Late Night USA «Du böses kleines Mädchen kriegst jetzt den A**** versohlt»

Philipp Dahm

25.10.2024

Michael Kosta, der diese Woche zwischen Dienstag und Donnerstag die «Daily Show» moderiert, redet Tucker Carlson (links) nach dem Mund.
Michael Kosta, der diese Woche zwischen Dienstag und Donnerstag die «Daily Show» moderiert, redet Tucker Carlson (links) nach dem Mund.
Screenshot: YouTube/The Daily Show

Tucker Carlson macht Wahlkampf für Donald Trump: Er zeichnet den 78-Jährigen als Daddy, der abends auch mal tüchtig auf den Tisch haut, wenn er wütend nach Hause kommt. Die «Daily Show» staunt.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der frühere Fox-News-Frontmann Tucker Carlson macht Wahlwerbung für Donald Trump und bezeichnet ihn als «Dad», der seiner Tochter den Hintern versohlt, wenn er nach Hause kommt.
  • Mit dem «bösen kleinen Mädchen» dürfte Kamala Harris gemeint sein, die als Vizepräsidentin im Weissen Haus sitzt.
  • Berichte aus den USA suggerieren, dass das Wahlvolk vom «politischen Sperrfeuer» vor dem Urnengang ermüdet ist.
  • Der Wahlkampf macht weiterhin offenbar vielen Angst und führt alle vier Jahre zum Reizdarmsyndrom.
  • Krieg der Schildbürger – der politische Kampf um die Vorgärten.

Es sind keine zwei Wochen mehr bis zur Wahl: Kamala Harris versucht, mit Stars bei den Wählenden zu punkten. Zunächst hat sie in Atlanta, Georgia, eine Wahlkampfveranstaltung mit Sänger Bruce Springsteen, Schauspieler Tyler Perry und Ex-Präsident Barack Obama bestritten.

Und nun steht in Houston, Texas, ein Auftritt mit einem Weltstar auf dem Programm. «Das letzte Mal, dass Beyoncè mit einem Präsidentschaftskandidaten auf der Bühne war, war 2016 mit Hillary [Clinton]. Es sieht also gut aus», frotzelt Michael Kosta in der «Daily Show». «Es ist eingetütet.» 

Doch auch Donald Trump habe zuletzt einen «besonderen Gast» gehabt, fährt der Moderator fort – und der ist nach 36 Sekunden zu sehen: «Noch nie in meinem Leben habe ich an einer Wahlkampfveranstaltung gesprochen», sagt der Mann auf der Bühne in Duluth, Georgia. Es ist der frühere Fox-News-Frontmann Tucker Carlson.

«Du kriegst jetzt kräftig den A**** versohlt»

Er habe in mehr als 30 Jahren millionenfach über solche Auftritte berichtet und sich nie träumen lassen, selbst einmal auf so einer Bühne zu stehen: «Ich kann nicht glauben, dass ich hier bin», sagt Carlson und lässt das für ihn typische Lachen hören. «Hey, ich will ja kein Hater sein», kommentiert Kosta, «er ist aufgeregt wegen seiner ersten politischen Veranstaltung.»

23. Oktober in Duluth, Georgia: Donald Trump herzt Tulsi Gabbard, Robert F. Kennedy Jr. schaut zu und Tucker Carlson lacht sich schlapp.
23. Oktober in Duluth, Georgia: Donald Trump herzt Tulsi Gabbard, Robert F. Kennedy Jr. schaut zu und Tucker Carlson lacht sich schlapp.
Keystone

Kosta schiebt hinterher: «Es scheint ein vollkommen angemessener Zeitpunkt zu sein, wie ein Bösewicht aus alten Zeiten zu lachen, der eine Frau an die Bahngleise gefesselt hat.» Der Comedian imitiert das verrückte Gelächter, das auch von einer Hexe stammen könnte.

Und warum wagt Carlson nun Neues? «Es muss einen Punkt geben, an dem Dad nach Hause kommt», erklärt der 55-Jährige. «Und wisst ihr, was Dad sagt, wenn er nach Hause kommt? Du warst ein böses Mädchen! Du warst ein böses kleines Mädchen, und du bekommst jetzt kräftig den A**** versohlt.» 

«Vollkommen normal»

Carlson ist noch nicht fertig: «Du bekommst kräftig den A**** versohlt, weil du ein böses Mädchen warst. Und es muss so sein.» «Vielleicht hat dich deshalb zuvor nie jemand eingeladen, an Wahlkampfveranstaltungen zu sprechen», kontert Kosta. «Siehst du, Amerika? Diese Trump-Leute sind nicht seltsam. Sie wissen bloss, dass Trump ein grosser, starker Daddy ist, der nach Hause kommt, um uns alle zu verprügeln. Vollkommen normal.»

