Claudio Sieber, hier auf einer Insel in Sumatra, ist seinem Fernweh gefolgt.
Für blue News hat der Reisefotograf, hier bei einem Motorrad-Trip in Vietnam, seine liebsten Bilder gesammelt.
«Genauso wie schmale Gassen, bröckelnde Kolonialgemäuer und dampfende Nudelsuppen prägen Strassenverkäufer das Bild von Hà Nội. Mit ihren traditionellen Dreieckshüten und ihrem bunten Sortiment sind sie die Farbtupfer in der Metropole. Die Mehrheit der fliegenden Händler lebt in den Vorstädten oder auf dem Land. Jeden Morgen fahren Sie in die Stadt, um ihre Ware gegen vietnamesische Đồng einzutauschen.»
«Finde die Malaiin von Jalan Alor! Mode wird grossgeschrieben im hippen Kuala Lumpur. Die Stadt besticht durch ihre kulturelle Vielfalt, geprägt von malaiischen, chinesischen und indischen Einflüssen. Hier zeigt sich auch die moderne Seite vom Islam — viele junge Frauen verfolgen im Vergleich zur Vorgeneration einen sehr weltoffenen Lebensstil.»
«Früher Morgen im Dörflein Padang Luar. Ein Bauer surft mit seinen Kühen durch das frisch geerntete Reisfeld. Beim jährlichen Event ‹Pacu Jawi› im urchigen Westen Sumatras geht es vorrangig um Prestige, aber auch darum, nicht unter die Hufe zu kommen.»
«Auf dem Heimweg per Ruderboot. Die Zukunft dieser Mädchen aus der Sulusee nahe den Ufern Borneos ist gewiss, sie treten in die Fussstapfen ihrer Eltern und werden schon sehr bald ein Leben als Selbstversorgerinnen bestreiten. Staatenlose Meeresnomaden der ethnischen Bajau haben kein Recht auf Bildung auf dem malaiischen Festland. Zum Schutz vor der gnadenlosen Sonne haben sie ihre Gesichter mit Borak Buas beschmiert, einer Sonnencreme aus Reispulverbrei, den die Bajau selber herstellen.»
«Auf der Insel Leyte tauchen kreative Filipinos mit Kokosnussschalen und improvisierten Tauchermasken nach Gold. Das versunkene Edelmetall macht nicht reich, aber es reicht fürs Überleben. Um den Goldsand an den Strand zu befördern, wuchtet Goldtaucher Saber die vollen Säcke zuerst in eine monströse Schüssel. Geübt schätzt er das Gewicht seiner Ladung und pumpt dann eine äquivalente Menge Sauerstoff in die mitgebrachten Trommeln, welche mitsamt der Ladung langsam zu schweben beginnt. Saber zieht sich elegant am Seil entlang, es führt ihn in 15 Meter Tiefe, wo er die letzten Tage mit Kokosnussschalen Goldsand geschürft hat.»
«Während der Ordinationszeremonie ‹Poy Sang Long› im ursprünglichen Norden Thailands trägt Vater Rung Nanit seinen Sohn Nawin traditionsgemäss auf den Schultern. Der Kleine darf mit seinen Füssen den Boden erst wieder berühren, sobald er in fünf Tagen von der Sangha die orange Novizenrobe erhält und folglich ins örtliche Kloster aufgenommen wird. Die ethnischen Shan bewahren damit den buddhistischen Brauch, der auf die sakramentale Weihe von Buddha Siddhartas Sohn Rahula zurückführt.»
«Sie gehören bis heute zu den Alltagshelden Hà Nộis – die autodidaktischen Strassencoiffeure. Seit Jahrzehnten rüsten sie tagein, tagaus ihren mobilen Salon – eine Schere und ein Spiegel – und rücken per Zweirad aus, um in Vietnam Frisuren für einen Euro zu verkaufen, schnörkellos und direkt vom Trottoir. Auch mutige Durchreisende sollten sich auf diese Friseurstühle setzen und die Nostalgie geniessen, bevor die Freiluft-Figaros irgendwann vom nimmermüden Fortschritt wegrasiert werden.»
