Kolumne Putzfrau – ja oder nein?

Von Marianne Siegenthaler und Bruno Bötschi

1.7.2019

Zwei «Bluewin»-Kolumnisten diskutieren: Darf man eine Putzfrau für den privaten Haushalt engagieren?
Zwei «Bluewin»-Kolumnisten diskutieren: Darf man eine Putzfrau für den privaten Haushalt engagieren?
Bild: Getty Images

Darf man eine Reinigungskraft engagieren? «Statussymbol!» Oder: «Ein Job wie jeder andere!» Die beiden «Bluewin»-Kolumnisten sind sich völlig uneinig.

«Ich brauche keine Putzfrau als Statussymbol»

Von Marianne Siegenthaler

Ich hasse putzen. Darum dachte ich immer, ich werde eines Tages, wenn ich es mir leisten kann, eine Putzfrau engagieren. Bisher ist es allerdings nicht dazu gekommen.

Zwar fände ich es wunderbar, wenn alles so richtig schön blitzblank wäre, ohne selbst dafür zu Staubsauger und Lappen gegriffen zu haben. Aber der Gedanke daran, dass jemand meinen Dreck wegräumte, ist irgendwie seltsam.

Erst recht, weil dies ja wahrscheinlich eine Frau wäre und aus einem ganz anderen sozialen Umfeld. Dringend auf das Geld angewiesen und ohne Wahl, als den Dreck von wildfremden Leuten wegzumachen, weil sie etwa nicht die Möglichkeit hatte, einen Beruf zu erlernen, der nicht nur Geld bringt, sondern auch Freude macht.

Meine Hauptmotivation aber, keine Putzfrau zu beschäftigen, ist diese: Heutzutage ist die Putzperle eine Art Statussymbol. Eine Putzkraft muss man einfach haben, denn dann «isch mer öpper», also beruflich und gesellschaftlich arriviert.

Denn Statussymbole funktionieren nur, wenn man sie auch zeigt beziehungsweise darüber redet. Deshalb ist in manchen Kreisen die Putzfrau beim Smalltalk ebenso ein Thema wie die letzten Ferien auf Mauritius, das angesagte Fünf-Sterne-Restaurant oder das Golfhandicap der Kinderlein.

Und da können sich manche Frauen (es sind eben nach meiner Erfahrung niemals Männer) so richtig reinsteigern. Denn ihre Perlen sind alles andere als perfekt: Die Katharina (nein, die Putzfrauen haben keine Nachnamen) ist zu faul, um sich zu bücken, drum liegt immer Staub unterm Sideboard. Und die Dolores bügelt ständig kleine Fältchen in den Blusenkragen, also wirklich! Dabei hat man es ihr doch schon x-mal gesagt.

In solchen Gesprächsrunden werde auch ich immer mal wieder darauf angesprochen, warum ich keine Putzfrau habe, obwohl ich doch voll berufstätig bin und damit guten Grund hätte, die Hausarbeit zu delegieren. Aber mal abgesehen davon, dass ich keine Putzfrau als Statussymbol brauche – ich finde es gut, wenn ich möglichst alles selber machen kann.

Ich will gar nicht auf die Hilfe fremder Menschen angewiesen sein. Deshalb beschäftige ich keinen Gärtner, ich koche auch bei grösseren Einladungen selber, streiche die Wände, verlege Böden, schneide Haare, wechsle Autoreifen und so weiter. Und ich bin auch ein bisschen stolz darauf, dass ich vieles selber machen kann. Auch wenn es sicher nicht so perfekt ist wie bei einem Profi.

Marianne Siegenthaler ist freie Journalistin und Buchautorin. Wenn sie mal schreibt, verbringt sie ihre Zeit am liebsten im, am und auf dem Zürichsee.

«Putzen hat nichts mit Sklaverei zu tun»

Von Bruno Bötschi

Ich hasse putzen. Darum dachte ich immer, ich werde eines Tages, wenn ich es mir leisten kann, eine Reinigungskraft engagieren. Und so ist es auch gekommen. Zum Glück.

Bevor ich vor einigen Jahren zum ersten Mal eine Putzfrau (es hätte auch ein Putzmann sein dürfen) anstellte, diskutierte ich mit Freundinnen und Freunden die Frage: Ist es in Ordnung, einen anderen Menschen niederknien zu lassen, nur damit jener die Arbeit verrichtet, für die ich mir scheinbar zu schade bin?

Eine Freundin sagte damals, wer keine Zeit habe oder keine Lust auf den meditativen Moment mit dem Lumpen, diejenige oder derjenige sollte dringend in sich gehen und über die eigene Work-Life-Balance nachdenken. Sie war der Meinung: Putz selbst!

Ich könnte jetzt antworten: Ich bin mir nicht zu schade zu putzen, ich bin ganz einfach untalentiert.

Momoll, meine zwei linken Hände haben schon genug Schaden angerichtet, im Werkunterricht während meiner Schulzeit beispielsweise. Ich muss jetzt wirklich nicht auch noch meine eigene Wohnung zerstören.

Und sowieso: Ich finde die Frage «Darf man für seine eigene Wohnung eine Putzfrau bezahlen?» Blödsinn. Putzen hat nichts mit Sklaverei zu tun. Putzen ist ein Job wie jeder anderer auch. Ich jedenfalls bezahle meiner Putzfrau einen anständigen Lohn (30 Franken pro Stunde). Und auch sonst ist alles korrekt geregelt – die Frau ist versichert und AHV zahle ich ebenfalls ein.

Ich selbst habe als Jugendlicher jeweils im Frühling und im Herbst Schachteln in einem Schuhgeschäft rauf und runter getragen, damit ich mein Sackgeld aufbessern konnte. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie. Ja, meine Mutter hat selber jahrzehntelang in privaten Haushalten geputzt. Und war immer sehr froh um dieses Geld.

Was mich nervt ist diese Sichtweise der Putzfrau als niedere Arbeitskraft, die sich häufig hinter der Reinigungs-Diskussion verbirgt. Gopferdeckel, mit solch moralisch verdrucksten Argumentationen kann und konnte ich noch nie was anfangen.

Und übrigens: Seit ich eine Putzfrau habe, ist meine Wohnung viel sauberer als früher. Weil ich eine tolle Putzkraft engagiert habe, weil ich aber auch selber mehr Ordnung halte. Ich lasse ja am Abend nicht irgendwelchen Grümpel herumliegen, wenn ich weiss, dass am nächsten Tag die Putzfrau vorbeikommt.

Bruno Bötschi ist Redaktor Lifestyle/Reisen bei Bluewin.

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