Antwort auf Müll-Ballons Südkorea beschallt Nordkorea mit Propaganda

sda/tgab

9.6.2024 - 19:08

Südkorea will Norden wegen Müll-Ballons mit Lautsprechern beschallen

Südkorea will Norden wegen Müll-Ballons mit Lautsprechern beschallen

STORY: Südkorea zieht Konsequenzen, nachdem von Nordkorea aus scharenweise Ballons mit Müll über die Grenze geflogen sind. Der Nationale Sicherheitsrat in Seoul kündigte am Sonntag an, den nördlichen Nachbarn wieder mit Lautsprecher-Durchsagen zu beschallen. Die Anlagen sind entlang der Grenze aufgestellt und nach Norden ausgerichtet. In der Vergangenheit strahlte Südkorea bereits unter anderem Nachrichten und koreanischsprachige Pop-Musik hoher Lautstärke aus, sodass sie mutmasslich auch 20 Kilometer entfernt noch zu hören gewesen sein sollen. Die Beschallung mit Lautsprechern zählt zu den Mitteln der psychologischen Kriegsführung. Südkorea stoppte die Massnahme, nachdem es 2018 mit Nordkorea ein Abkommen zur Entspannung der Beziehungen geschlossen hatte. Der Sicherheitsrat erklärte, die Massnahmen mögen für das nordkoreanische Regime unerträglich sein, aber sie würden die Truppen und der Bevölkerung des Nordens eine Botschaft der Hoffnung und des Lichts senden. Nordkorea hatte im Mai damit begonnen, scharenweise Ballons über die Grenze steigen zu lassen, die insgesamt mit mehreren Tonnen Müll behängt waren. Pjöngjang rechtfertigte dies als Vergeltung für eine Aktion südkoreanischer Aktivisten, die Ballons nach Norden geschickt hatten, an denen Flugblätter mit Kritik an dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un und Dollarscheine befestigt waren sowie USB-Sticks mit K-Pop-Videos und Film- und Fernsehdramen.

09.06.2024

Jahrelang haben sich Südkorea und Nordkorea an der Grenze mit Propaganda-Sendungen über Lautsprecher beschallt. Jetzt greift Südkorea wieder auf das alte Mittel der psychologischen Kriegsführung zurück.

sda/tgab

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Nordkorea hat wiederholt Müll-Ballons über die Grenze nach Südkorea geschickt.
  • Die Ballonaktionen sind eine Reaktion auf Aktivitäten südkoreanischer Gruppen, die immer wieder Flugblätter und anderes Propagandamaterial mit riesigen Gasballons über die Grenze versenden.
  • Südkoreas Regierung reagiert mit der Propaganda-Beschallung des Erzfeindes - ein bewährtes Mittel psychologischer Kriegsführung.
  • Die gegenseitige Beschallung galt als Überbleibsel der Kalten-Kriegs-Ära.

Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen mit Nordkorea greift Südkorea auf Mittel der psychologischen Kriegsführung zurück und nimmt die Propaganda-Beschallung des abgeschotteten Nachbarlandes wieder auf.

Das Militär habe am Sonntag wieder Lautsprecheranlagen an der Grenze aufgestellt und Durchsagen in Richtung Nordkorea gemacht, teilte der Generalstab mit. Ob die Sendungen fortgesetzt würden, hänge allein von Nordkorea ab. Mit der Massnahme reagierte Südkorea unmittelbar auf das erneute Versenden von Hunderten Ballons mit Müll durch Nordkorea über die stark militarisierte Grenze.

Details über die Art der Durchsagen wurden nicht genannt. Die nationale Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, aus Militärkreisen habe es vorher geheissen, ein Radioprogramm von «Voice of Freedom» solle laufen, das von der Einheit für psychologische Kriegsführung des Verteidigungsministeriums betrieben werde. 