Heute lebt Claudio Sieber auf der philippinischen Insel Siargao.
Kein Wunder, bei solchen Stränden.
St. Galler Claudio Sieber ging auf Weltreise – und blieb
Claudio Sieber, hier auf einer Insel in Sumatra, ist seinem Fernweh gefolgt.
Für blue News hat der Reisefotograf, hier bei einem Motorrad-Trip in Vietnam, seine liebsten Bilder gesammelt.
«Genauso wie schmale Gassen, bröckelnde Kolonialgemäuer und dampfende Nudelsuppen prägen Strassenverkäufer das Bild von Hà Nội. Mit ihren traditionellen Dreieckshüten und ihrem bunten Sortiment sind sie die Farbtupfer in der Metropole. Die Mehrheit der fliegenden Händler lebt in den Vorstädten oder auf dem Land. Jeden Morgen fahren Sie in die Stadt, um ihre Ware gegen vietnamesische Đồng einzutauschen.»
«Finde die Malaiin von Jalan Alor! Mode wird grossgeschrieben im hippen Kuala Lumpur. Die Stadt besticht durch ihre kulturelle Vielfalt, geprägt von malaiischen, chinesischen und indischen Einflüssen. Hier zeigt sich auch die moderne Seite vom Islam — viele junge Frauen verfolgen im Vergleich zur Vorgeneration einen sehr weltoffenen Lebensstil.»
«Früher Morgen im Dörflein Padang Luar. Ein Bauer surft mit seinen Kühen durch das frisch geerntete Reisfeld. Beim jährlichen Event ‹Pacu Jawi› im urchigen Westen Sumatras geht es vorrangig um Prestige, aber auch darum, nicht unter die Hufe zu kommen.»
«Auf dem Heimweg per Ruderboot. Die Zukunft dieser Mädchen aus der Sulusee nahe den Ufern Borneos ist gewiss, sie treten in die Fussstapfen ihrer Eltern und werden schon sehr bald ein Leben als Selbstversorgerinnen bestreiten. Staatenlose Meeresnomaden der ethnischen Bajau haben kein Recht auf Bildung auf dem malaiischen Festland. Zum Schutz vor der gnadenlosen Sonne haben sie ihre Gesichter mit Borak Buas beschmiert, einer Sonnencreme aus Reispulverbrei, den die Bajau selber herstellen.»
«Auf der Insel Leyte tauchen kreative Filipinos mit Kokosnussschalen und improvisierten Tauchermasken nach Gold. Das versunkene Edelmetall macht nicht reich, aber es reicht fürs Überleben. Um den Goldsand an den Strand zu befördern, wuchtet Goldtaucher Saber die vollen Säcke zuerst in eine monströse Schüssel. Geübt schätzt er das Gewicht seiner Ladung und pumpt dann eine äquivalente Menge Sauerstoff in die mitgebrachten Trommeln, welche mitsamt der Ladung langsam zu schweben beginnt. Saber zieht sich elegant am Seil entlang, es führt ihn in 15 Meter Tiefe, wo er die letzten Tage mit Kokosnussschalen Goldsand geschürft hat.»
«Während der Ordinationszeremonie ‹Poy Sang Long› im ursprünglichen Norden Thailands trägt Vater Rung Nanit seinen Sohn Nawin traditionsgemäss auf den Schultern. Der Kleine darf mit seinen Füssen den Boden erst wieder berühren, sobald er in fünf Tagen von der Sangha die orange Novizenrobe erhält und folglich ins örtliche Kloster aufgenommen wird. Die ethnischen Shan bewahren damit den buddhistischen Brauch, der auf die sakramentale Weihe von Buddha Siddhartas Sohn Rahula zurückführt.»
«Sie gehören bis heute zu den Alltagshelden Hà Nộis – die autodidaktischen Strassencoiffeure. Seit Jahrzehnten rüsten sie tagein, tagaus ihren mobilen Salon – eine Schere und ein Spiegel – und rücken per Zweirad aus, um in Vietnam Frisuren für einen Euro zu verkaufen, schnörkellos und direkt vom Trottoir. Auch mutige Durchreisende sollten sich auf diese Friseurstühle setzen und die Nostalgie geniessen, bevor die Freiluft-Figaros irgendwann vom nimmermüden Fortschritt wegrasiert werden.»
