den Schutz.»

Kimmel regt auf, dass im Vergleich zu Joe Biden die mentale Fitness von Donald Trump kaum zur Debatte stünde. Das wird auch bei der nächsten Frage deutlich, bei der ein älterer Herr Trump mit seinen Aussagen über Haitianer konfrontiert, die laut ihm in Springfield, Ohio, angeblich Katzen und Hunde essen. Glaubt er das wirklich?

Der ältere Herr fragt nach den Immigranten, die Haustiere essen. Trump sattelt noch einen drauf.
Der ältere Herr fragt nach den Immigranten, die Haustiere essen. Trump sattelt noch einen drauf.
Youtube/Jimmy Kimmel Live

«Das wurde nur berichtet», antwortet Trump. «Ich habe nur gesagt, was berichtet wurde. Und dass sie auch andere Sachen essen, die sie nicht sollten. Aber das ist ... Alles, was ich tue, ist berichten. Ich habe nicht ... Ich war da, ich werde da sein, und wir werden uns das anschauen, und ich werde ausgiebig berichten, wenn ich das tue.»

«Ich war ein Umweltschützer»

Trump werde das «Mysterium der gegessenen Haustiere» also selbst unter die Lupe nehmen, sagt Kimmel lachend. «Und was soll das jetzt mit ‹Essen auch andere Sachen›? Die Welpen und Kätzchen haben nicht gereicht? Was können sie noch essen? Sie essen Schuhe und Füsse. Es ist schrecklich!»

Von den harten Fragen habe Trump nicht eine beantwortet. Ob er wirklich glaube, der Klimawandel sei eine Lüge? «Ich habe beim Klima immer das Gefühl, und ich war ein grosser ... Ich war ein Umweltschützer. Ich habe viele Dinge gebaut. Mir gehört das [Golf-Hotel] Doral gleich um die Ecke [in Miami], und wir haben das in einem sehr umwelt ... Ich bekomme Preise, Umweltpreise für die Art, in der ich es gebaut habe. Für das Wasser, die Art, wie ich das Wasser gebraucht habe. Der Sand, die Mischung des Sandes.»

Das Publikum wirkt nicht überzeugt:

Ohne Worte.
Ohne Worte.
Youtube/Jimmy Kimmel Live

Diese Preise würde Kimmel gern sehen, sagt der Late-Night-Host.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Und dann ist da jener Mann, die Trumps schwerfällige Reaktion auf den Sturm des Kapitols am 6. Januar 2012 kritisiert, der auch der Grund dafür ist, dass Trumps früherer Vize Mike Pence ihn nicht wählen will. «Der Vizepräsident und ich stimmen nicht überein bei dem, was er getan hat. Ich stimme überhaupt nicht dem zu, was er getan hat.» Es geht darum, dass Pence Joe Bidens Wahl formal abgesegnet hat, wie es sein Amt verlangt.

Thema Sturm aufs Kapitol: Nicht nur der Fragesteller wirkt von Trumps Ausführungen wenig überzeugt ....
Thema Sturm aufs Kapitol: Nicht nur der Fragesteller wirkt von Trumps Ausführungen wenig überzeugt ....
Youtube/Jimmy Kimmel Live

Trump fährt fort. «Sehr wichtig: Hunderttausende sind nach Washington gekommen. Sie kamen nicht wegen mir, sondern wegen der Wahl. Sie dachten, die Wahl war eine geschobene Wahl. Und deshalb sind sie gekommen. Einige von diesen Leuten gingen zum Kapitol. Ich habe gesagt, ‹friedlich und patriotisch›. Überhaupt nichts falsch gemacht. Und es wurden Massnahmen ergriffen. Starke Massnahmen.»

Die Kamera schwenkt zum Publikum. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte:

... auch diese Damen sind mässig begeistert und zuweilen ...
... auch diese Damen sind mässig begeistert und zuweilen ...
Youtube/Jimmy Kimmel Live

Trump weiter: «Ashli Babbitt wurde [im Maga-Mob beim Sturm] getötet.» Und gleich darauf: «Niemand wurde getötet.»

Das Publikum:

... perplex.
... perplex.
Youtube/Jimmy Kimmel Live
US-Wahlen 2024 im Fokus

Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten. Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.

Im Weissen Haus wurde Kokain gefunden.
Patrick Semansky/AP/dpa

Trump redet sich um Kopf und Kragen: «Es gab keine Waffen. Wir hatten keine Waffen. Die anderen hatten Waffen, aber wir hatten keine Waffen.» «Mein Gott», meint Kimmel mit Blick auf die skeptischen Zuschauerinnen, «sieht aus, als würde da eine ganze Reihe von Melanias sitzen, die ihn ansehen.» 

Dem vierfachen Vater entgeht auch nicht, dass Trump in der Wir-Form vom Kapitol-Mob spricht. «Die anderen hatten Waffen: Du meinst die Polizei? Ja, die Polizei, die deine Tiere angegriffen hat, hatte Waffen, und vier Personen sind an dem Tag gestorben, und du wolltest Mike Pence aufhängen.»