Klagen, meckern, nörgeln – Schweizerinnen und Schweizer sind Weltmeister, wenn es ums Jammern geht. Die «Bluewin»-Kolumnistin ist hier keine Ausnahme.
Kürzlich hatte ich ein wichtiges Meeting in der Stadt Zürich. Natürlich am bisher allerheissesten Tag dieses Sommers. Und klar, der Zug fiel aus, sodass ich mit dem Auto stadtwärts düste.
Wobei von Düsen keine Rede sein konnte: Die Baustellendichte ist hier derart hoch, dass man ständig vor roten Lichtsignalen steht. Und natürlich dauerte es ewig, bis ich einen freien Parkplatz fand. Münz für die Parkuhr hatte ich auch grad nicht. Per Handy bezahlen? Der Akku war leider schon wieder leer.
Dafür hatte ich bei meiner Rückkehr eine Parkbusse unterm Scheibenwischer. Und als ich diese in meine Tasche packen wollte, merkte ich, dass ich die Tasche mit der Trinkwasserflasche geflutet hatte. Der blöde Deckel war nicht ganz dicht.
«First World Problems»
Ich hatte also allen Grund zum Jammern. Über das Wetter. Die SBB. Die Baustellen. Die Politessen. Die ruinierte Tasche. Und so musste sich mein Mann abends erst mal anhören, was mir die ungerechte Welt an jenem Tag so alles angetan hatte.
Irgendwann unterbrach er mein Gejammer und fragte, wie denn das Meeting gelaufen sei. «Ähm – gut.» Das Wichtigste hatte ich tatsächlich vor lauter Meckern und Schimpfen vergessen.
Dabei konnte ich mich doch glücklich schätzen, dass da alles gut gelaufen war und ich für die nächste Zeit weiterhin genug verdienen werde, um in einem schönen Haus mit Garten zu wohnen. Wenn auch leider ohne Seesicht …
Luxusprobleme nannte man das früher, heute spricht man von «First World Problems» oder kurz FWP. Sie sind im Vergleich zu den Problemen in der Dritten Welt schlicht lächerlich. Da wäre man schon dankbar für sauberes Trinkwasser, genügend Nahrungsmittel und eine einigermassen funktionierende medizinische Versorgung.
Einem geht es immer schlechter
Trotzdem: Es ist nun einmal so, dass sich immer jemand findet, dem es noch schlechter geht. Soll man sich deshalb das Jammern gänzlich verkneifen? Ich finde nicht.
Für mich ist es nun mal wichtig, dass ich zum Beispiel pünktlich an einem geschäftlichen Meeting eintreffe. Und wenn das nicht klappt, weil die SBB nicht in der Lage ist, ihre Züge rechtzeitig auf die Schiene zu schicken beziehungsweise ein Teil unseres Strassennetzes zur Dauerbaustelle umfunktioniert ist, dann ärgert und stresst mich das. Und das will ich auch kundtun.
Es hilft wenig, wenn ich mir vor Augen halte, dass es anderswo gar keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt. Oder asphaltierte Strassen. Meine eigenen Gefühle und Probleme liegen mir eben am nächsten – und das geht sicher nicht nur mir so.
Jammern ist kontraproduktiv
Natürlich ist es mir durchaus bewusst, dass viele Menschen auf der Welt mit existenziellen Problemen kämpfen. Nichts zu essen. Nichts zu trinken. Kein Dach über dem Kopf. Dann packt mich jeweils auch das schlechte Gewissen.
Ganz lassen kann ich das Jammern trotzdem nicht, denn es tut ab und zu eben richtig gut. Es bringt Aufmerksamkeit, Trost und im besten Fall Zuwendung. Und es verbindet. Deshalb funktionieren Stammtische. Oder Kaffeekränzchen. Oder politische Parteien.
Aber auf die Dauer ist Jammern kontraproduktiv. Wer permanent jammert, strapaziert die Geduld seiner Mitmenschen. Und schädigt das Gehirn, ist gestresst, wird vergesslich. Das haben US-amerikanische Wissenschaftler herausgefunden.
Kommt dazu: Wer ständig in den Jammer-Modus verfällt, kann in eine negative Gedankenspirale verfallen, die ihn oder sie nach unten zieht. Was kann man dagegen tun?
Der Trick mit dem Armband
Der US-amerikanische Pfarrer Will Bowen hat sich dazu ein interessantes Projekt ausgedacht Er verteilte seiner Gemeinde ein violettes Armband. Jedesmal, wenn man lautstark über etwas jammert, lästert oder meckert, muss man das Armand ans andere Handgelenk wechseln.