Heute lebt Claudio Sieber auf der philippinischen Insel Siargao.
Kein Wunder, bei solchen Stränden.
Für viele ist es ein Traum: Als Weltenbummler den Alltag hinter sich lassen und in fremden Ländern Abenteuer erleben. Der St. Galler Claudio Sieber hat diesen Traum verwirklicht – und eine neue Heimat gefunden.
Mit 31 Jahren hatte Claudio Sieber (40) genug von der Schweiz. Der St. Galler, der bis dahin erfolgreich als Account-Manager in einer Marketing-Firma gearbeitet hatte, wollte alles hinter sich lassen.
Mit seinem Ersparten und dem Wunsch, die Welt zu entdecken, machte er sich auf den Weg – und kam erst vor einigen Wochen das erste Mal zurück.
Zuvor bereiste er unter anderem Hawaii, Indien, Nepal, Myanmar, Vietnam, Indonesien, China und zahlreiche Länder mehr.
Das Beste von 2022
Zum Jahresende bringt blue News die Lieblingsstücke des ablaufenden Jahres noch einmal. Dieser Text erschien zum ersten Mal am 5.10.2022.
Sieber hat sich während seiner Weltreise ein neues Leben aufgebaut und arbeitet heute als Fotograf und freier Journalist auf der Trauminsel Siargao auf den Philippinen. Über seine Zeit auf Reisen, über die er unter anderem auch bei blue News berichtet hat, hat er nun ein Buch geschrieben.
Seit 2014 reist du durch die Welt. Was war für dich der Auslöser, dass du dich auf den Weg gemacht hast?
Der Gedanke, mehr zu erleben, und mich nicht von Schweizer Strukturen unterdrücken zu lassen, reifte schon mehrere Jahre vor der Abreise. Ich sehnte mich nach mehr Chaos, Abenteuer, Abwechslung und vor allem: nach mehr Zeit. Die Karriere bestimmte meinen Alltag. Entsprechend habe ich über die Jahre einiges auf die Seite gelegt und mich schliesslich auf den Weg gemacht. Dass ich ganz auswandern würde, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar.
Was war der ursprüngliche Plan?
Eigentlich dachte ich, dass ich etwa drei Jahre unterwegs sein werde. Doch spätestens als ich dann begann, Asien zu erforschen, wurde mir bewusst, dass das nicht reichen würde. Ich wollte so viel sehen, so viel lernen. Ich brauchte mehr Zeit. Natürlich habe ich mir da auch Gedanken über meine finanzielle Situation gemacht. Als ich dann gemerkt habe, wie ich von meiner Fotografie und als Journalist überleben kann, hat es Klick gemacht. Es gab keinen Druck mehr, je in mein altes Leben zurückzukehren.
Deine Familie und Freunde hast du in der Schweiz gelassen. Wie war es für dich, grösstenteils allein zu reisen?
Als ich startete, war meine damalige Freundin an meiner Seite. Doch während bei ihr das Heimweh immer grösser wurde, nahm mein Fernweh nicht ab. Daran ist die Beziehung schliesslich zerbrochen. Natürlich habe auch ich danach meine Familie und Freunde oft vermisst. Aber ich habe mich bewusst dazu entschieden, vor allem allein unterwegs zu sein, damit ich wirklich die ultimative Freiheit erleben kann. Ich wollte selbst entscheiden, wohin ich reise und womit ich meinen Tag fülle.
Fünf deiner sieben Reisejahre hast du in Asien verbracht. Was fasziniert dich an dem Kontinent?
An Asien begeistert mich vor allem die Vielfalt. Die Kultur, das Essen, die Landschaften und auch die Leute unterscheiden sich von Land zu Land. Was die Menschen aber alle gemeinsam haben, ist ihre Gastfreundschaft. In Asien werden auch Fremde praktisch überall mit Respekt behandelt, man begegnet einander mit einem Lächeln.