Zwischen Samstag und Sonntagvormittag seien etwa 330 «Müll-Ballons» aus Nordkorea aufgestiegen, teilte der Generalstab in Seoul mit.
Zwischen Samstag und Sonntagvormittag seien etwa 330 «Müll-Ballons» aus Nordkorea aufgestiegen, teilte der Generalstab in Seoul mit.
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Die Teilnehmer der Sitzung des Sicherheitsrats warfen laut einer Mitteilung Nordkorea vor, mit seinem Verhalten Unruhe und Verwirrung in der südkoreanischen Gesellschaft stiften zu wollen. Südkorea werde deshalb mit angemessenen Massnahmen auf die Ballonaktionen antworten. «Wir machen deutlich, dass die Verantwortung für jede Eskalation der Spannungen zwischen beiden Staaten vollständig bei Nordkorea liegt», hiess es.

Beschallung galt auch als Überbleibsel der Kalten-Kriegs-Ära

Nach einem Gipfeltreffen vor sechs Jahren zwischen dem damaligen südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un wurden Lautsprecheranlagen auf beiden Seiten der Grenze entfernt. Die gegenseitige Beschallung galt auch als Überbleibsel der Kalten-Kriegs-Ära.

Südkorea hatte zuletzt ein bilaterales Militärabkommen von 2018 über vertrauensbildende Massnahmen an der Grenze ausgesetzt und damit den Weg freigemacht, unter anderem Militärübungen nahe der militärischen Demarkationslinie sowie die Beschallungen wiederaufzunehmen.

Nordkorea, das Südkorea Feindseligkeit vorwirft, hatte das Abkommen bereits im vergangenen November für beendet erklärt. Ob der Ein-Parteien-Staat auch wieder die Lautsprecher-Propaganda aufnimmt, war zunächst unklar.

Nordkorea hatte erneut zahlreiche Ballons mit Plastikbeuteln voller Müll geschickt. Zwischen Samstag und Sonntagvormittag seien etwa 330 «Müll-Ballons» aus Nordkorea aufgestiegen, teilte der Generalstab in Seoul mit. Von ihnen seien mehr als 80 auf südkoreanischem Territorium niedergegangen. Die übrigen hätten vermutlich ihr Ziel nicht erreicht. In angehängten Beuteln hätten sich unter anderem Altpapier und Plastik befunden. Erste Untersuchungen hätten ergeben, dass sie keine gefährlichen Substanzen enthielten, hiess es.

Ballonaktionen Nordkoreas als Reaktion

Die Ballonaktionen Nordkoreas sind eine Reaktion auf Aktivitäten südkoreanischer Gruppen, die immer wieder Flugblätter und anderes Propagandamaterial mit riesigen Gasballons über die Grenze versenden. In den Flugblättern kritisieren sie die Führung in Pjöngjang. Die Aktionen der Gruppen, die teils von nordkoreanischen Flüchtlingen gegründet wurden, sind in Südkorea umstritten.

Nach Berichten südkoreanischer Medien unternahmen am Donnerstag und Freitag zwei verschiedene Gruppen solche Flugblattaktionen. Pjöngjang reagiert auf Propaganda von aussen in der Regel empfindlich. Seit Ende Mai hat Nordkorea bereits mehr als 1000 mit Abfallprodukten und teils mit Gülle gefüllte Ballons nach Südkorea geschickt. Auch warf Südkorea dem Nachbarn vor, mehrfach Störangriffe auf das GPS-Navigationssystem in der Grenzregion ausgeführt zu haben.

Nach einer zwischenzeitlichen Phase der Deeskalation hat der Konflikt auf der koreanischen Halbinsel in der jüngeren Vergangenheit wieder deutlich an Brisanz gewonnen. Seit Anfang 2022 testet Nordkorea verstärkt atomwaffenfähige Raketen und andere Waffen. Südkorea und die USA haben ihre Militärkooperation ausgebaut.

sda/tgab