Kost könne es gar nicht erwarten, zu hören, was Carlson zur Wirtschaft sagt: «Die Inflation ist wie eine Babysitterin, und sie war ...», der Moderator flüstert lasziv, «... ungezogen.»

Das Problem mit dem vielen Werben um Stimmen sei, dass es Wählenden auch schon mal zu viel werde, wie der Clip ab Minute 2:18 zeigt. Da befragt CNN die Leute in den Swing States, was sie von der permanenten Werbe-Dröhnung im TV, im Briefkasten und Mail-Postfach halten? «Sie sind überall» und «Wir alle sind es leid» ist da zu hören.

Eine Wahl, die erschöpft

«Das politische Sperrfeuer geht auf unsere mentale Gesundheit», sagt Kosta, und ein Video ab Minute 3:56 lässt Zahlen sprechen. Eine Umfrage der American Pschiatric Association hat demnach ergeben, dass die Abstimmung 73 Prozent der Teilnehmenden Angst macht. Einer anderen Umfrage zufolge fühlen 31 Prozent Angst, und 61 Prozent bangen um ihre mentale Gesundheit. Eine Mehrheit sei von der Politik erschöpft.

Alle zwei Jahre kommt es wieder, das Reizdarmsyndrom.
Alle zwei Jahre kommt es wieder, das Reizdarmsyndrom.
YouTube/The Daily Show

Eine Expertin kommt zu Wort, die weiss: «Das Reizdarmsyndrom weitet sich aus. Das passiert bei jeder Wahl.» «Reizdarmsyndrom?», wundert sich der 45-jährige Moderator. «Die Wahl ist so schrecklich, dass sich die Amerikaner buchstäblich in die Hose sch******.» Immerhin habe man nun eine gute Ausrede, wenn man das Klo bei Bekannten benutzt. «Sorry wegen des Geruchs – es ist ein Wahljahr.»

Wie «verrückt» der Urnengang ist, spiegelt auch der Kampf um Schilder in Vorgärten wider, den der Clip ab Minute 4:55 beleuchtet. In Wisconsin haben Täter etwa nicht nur ein Schild für die Demokraten entwendet, sondern auch einen Brief hinterlassen, dass man Blut an den Händen haben werde, wenn man für Harris stimme.

«Vielleicht wäre es mal Zeit für ein Hobby?»

Wegen Diebstahls und Vandalismus werden viele der Schilder etwa mit Draht geschützt. In Lessburg, Virginia, hat ein Mann sein Anti-Harris-Schild mit Stolperdrähten und einer Alarmanlage versehen. In Tempe, Arizona, wurde ein 60-Jähriger wegen Anti-Harris-Schildern verhaftet, auf die er weisse Pulver und Rasierklingen angebracht hat.

«Wollt ihr Leute wirklich jemanden wegen eines politischen Schildes töten?», fragt Kosta. «Beruhigt euch: Der Bürgerkrieg beginnt erst in ein paar Wochen. Jesus Christus, Leute, vielleicht wäre es mal Zeit für ein Hobby?» Cleverer zeigt sich da der Mann, den der Clip ab Minute 6:30 vorstellt: Der Herr hat sein Pro-Harris-Schild mit goldenem Glitzer versehen, der sich bekanntlich nur schwer entfernen lässt.

Links ein gesichertes Schild, rechts ein zerstörtes.
Links ein gesichertes Schild, rechts ein zerstörtes.
YouTube/The Daily Show
Late Night USA – Amerika verstehen
blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

Im Bundesstaat Missouri hat eine Frau ihr Pro-Harris-Schild sogar mit einem Apple AirTag präpariert, nachdem es dreimal gestohlen wurde. Der Sender führt sie zu einer Frau und ihren Söhnen, deren Kofferraum voll mit solchen Schildern ist. «Hier, Liberale, nehmt sie alle», sagt die Diebin. Auf den Einwand, das sei ein Verbrechen, antwortet sie: «Ist es nicht. Regt euch nicht auf.»

«Wenn wir Verbrechen begehen, ist es lustig», fasst Kosta zusammen. «Ich bin enttäuscht von diesen Highschool-Kids. Sie verbringen den Samstagabend damit, herumzulaufen und politische Schilder zu klauen? Wenn das meine Jungs wären, würde ich sagen: ‹Geh in dein Zimmer, und rauche Gras wie ein normaler Teenager.›»