So wird einem erst bewusst, wie häufig man am Jammern ist. Und dass es auch ohne geht. Also ich habe mir jetzt mal ein violettes Armband gekauft. Wobei, ein Hellblaues hätte mir viel besser gefallen …
Marianne Siegenthaler ist freie Journalistin und Buchautorin. Wenn sie grad mal nicht am Schreiben ist, verbringt sie ihre Zeit am liebsten im, am und auf dem Zürichsee.
«Kolumne»: Ihre Meinung ist gefragt
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Der erste Tattoo-Artist Englands und eines seiner Werke um 1903: Tom Riley führte einen der ersten Tattoo-Shops in London und tätowierte angeblich sogar König Edward VII. 1771 brachte Captain James Cook das Phänomen «tatau» von seiner Reise aus Polynesien in unsere Breitengrade, seither hat sich die Kunst des Tätowierens weiter entwickelt.
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Sie liess sich in den 1940er Jahren ihr erstes Kunstwerk stechen. Über 200 Tattoos zierten den Körper der 78-jährigen Isobel Varley bei ihrem Tod im Jahre 2015.
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Mehr als 75 Prozent ihres Körpers waren tätowiert, auch den Intimbereich zierten 16 Tattoos und allein in ihren Ohrläppchen trug Varley 29 Piercings. Für die Engländerin war es eine Leidenschaft, die ihr den Titel «Seniorin mit den weltweit meisten Tattoos» im «Guinness Buch der Rekorde» einbrachte.
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Auch Julia Gnuse schaffte es ins beliebte Rekorde-Buch: «Meisttätowierte Frau der Welt» lautet ihr Titel. Tatsächlich sollen 95 Prozent ihrer Haut mit Tinte verschönert worden sein.
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Doch für Gnuse, auch bekannt als «Illustrated Lady» waren die Tattoos eher Mittel zum Zweck. Sie leidet an einer schmerzhaften Lichtempfindlichkeit, die Narben und Blasen auf dem Körper hinterlässt, und diese begann sie zu übermalen.
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John Kenneys Tätowierungen sind Ausdruck seines turbulenten Lebens. Im Alter von sieben Jahren floh er von Zuhause, Obdachlosigkeit, Drogen, Kriminalität und Gewalt dominierten seinen Alltag. Für 12'000 Dollar, um Speed und LSD zu kaufen, hackte er sich in den 1970ern den Finger ab.
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Selbst Kenneys Augäpfel sind tätowiert: Augen auf...
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... Augen zu. Heute tingelt der über 60jährige Australier durch die Schulen, warnt Jugendliche vor den Gefahren von Drogen und Alkohol und kümmert sich um die Obdachlosen in seiner Heimat.
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Oft scheint ein schweres Schicksal den Anstoss für die extreme körperliche Veränderung zu geben. So auch bei der Transfrau Eva Tiamat Medusa aka «Dragon Lady». Mit fünf sollen ihre Eltern sie und ihre Geschwister in der Wildnis ausgesetzt haben. Nach der Diagnose HIV im Erwachsenenalter begann die Transformation.
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Auch die Verwandlung von «Zombie Boy», mit bürgerlichem Namen Rick Genest, geschah aufgrund eines Schicksalsschlages. Er war bis zu seinem Tod 2018 als erfolgreiches Model und als Performancekünstler unterwegs.
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«Body Modification» ist für dieses Paar ein Lebensstil. Über 50 Piercings, mehrere Implantate, gespaltene Zungen, unzählige Tattoos: Gabriela und Victor Perralta führen ein Tattoo-Studio in Buenos Aires und zelebrieren auch privat die Kunst am Körper.
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Wolfgang Kirsch, aka Magneto, ist nicht nur am ganzen Körper tätowiert, seinen Spitznamen verdankt er mehreren Magneten unter der Haut. Erst mit 45 Jahren machte er seinem Spiesserleben ein Ende und begann mit den ersten Tattoos. Der heute 68-Jährige wollte einfach Anders sein, die Kunst am Körper zur Schau stellen.
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Auch die Schweiz hat einen Anhänger der extremen Körperverschönerung: Der Genfer Etienne Dumont gehört seit 40 Jahren zu den gefeiertsten Kunstkritikern der Schweiz.
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Seine Transformation begann mit dem ersten Tattoo im Jahre 1974. Neben unzähligen Kunstwerken auf der Haut, schmückt er seinen Körper mit Implantaten oder Ohrtunneln von 70 Millimetern Durchmesser.
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Dieser Mann hält den absoluten Rekord: «Lucky Diamond Rich» soll zu 99.99 Prozent tätowiert sein. Gregory Paul McLaren aus Neuseeland begann aus Neugier mit den Tätowierungen. Hunderte von Tattoo-Künstlern haben sich auf seiner Haut verewigt. Er tourt als Performance- und Strassenkünstler durch die Welt.
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