Moderne Wertanlage Panini-Bildchen waren gestern, heute sammelt man NFT-Karten

Von Mona Wenisch, dpa

16.11.2021 - 10:32

Die NFT's der PSG-Spieler dürften zu den begehrteren Sammelobjekten zählen.
Die NFT's der PSG-Spieler dürften zu den begehrteren Sammelobjekten zählen.
Sorare

Was früher Sticker waren, sind heute digitale Produkte: Mit sogenannten NFTs können Fussballfans weltweit ihre Stars sammeln, handeln und mit ihnen spielen. Der Markt wächst – und die Kritik auch.

Päckchen aufreissen, Bilder aufkleben, mit Freunden tauschen: Schon als Kind hat Christian Feule gern Fussballer-Sticker gesammelt. «Ich hatte nie ein volles Panini-Heft», erinnert sich der heute 36-Jährige. «Meine Eltern hatten da nie so viel Geld für.» Sein Traum damals: «Wenn ich viel Geld habe, kaufe ich den ganzen Karton.» Mittlerweile ist Feule erwachsen und hat den Schulhof gegen das Internet getauscht. Dort kauft und handelt er mit sogenannten NFTs – den digitalen Nachfolgern der Sammelkarten.



Die sogenannten non-fungible Token (NFT) erleben zurzeit einen Boom. Sie sind mit einer Art Echtheitszertifikat abgesichert, wodurch das Original immer erkennbar ist. In die analoge Welt übertragen heisst das: Jeder kann einen Kunstdruck von Picasso besitzen, aber nur eine Person das Original.

Startups schiessen aus dem Boden

Das Berliner Unternehmen Fanzone hat dieses Potenzial für sich entdeckt. Auf der Plattform können Nutzer Karten von Sportlern sammeln, kaufen und handeln. Geschäftsführer Dirk Weyel sieht aber noch mehr Vorteile. «Es geht eben nicht nur darum, zu kaufen, zu sammeln und zu tauschen, sondern auch handeln und dabei was verdienen können», sagt er.



Die Sportlerkarten nicht nur besitzen, sondern auch mit ihnen spielen – das ist auch für Nicolas Julia ein grosser Vorteil von NFTs. Julia ist Mitgründer von Sorare, einem französischen Unternehmen, das ebenfalls auf dem Markt mitmischt. NFTs könne man bei Sorare unter anderem im integrierten Fantasy-Football-Spiel einsetzen, sagt Julia. «Der zweite grosse Unterschied ist, dass es einfacher ist, sie zu handeln. Du musst sie nicht in einen Umschlag stecken und mit der Post verschicken.»

Die Karten von Sorare und Fanzone sind in verschiedene Seltenheitsstufen eingeteilt – je seltener eine Karte, desto wertvoller. Nutzer können ganze Päckchen kaufen und sich vom Inhalt überraschen lassen oder einzelne Karten erstehen. Auf den Plattformen wird dann gehandelt oder in einer Art Fantasy-Football gespielt.

Stars kosten schnell über 1000 Euro

Doch trotz Spielspass: Christian Feule war im Frühjahr eigentlich auf der Suche nach einem Investment – und NFT-Sammelkarten können sich da durchaus lohnen. Auf Fanzone etwa wurde ein NFT von Kai Havertz nach einem EM-Spiel für 100 Euro gekauft – mittlerweile wird dieses NFT für das Elffache gehandelt. Nicht selten kosten Karten auf den Plattformen mindestens einen dreistelligen Betrag.

Für die Unternehmen scheint sich das Geschäft zu lohnen. Sorare macht laut Julia mehr als 150 Millionen Euro Umsatz. Erst diesen Oktober hat die Deutsche Fussball Liga ihre Kooperation mit dem Unternehmen verkündet. Ab sofort können die Nutzer also auch Spieler wie Erling Haaland oder Robert Lewandowski in ihre Sammlung aufnehmen.

Doch die digitalen Produkte und vor allem ihr Wert sind vom analogen Leben abhängig. Ist ein Spieler verletzt oder fliegt die Lieblingsmannschaft früh aus einem Turnier, können die NFTs schnell an Wert verlieren. «Es ist natürlich schon so, dass der Fan und die Bereitschaft da mitzugehen, dann schon mit dem echten Event zusammenhängt», sagt Weyel. Kritiker befürchten, dass sich eine neue Blase aufbaut.

Der Wert der Sammelkarte von Kai Havertz hat sich in kurzer Zeit mehr als verzehnfacht.
Der Wert der Sammelkarte von Kai Havertz hat sich in kurzer Zeit mehr als verzehnfacht.
Getty Images

Ärger wegen Nachhaltigkeit und Suchtfaktor

Umweltschützer kritiseren den hohen Energiebedarf des NFT-Handels. Nachhaltigkeit sei für Fanzone von Anfang an ein wichtiges Thema gewesen, entgegnet Weyel. Für jeden registrierten Nutzer werde ein Baum gepflanzt. «Gleichzeitig arbeiten wir mit einer Blockchain zusammen, die sehr energieeffizient ist.»

Sorare muss derweil noch mit einem anderen Problem kämpfen: Im Oktober hat die britische Glückspielkommission eine Überprüfung des Start-ups angekündigt. Es werde untersucht, ob das Unternehmen eine Betriebslizenz benötige oder ob es sich bei den angebotenen Dienstleistungen nicht um Glücksspiele handle, hiess es.

Trotz Kritik boomt das Geschäft mit den digitalen Sammelkarten. Dass die NFTs die analogen Karten allerdings irgendwann ersetzen werden, glaubt Julia nicht. «Für manche Fans ist es sehr wichtig, Merch anfassen zu können und etwas Physisches zu besitzen. Ausserdem ist es eine jüngere Zielgruppe», sagt er. «Ich denke, sie werden nebeneinander bestehen. Meine Überzeugung ist, dass die NFTs wegen des Nutzwertes viel besser sind.»

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