Wortbruch Musk sperrt Twitter-Account, der seinen Privatjet verfolgt

Von Dirk Jacquemien

15.12.2022

Meinungsfreiheit auf Twitter heisst, dass du frei bist, dieselbe Meinung wie Elon Musk zu haben.
Meinungsfreiheit auf Twitter heisst, dass du frei bist, dieselbe Meinung wie Elon Musk zu haben.
Getty Images

Entgegen vorheriger Ankündigungen hat Twitter-Eigentümer Elon Musk nun einen Account gesperrt, der anhand öffentlich zugänglicher Daten die Flugbewegungen des Privatjets des Multimilliardärs postete.

Von Dirk Jacquemien

Twitter hat den Account @elonjet gesperrt. Der postete die Flugbewegungen des Privatjets des Tesla-, SpaceX- und Twitter-Chefs, und nutzte dazu die öffentlich zugänglichen Daten von Flugtranspondern, deren Betrieb gesetzlich vorgeschrieben ist.

Ebenfalls gesperrt wurde der Privataccount des Betreibers, des 20-jährigen Studenten Jack Sweeney, sowie Dutzende weitere Accounts von ihm, die etwa Jets von russischen Oligarchen oder der Nasa verfolgten. Twitter blockierte sogar Links zu Sweeneys Accounts auf anderen Social-Media-Plattformen wie Instagram.

Sweeney nutzte für die Accounts die Daten des Flugsicherungssystem ADS-B. Diese sind öffentlich zugänglich und werden von unzähligen anderen Websites verwendet, etwa die bekannten Flugverfolgungsseiten Flightaware oder Flightradar24. Dementsprechend sind auch die Bewegungen von Musks Gulfstream-Jet weiterhin an vielerlei Orten verfügbar, etwa hier.

Regel wurden für Musk umgeschrieben

Stunden nach der Sperrung wurden die Twitter-Richtlinien entsprechend geändert, um den Eindruck zu erwecken, es handele sich um eine reguläre Anpassung der Vorschriften statt Musks Willkür. Die neuen Richtlinien sind dabei allerdings extrem weit gefasst.

So ist es nun untersagt, die aktuellen Standorte von Personen zu posten, unabhängig davon, ob diese Information öffentlich verfügbar ist oder nicht. Dem Wortlaut der Regelung nach dürfte man damit kein Bild vom WM-Final auf Twitter veröffentlichen, weil man dadurch ja den aktuellen Standort von Lionel Messi «enthüllen» würde.

Weitere Musk-Kehrtwende

Mit dem Vorgehen vollzieht der selbst ernannte Verfechter der Meinungsfreiheit Musk eine weitere Kehrtwende. Noch im November verkündete er, den Account nicht sperren zu wollen. 

Die Sperrung hatte sich allerdings angebahnt. Am Montag hatte Sweeney interne Twitter-Kommunikation veröffentlicht, die ihm zugespielt worden war. Darin wies Twitters neue Sicherheitschefin Ella Irwin ihre Kolleg*innen an, die Sichtbarkeit des @elonjet-Accounts einzuschränken. Gegen solches «Shadowbanning» hatte Musk immer Stimmung gemacht.

In der Tat verbrachte Musk die letzte Woche damit, die Veröffentlichung der sogenannten «Twitter Files» zu hypen. Hierbei gab er ihm wohlgesinnten Journalist*innen Zugriff auf interne Twitter-Kommunikation vor seiner Übernahme.

Ein Kernvorwurf der «Twitter Files» war dabei, dass die damalige Twitter-Führung Regeln ignorierte oder umschrieb um ein ihr genehmes Ergebnis zu erzielen, wie die Sperrung des Accounts von Donald Trump oder die vermeintliche Unterdrückung politisch entgegengesetzter Meinungen. Nun ist es nicht mehr eine Führungsriege, die entscheidet, was auf Twitter erlaubt ist, sondern ein einziger Mann: Musk selbst. 

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Haltloser Vorwurf gegen Sweeney

Musk warf Sweeney sogar vor, die Sicherheit seiner Familie zu gefährden und kündigte rechtliche Schritte gegen ihn an. Als Beweis postete er ein Video, das offenbar von seinem Personenschutz aufgenommen wurde. Es soll einen Mann in dessen Auto zeigen, der sich zuvor auf die Motorhaube eines Wagens geschmissen habe, in dem sich Musks Sohn X Æ A-XII befunden hatte.

Das scheint wie ein Fall für die Polizei zu klingen, aber Musks zeigte stattdessen das Video seinen 120 Millionen Followern, das Nummernschild das Fahrzeugs war dabei klar zu erkennen. In den Antworten stellten Musks Follower dann wilde Spekulationen über die Identität des Mannes an. 

Der von Musk hergestellte Zusammenhang mit Sweeneys Account ist allerdings völlig aus der Luft gegriffen. Denn am Abend des Zwischenfalls hatte @elonjet gar keine Flugbewegungen gemeldet.

Musk gefährdet selbst andere

Die Sorge, dass Twitter-Posts die persönliche Sicherheit gefährden können, scheint sich bei Musk allerdings auf ihn selbst und seine Familie zu beschränken. Dass der ehemalige Sicherheitschef von Twitter, Yoel Roth, sein Haus nach Drohungen verlassen musste, scheint Musk nicht gross zu stören. Zuvor hatte er auf Twitter insinuiert, Roth hege Sympathien für Pädophile.

Es handelte sich beim Fall Sweeney schon um die zweite Sperrung eines Accounts mit für Musk unvorteilhaften Inhalten. So wurde am Montag kurzzeitig ein Account suspendiert, der ein Video von einem Gastauftritt Musks bei einer Show des Comedians Dave Chapelle gepostet hatte, das zeigte, wie Musk minutenlang von Tausenden Besucher*innen gnadenlos ausgebuht worden war.

Andere Milliardäre behalten kühlen Kopf

Vielleicht hätte sich Musk statt all dem Drama mal Rat bei Louis-Vuitton-Boss Bernard Arnault holen sollen. Der ist jetzt übrigens der reichste Mensch der Welt, weil der Tesla-Kurs — auch wegen Musks Twitter-Eskapaden — in den letzten Monaten abgesackt ist.

Auch Arnault störte sich daran, dass das gemeine Volk seine Flugbewegungen verfolgen konnte. Also hat er seinen Privatjet verkauft und fliegt nun mit Charter-Flugzeugen, die nicht mehr so einfach ihm zugeordnet werden können.