SpaceX überflügelt alleWird Elon Musk zum Alleinherrscher des Weltalls?
Von Dirk Jacquemien
5.8.2023
Elon Musks SpaceX dominiert das Weltraumgeschäft. Sowohl die USA als auch die Ukraine sind von dem unberechenbaren Milliardär abhängig. Kann das gut gehen?
Von Dirk Jacquemien
05.08.2023, 20:14
06.08.2023, 19:13
Dirk Jacquemien
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
SpaceX hat sich zum alles dominierenden Weltraumunternehmen entwickelt, das die Konkurrenz im Staub zurücklässt.
Diese Macht liegt vor allem in der Hand eines Mannes, Gründer Elon Musk.
In den USA, der Ukraine und Taiwan gibt es nun Sorgen, dass Musks Launen ihnen Schaden zufügen könnten.
Derzeit macht Elon Musk vor allem mit seinen Eskapaden bei X, dem ehemaligen Twitter, von sich reden. Seine totale Kontrolle über den Social-Media-Dienst gibt ihm erheblichen Einfluss auf den Diskurs im Netz. Da kann man fast vergessen, dass Musk auch noch zwei weitere Grossunternehmen kontrolliert, den Elektroautohersteller Tesla und das Weltraumunternehmen SpaceX.
Und obwohl oder vielleicht gerade weil Musk so durch Twitter abgelenkt wurde, geht es SpaceX blendend. Das Unternehmen dürfte wohl der wichtigste Teil des Musk-Imperiums sein. Denn während Tesla im Autogeschäft und Twitter/X bei Social Media zahlreiche Konkurrenten haben, erreicht SpaceX inzwischen eine Dominanz in der Raumfahrt wie wohl noch kein Privatunternehmen zuvor.
Da gibt es zum einen die Raketen. Im ersten Halbjahr 2023 wurden 88 Prozent aller Raketenstarts in den USA von SpaceX durchgeführt. Die europäische Ariane-5-Rakete flog im Juli ihre letzte Mission, der Nachfolger ist nicht bereit. Blue Origin von Amazon-Gründer und Musk-Rivale Jeff Bezos schaffte es bisher nicht, eine Rakete zu entwickeln, die den Erdorbit erreichen kann. China, Indien und Russland schiessen gelegentlich auch noch Raketen ins All, aber mit einer viel geringeren Kadenz.
Dann gibt es die Raumfähren. Wenn man sich nicht auf Russland verlassen will, ist SpaceX' Crew-Dragon-Kapsel derzeit die einzige Möglichkeit für die USA, Astronaut*innen zur ISS zu befördern, da es viel etabliertere Unternehmen wie Boeing seit Jahren nicht schaffen, eine funktionsfähige Raumfähre zu bauen. Dessen Starliner ist Jahre im Verzug – und bei Testflügen tauchen immer wieder neue Probleme auf.
Und schliesslich ist da das Satelliten-Internet Starlink. Es besteht derzeit aus 4500 einzelnen Satelliten, die mit riesigem Abstand grösste Konstellation am Himmel. Starlink ermöglicht einen schnellen Internetzugang an quasi jedem Ort der Welt mit Hilfe einer sehr kompakten und einfach zur transportierenden Bodenstation, einem Terminal.
Wie hilfreich diese Technik ist, zeigte sich schon in den frühen Phasen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Russische Hacker*innen hatten ein von der ukrainischen Regierung genutztes Satellitennetzwerk ausser Gefecht gesetzt und so die militärische Kommunikation stark eingeschränkt. Mit den rasch gelieferten Starlink-Terminals konnten Kommunikationswege schnell wieder aufgebaut werden.
Und ausserdem ermöglichten sie eine Verwendung des Internets direkt an der Front, denn die Terminals lassen sich einfach auf Felder aufbauen. So können etwa Videoaufnahmen von Drohnen direkt an die Kommandozentrale gestreamt werden.
Doch wo Starlink genutzt werden kann, bestimmt Musk. So erlaubt er dessen Nutzung etwa nicht auf der Krim, sodass es ukrainischen Spezialkräften etwa nicht möglich ist, Drohnenoperationen via Starlink dort zu steuern. Als prorussisch interpretierte Aussagen von Musk auf Twitter schürten Sorgen, dass er zukünftig weitere Einschränkungen vornehmen könnte.
Ukrainische Offizielle, wie Digitalminister Mychajlo Fedorow, verlieren allerdings öffentlich kein böses Wort über Musk. Starlink habe Tausende ukrainische Leben gerettet, so Fedorow zur «New York Times».
In vertraulichen Gesprächen zwischen amerikanischen und ukrainischen Generälen werden die Sorgen über Musk allerdings thematisiert, berichtet die «New York Times». Die ukrainische Regierung hat offensichtlich Angst, den notorisch kritikunfähigen Musk zu verärgern. Denn er könnte der Ukraine enormen Schaden zufügen.
Der Faktor Musk ist auch der Hauptgrund, warum Taiwan darauf verzichtet, ein Back-up-Kommunikationssystem mittels Starlink aufzubauen, obwohl es objektiv gesehen wohl die beste Lösung wäre. Doch taiwanische Politiker*innen haben Angst, dass sich Musk von China beeinflussen lassen könnte.
50 Prozent aller Tesla-Fahrzeuge weltweit werden inzwischen in Schanghai produziert, was der chinesischen Regierung ein enormes Drohpotenzial gegenüber Musk bietet. Sollte es zu einem Konflikt mit Taiwan kommen, könnte China Musk erpressen und das Abschalten eines allfälligen Starlink-Dienstes in Taiwan erzwingen, so die Befürchtung.
Alternativen sind ähnlich wie bei Raketen und Raumfähren nicht in Sicht. Amazons Project Kuiper wollte im Mai seine ersten Internet-Satelliten in die Umlaufbahn schicken, doch der Start musste abgebrochen werden. Das britische Unternehmen OneWeb verfolgt das gleiche Geschäftsmodell wie Starlink, überlebte 2020 allerdings ein Insolvenzverfahren nur durch Staatshilfe.
Es wollte seine Satelliten mit russischen Sojus-Raketen ins All befördern, was 2022 aus naheliegenden Gründen ins Wasser fiel. Russland behielt dann einfach 36 bereits für den Start vorbereitete OneWeb-Satelliten. OneWeb musste sich nach neuen Raketen umsehen und nutzt nun SpaceX.