Inzwischen hast du dich auf der philippinischen Insel Siargao niedergelassen. Wieso gerade dort?
Eigentlich sollte Siargao nur ein Stopp von vielen sein. Nach den Philippinen wollte ich Asien verlassen. Aber nachdem ich einen Monat auf der Insel verbrachte, hatte ich zum ersten Mal auf meiner Reise den Drang zurückzukehren. Bei meinem nächsten Besuch fühlte es sich ein wenig so an, als würde ich nach Hause kommen. Da wusste ich, dass ich hier etwas Besonderes gefunden habe. Inzwischen habe ich mir hier ein eigenes Haus gebaut und eine Lebenspartnerin gefunden.
Auch die Corona-Krise hast du auf Siargao verbracht. Viele Weltenbummler kehrten zu diesem Zeitpunkt zurück in die Schweiz. Wieso hast du dich dagegen entschieden?
Die Philippinen hatten wie viele andere asiatische Länder sehr strenge Massnahmen. Auch die Einreisebestimmungen wurden verschärft. Ich wusste, dass wenn ich das Land verlassen würde, bis auf Weiteres nicht zurückkommen kann. Ich fühlte mich hier schon zu Hause, lernte jemanden Besonderen kennen und war daran, mir ein Haus zu bauen. Das wollte ich nicht aufs Spiel setzen.
Welchen Einfluss hatte Corona auf Siargao?
Die Insel hat sich komplett abgeschottet. Es durften keine Boote und Flugzeuge mehr anreisen. Das war einerseits sehr hart, auch weil Siargao inzwischen auf den Tourismus angewiesen ist. Andererseits war es auch spannend, da wir uns plötzlich wieder selbst versorgen mussten. Auf Siargao gab es eine Rückkehr des Tauschgeschäfts. Menschen tauschten etwa Gemüse gegen Kleider, Körperenthaarung gegen einen Ventilator, oder auch Windeln gegen Eier. Inzwischen sind die Influencer aber wieder hier – leider.
Du bezeichnest Influencer in diesem Buch «Gestrandet im Paradies» als «Instagram-Fetischisten». Du scheinst kein Fan zu sein.
Nein, für mich bedeutet Reisen vor allem, im Moment zu leben. Es gibt so viele Begegnungen oder Einblicke, die man verpasst, wenn man die Nase immer vor dem Handy hat. Gerade wenn es darum geht, Erlebtes unverzüglich teilen zu wollen oder eben um dem nachzureisen, was andere als instagrammable empfinden. Es sollte nicht darum gehen, dass man auf einem Foto vor einem Sonnenuntergang die perfekte Pose macht, sondern um den Sonnenuntergang an sich. Dass nachhaltige Erinnerungen im Kopf entstehen, scheinen viele Weltenbummler vergessen zu haben.
Derzeit bist du das erste Mal nach deinen Reisen wieder in der Schweiz. Wie stehst du jetzt wieder zu deiner alten Heimat?
Es ist interessant, weil ich mich heute in der Schweiz beinahe wie ein Tourist fühle. Ich habe nach so vielen Jahren in Asien beinahe einen Kulturschock, alles geht so schnell. Es erinnert mich auch daran, wieso ich mich überhaupt auf meine Reise machte. Aber es ist auch schön, die Schweiz mit anderen Augen zu sehen. Ich gehe wandern, geniesse die Bergluft und zeige meiner Freundin die Schönheit der Schweizer Natur. Ausserdem freue ich mich natürlich, meine Freunde und Familie endlich wiederzusehen.
Gibt es etwas, das du während deiner Weltreise besonders vermisst hast?
Neben den Menschen, die ich liebe: endlich wieder Bratwurst, verschwenderische Käsetheken und talentierte Bäcker. In Siargao gibt es langsam zwar ebenfalls ein paar kleine Läden dafür. Das ist aber dann doch kein Vergleich.
Claudio Siebers Buch «Gestrandet im Paradies» erscheint am 13. Oktober. Hier kannst du das Werk vorbestellen. Einen Einblick in seine Foto-Arbeit findest du oben in unserer Galerie.
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30.06.2022